Diablo III: Sturm des Lichts (German Edition)
wir etwas verändert haben, als wir sie überquerten? Steht dieses Portal nun auch anderen offen?“
Der Gelehrte schüttelte langsam den Kopf. „Nein, die Macht ist gebunden an die Nephalem! Einer von ihnen kann die Tür öffnen, doch hinter ihm schließt sie sich wieder. Doch nun hat einer von uns sie geöffnet.“ Er ließ seinen Blick über die Horadrim schweifen. „Ich war es, mit dem Schlüssel … und es hat etwas in mir wachgerufen, eine Energie, die ich tief in meinen Knochen spürte.“
„Diese Energie spürtet ihr alle an einem Punkt in eurem Leben“, erklärte Tyrael. „Ihr seid alle Nephalem. Es ist euer Geburtsrecht, eure Essenz. Das Blut, das in euren Adern fließt, birgt diese Macht. Es bedarf allein mächtiger Konzentration, sie zu kontrollieren. So wie das Lied des Kristallbogens den Bewohnern der Himmel Stärke schenkt, schenkt diese Energie euch Kraft, wenn ihr im Einklang mit ihr seid. Doch jetzt müssen wir die Gruft finden! Rakkis hat gewiss das Zentrum der Stadt als Grabstätte gewählt, denn dort ist die Energie am stärksten. Dort wollen wir alles Weitere planen, und dorthin werden wir auch den Seelenstein für alle Zeiten verbannen, nachdem wir ihn gestohlen haben.“
„ Falls wir ihn überhaupt stehlen können“, murmelte Shanar. „Das muss sich erst noch zeigen.“
Es war nur eine beiläufig in die Runde geworfene Bemerkung, doch sie kam der Wahrheit gefährlich nahe.
Da ergriff Lorath das Wort. Der junge Mann wirkte unruhig, und sein Blick huschte von Antlitz zu Antlitz.
„Ich kenne euch alle noch nicht lange“, begann er. „Doch ich kenne wohl die Horadrim. Es heißt, meine Familie stamme ab von den Rittern, die einst Seite an Seite mit den mächtigen horadrischen Magiern Tal Rasha und Jered Cain gegen die Mächtigen Übel kämpften. Als er noch jung war, gehörte mein Onkel Adleric zu den Truppen der Westmark und verteidigte seine Heimat gegen die Streitmacht des wahnsinnigen Königs Leoric; einmal begegnete Adleric in Tristram sogar Deckard Cain, und er sah die Dämonen der Höllen mit eigenen Augen.“
Kurz hielt er inne, wie, um sich zu sammeln. „Ich glaube, was ihr tut, ist richtig“, fuhr er dann fort. „Ich will ein Teil dieser Geschichte werden. Ich will an eurer Seite kämpfen und lernen, was es heißt, ein Horadrim zu sein.“
„Das ist ja schön und gut, Junge, und wir sind alle gerührt von deinem Eifer“, entgegnete Shanar. „Doch sich ohne Erfahrung in eine Schlacht gegen die Brennenden Höllen zu stürzen – und vermutlich auch noch gegen die Luminarei der Hohen Himmel –, das ist nicht ehrenhaft. Das ist Selbstmord.“
„Ich bin kein Kind“, verteidigte Lorath sich. „Ich bin ein Leutnant der Ritter, unter dem Kommando von … unter dem Kommando meines Vaters, nun, da Barnard tot ist. Außerdem hörte ich, dass ich eine Begabung für Magie habe.“
„Wir haben dem jungen Mann bereits jetzt einiges zu verdanken“, schaltete Thomas sich ein. „Und wir könnten seine Hilfe und die der Ritter wohl gebrauchen.“
Tyrael war sich da nicht so gewiss. Sie hatten einen kritischen Punkt erreicht und konnten sich kein weiteres Wagnis leisten, doch ein ebensolches mochte der junge Lorath sein. Er hatte keine Ahnung, was ihnen bevorstand, und sie wussten nicht, wie er unter Druck handeln würde. Doch einige der anderen nickten bei Thomas’ Worten; sie schienen gewillt, den jungen Krieger zumindest fürs Erste in die Gruppe aufzunehmen. Die Horadrim hatten noch vieles zu tun, wenn sie auch nur die geringste Chance auf Erfolg haben wollten, und der Ritter könnte ihnen tatsächlich in mancherlei Weise helfen. Die Zeit war gekommen, ihr weiteres Vorgehen genau zu planen und mit dem eigentlichen Training für ihre Mission zu beginnen. Die Hohen Himmel bargen schier unüberwindliche Herausforderungen für Sterbliche, körperliche ebenso wie geistige, und die Abenteurer würden bis an ihre Grenzen getrieben werden, vielleicht sogar darüber hinaus. Um lebend von dort zurückzukehren, mussten sie lernen, ihre Nephalem-Fähigkeiten zu kontrollieren und jenen Wundern und Schrecken zu widerstehen, die sich ihnen darbieten würden.
Was Tyrael im Moment das größte Kopfzerbrechen bereitete, war Shanars Rolle bei alledem: Sie musste lernen, ihr einzigartiges Talent auf eine neue Weise einzusetzen. Wenn ihr das nicht gelang, war ihr aller Schicksal besiegelt. Und als wäre das nicht schon genug, wusste er noch immer nicht, ob er ihr vertrauen konnte.
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