Diablo III: Sturm des Lichts (German Edition)
Hände nicht zu Fäusten zu ballen, doch in seinem Innern kochte Wut. Der Mönch hätte ihm nicht nachspionieren dürfen; seine Bedenken waren unbegründet. Chalad’ar zeigte ihm nur, was bereits existierte, und half ihm, sich über seine Entscheidungen klar zu werden. Das war der Zweck des Kelchs, darum hatte er ihn mitgenommen: um für die schwierigen Aufgaben gewappnet zu sein, die ihn als Anführer der Gefährten erwarteten. Wer Millionen retten will, verliert vielleicht ein paar wenige, die ihm nahestehen. Das war der Lauf der Dinge, und es gab nichts, was man dagegen tun konnte.
„Morgen früh brechen wir auf nach Westmark“, sagte Tyrael schließlich. „Der Zerstörer wird Ruhe brauchen, um sich zu heilen, doch es ist nur eine Frage der Zeit, dass er zurückkommt. Und vielleicht beschließt Imperius auch, andere an seiner Stelle zu schicken. Halte also Wache, bis ich jemanden sende, um dich abzulösen.“
Er wartete nicht auf die Antwort des Mönchs, sondern schob sich an ihm vorbei zur Vorderseite der Schmiede. Sein Herz verschloss sich bei jedem Schritt mehr gegen seine Zweifel. Die Dinge würden so verlaufen, wie er es geplant hatte. Gynvir hatte sich zum ersten Mal ihre Nephalem-Kräfte nutzbar gemacht, und die anderen konnten es auch. Er würde Jacob das Sicarai-Schwert noch heute Nacht übergeben, und bei Tagesanbruch würden sie Bramwell verlassen und auf schnellstem Wege nach Westmark ziehen, um die Stadt zu erreichen, bevor die Feinde sich erneut gegen sie wenden konnten.
Es war wichtig, dass sie die verlorene Stadt der Nephalem fanden und sich auf ihren Einfall in der Silberstadt vorbereiteten. Doch noch wichtiger war, dass Imperius und der Angiris-Rat nichts von ihren Absichten erfuhren.
Mikulov blickte dem Erzengel nach. Sein Herz schlug schwer, und seine Gedanken standen im Widerstreit. Er hatte beobachtet, wie Tyrael in den Wald gegangen war, fast so, als wäre er in Trance. In seinen Händen hatte er einen Gegenstand gehalten, ein Ding von gewaltiger Schönheit und Macht, dessen Sinn sich dem Mönch nicht erschlossen hatte. Doch er hatte eine Gefahr gespürt, die von dem Objekt ausging, eine entsetzliche Gefahr. Der Streit zwischen beiden Welten tobte in der Brust des Erzengels, und Mikulov wusste, dass dieser innere Zwist ihren Untergang bedeuten konnte.
Hört mich an , wandte er sich wortlos an die Götter, helft mir, den Weg zu finden zu Licht und Frieden!
Er schloss die Augen, und kurz spürte er, wie der Wind sein Gesicht streichelte, hörte er, wie die Pinien des Waldes ihm zuflüsterten, schmeckte er das Salz der Küste auf seiner Zunge. Dann wurde alles still. Die Götter versuchten zu ihm zu sprechen, das fühlte er, doch etwas hielt sie zurück. Eine Barriere, die jedes Geräusch abtötete, Licht in Dunkelheit verwandelte, Feuer zu Eis wandelte und an deren Ende endloser Schlaf wartete.
Der Mönch öffnete die Augen wieder, um nach dem Ursprung der Störung zu suchen. Doch sein Geist glitt davon, in eine Vision hinein. Der Mond verschwand, die Bäume verschmolzen zu einer schwarzen Leere, die die Welt fraß, bis er allein im Nichts schwebte, gelöst von allem. Seine Seele stieg hoch über seinen Leib, wurde auf Schwingen eines Windhauchs höher und höher getragen, bis das Anwesen des Kommandanten tief unter ihm lag. Gestalten standen dort unten, wie Statuen versammelt um eine zusammengekrümmte Gestalt am Boden, und ihr Stöhnen erfüllte die Luft. Im selben Moment, da der Mönch begriff, dass es sich bei dem leblosen Leib um seinen eigenen handelte, sah er die Phantome. Sie hoben ihn auf ihre lautlosen schwarzen Schwingen und trugen ihn davon in die Nacht, während eine Streitmacht von Engeln auf die Welt niedersank, um Tod und Zerstörung zu säen.
zwanzig
Die Hohen Himmel
Der Sicarai stand kerzengerade, doch seine Haltung verriet, welche Qualen es ihm bereitete. Einer seiner Arme hing nutzlos an seiner Seite herab, und sein Flügel war dicht an der Schulter abgetrennt. Sein Stolz und seine Ausbildung gestatteten es dem Furcht einflößenden Krieger nicht, Schmerz zu zeigen, doch Balzael wusste, dass es lange dauern würde, bis seine Wunden verheilt waren.
Der Zerstörer hatte ihm Bericht erstattet. Es war Tyraels Gefährten gelungen, einen alten Hort der Nephalem aufzufinden, der seit Jahrtausenden vor Himmeln und Höllen verborgen gewesen war. Schlimmer noch: Die Späher hatten dem Sicarai gemeldet, dass die Gefährten nach einem noch größeren Versteck der
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