Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Diabolos (German Edition)

Diabolos (German Edition)

Titel: Diabolos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: torsten scheib , Herbert Blaser
Vom Netzwerk:
allerdings nur dumpf dröhnende Bässe und klirrende Höhen entlocken können. Kreischende, griechische Folklore, zusätzlich unterlegt mit statischem Rauschen. Eine Kakophonie, die Aggressionen eher schürte und nicht beseitigte. Notgedrungen ertrug er daher auch weiterhin ihr gemeinsames, eisiges Schweigen. Er zwinkerte kurz mit den Augen. Lag es an seiner Gemütsverfassung, oder sah er dort draußen tatsächlich überall nur noch staubiges Braun? Der Südosten schien ein einziger ausgemergelter Backofen zu sein. Frustriert suchte er nach Abwechslung, nach Vielfalt, aber außer zähem, blattarmen Dornengestrüpp wagte nichts der Sonne zu trotzen. Die einzigen Unterbrechungen boten die wenigen kleinen Dörfer, durch die sie kamen. Zuweilen schmiegte sich nur knapp ein Dutzend weißgetünchter Steinquader an die Hänge eines zerklüfteten Berges. Trotz der hellen Farbe verschmolzen die kleinen Häuser schon nach wenigen hundert Metern mit ihrer unwirtlichen Umgebung. Nur selten sah man Menschen; die einzigen Autos waren meist rostzerfressene Lastwagen oder kleinere Transporter, die Baumaterialien oder Obst und Gemüse auslieferten. Brandon fragte sich nicht zum ersten Mal, wovon diese Bauern nur lebten. Ein paar bewässerte Olivenbäume, ein staubiges Gemüsefeld, vier oder fünf Ziegen; ein ärmlicher Besitz. Da meist Geschäfte und selbst das obligatorische Kaffeehaus oft fehlten, konnten die Orte keinen Nutzen aus dem Durchgangsverkehr ziehen. Niemand hielt je hier an. Der große Geldstrom der Touristen floss beinahe ausschließlich in die Küstenstädte. Auch wenn 10 Millionen Urlauber die Insel überschwemmten, diese Menschen hier würden nichts davon bemerken. Außer vielleicht, wenn sich die Luft durch die Abgase der Busse und Leihwagen verschlechterte und sich die Straßenränder mit buntem Abfall auffüllten, dachte Brandon zynisch.
    Sie passierten ein Ortsschild, doch bevor Brandon sich die Mühe machte, es zu entziffern, war er bereits daran vorbei.
    »Wir müssten bald da sein«, durchbrach Heather plötzlich die Stille. »Ein paar Kilometer hinter Zakros geht es zur Schlucht.«
    Ihre Stimme klang sachlich und nüchtern, so als stünde sie hinter dem Schalter eines Fremdenverkehrsbüros. Sie kämpfte offensichtlich damit, die Fronten wieder zu versöhnen. Brandon brachte nur ein krächzendes »Ah-hmm« zustande, zu sehr überraschte ihn die plötzliche Notwendigkeit zu sprechen. Stirnrunzelnd schaute er nach rechts, aber Heathers Gesicht war bereits wieder hinter ihrem Kreta Reiseführer abgetaucht. Das rotbraune Taschenbuch war zu einer Art Bibel für sie geworden; keine Stunde verging, in der sie nicht geschäftig darin herumblätterte. Die Tipps und Informationen zu Insel und Leuten mochten durchaus interessant und nützlich sein, seiner Meinung nach übertrieb Heather aber ihr landeskundliches Studium. Er war jemand, der sich viel lieber ahnungslos über die Straße treiben ließ, um dann umso mehr die karminrote Erde eines Bergen oder den unvermittelt auftauchenden wildromantischen Ausblick auf eine steile, blaugrüne Meeresküste genießen zu können. Wenn man wollte, konnte man ja hinterher immer noch nachschlagen, wo man sich gerade befand oder was man nun eigentlich bewunderte. Zuweilen hatte er den Eindruck, als benötigte Heather erst das Einverständnis ihres klugen Führers, bevor sie es sich erlaubte, eine Gegend als sehenswert zu betrachten. Er seufzte kaum hörbar. Immerhin waren die einzelnen Wegbeschreibungen bislang äußerst präzise gewesen. Zügig kurvte er durch eine schmale Häusergasse und überquerte einen kleinen Dorfplatz. Wenig später lag der Ort bereits schon wieder hinter ihnen. Nur einige hüfthoch umzäunte Gemüsegärten erstreckten sich über die Grenzen von Zakros hinaus. Die Straße zog sich nun langsam ansteigend an einem staubigen Berghang entlang und bog schließlich recht abrupt nach rechts ab. Genau gegenüber der Kurve befand sich ein schmales Schotterband, das offensichtlich als Parkplatz dienen sollte. Augenblicklich war allerdings kein weiteres Auto zu sehen. Noch bevor Heather eine Bemerkung machte, bog Brandon nach links ab und fuhr ein Stück über den nur notdürftig befestigten Untergrund. Oberhalb des Seitenstreifens erkannte man zwei Abzweigungen: eine einspurige, holprige Fahrtrasse, die sich weiter hinauf in die Berge schlängelte (und laut Heathers Führer die alte Straße war) und ein kleiner Ziegenpfad, der sanft zum tiefen Tal nach Kato Zakros

Weitere Kostenlose Bücher