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Diabolos (German Edition)

Diabolos (German Edition)

Titel: Diabolos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: torsten scheib , Herbert Blaser
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Armbanduhren, unter denen sich auch solche fanden, die ich in meiner Kindheit an den Handgelenken meiner Eltern und Verwandten gesehen hatte.
    Vor den einzelnen halb verblichenen Wandtafeln, auf denen Skizzen von Uhrwerken und Reproduktionen alter Konstruktionspläne die Entwicklung der Zeitmessung dokumentierten, verweilte ich nur kurz. Auch die kleinformatigen Gemälde und detailreichen Stiche in ihren altertümlich verschnörkelten Rahmen fesselten meinen Blick nur solange, wie er brauchte, das Dargestellte schlagwortartig zu erfassen: das Pendel, der Anker, die Unruh …
    Wie zufällig kreuzten sich unsere Wege. Ich behielt den Regen draußen vor den Fenstern fortwährend im Auge und beachtete SIE nicht weiter, suchte die Begegnungen mit ihr nicht. Vielmehr schien sie mir zu folgen, mit leisen, beinah geräuschlosen Schritten, wie nur Menschen sie setzen können, die mit den Eigenheiten eines Raumes vertraut sind.
    Aber sie ging mir nicht bloß nach , sondern voraus . Die Räumlichkeiten mussten durch einen Gang, der parallel zu den Zimmern verlief, miteinander verbunden sein, denn ging ich an ihr vorbei in den nächsten Ausstellungsraum, fand sie dort bereits vor, ohne mir erklären zu können, wie sie vor mir in das Zimmer gelangt sein konnte.
    Die Hände am Rücken, die typische Haltung von Aufsichtspersonal, den Kopf leicht seitlich geneigt, stand sie neben dem stillgelegten Kamin. Auf dessen Sims befand sich eine Uhr unter einem übermächtigen Glassturz mit ausladendem Sockel. Sie hatte ihren Platz im Zimmer so bewusst gewählt, dass mir schien, als lade sie mich ein, näher zu treten, und die Uhr auf dem Sims eingehender zu betrachten.
    Doch es hatte mittlerweile zu regnen aufgehört, es gab keinen Grund mehr für mich, hier länger zu verweilen, und ich wandte mich zum Gehen. Unten auf der Straße wurde ich gewahr, wie lange ich mich in dem Museum aufgehalten hatte. Die Zeit war mir davongelaufen, ich musste mich beeilen, um nicht zu spät zu meiner geschäftlichen Verabredung zu kommen.
    Die Besprechung verlief sehr erfolgreich. Judith, meine Frau, und ich hatten uns vor noch nicht allzu langer Zeit mit einem kleinen Grafikstudio selbständig gemacht. Jeder Auftrag, den wir an Land ziehen konnten, war für uns wichtig. Wir waren ein gutes Team und hatten die Chance, die sich uns nun bot, wirklich verdient.
    Natürlich rief ich sie sofort von der nächsten Telefonzelle an. [Aus diesem Detail mögen Sie ermessen, wie lange dies alles schon her ist!] Es meldete sich nur unser Anrufbeantworter.
    Ich legte auf, bevor der Ansagetext zu Ende gesprochen war, rief noch einmal an. Diesmal hob sie ab, ein wenig außer Atem. Sie war gerade im Bad gewesen, zur Entspannung , wie sie sagte. Sie lachte nervös in Erwartung dessen, was ich ihr zu berichten hatte. Ich hatte Lust, ihr die freudige Nachricht noch in wenig vorzuenthalten.
    Manchmal verfuhren wir so miteinander. Es war ein Spiel. Wir mochten es. Es war ein Teil unserer Beziehung, ein Bestandteil jener mit Wertschätzung und Gewohnheiten vermengten Liebe, die wir einander damals noch entgegenbrachten. Ich sah sie vor mir, das nasse Handtuch um die Schultern und ihre kurzen Haare borstig abstehend, die Biegung ihrer Wirbelsäule, ihre weit auseinander stehenden Schulterblättern und ihren Zehen, sie zupften am Lammfell [wir hatten es aus unserem ersten gemeinsam Urlaub mitgebracht, das Tischchen mit dem Telefon – Analoganschluss, Sie erinnern sich … – stand darauf].
    In diesem Augenblick schob sich zwischen das Bild meiner Frau und mich ein anderes, einer dunklen Erinnerung gleich, eine Frau neben einem stillgelegten Kamin, die Hände auf dem Rücken, den Kopf leicht einer Uhr unter mächtigem Glassturz zugeneigt, mich, der ich eben in ihren Blick trat, nicht weiter beachtend …
    Ich sagte zu Judith, wobei ich meinen Mund ganz nah an die Sprechmuschel führte: »Ich freue mich auf dich ...«
    Sie verstand und lachte. Sie verstand, lachte und meinte: »Daran tust du gut.«
    Und ich liebte sie in diesem Moment aufrichtig, so aufrichtig, wie nur ein Mann eine Frau lieben kann, die er in Wahrheit soeben zu lieben aufgehört hat.

    Die Geschäfte führten mich nun öfter in die Stadt. Zahlreiche Besprechungen mit dem Werbechef des Konzern waren notwendig, einem Typen, der mich schon nach fünf Minuten aufforderte, ihn doch einfach Peter zu nennen.
    Bislang hatte ich geglaubt, mit Menschen in seiner Position gut umgehen zu können, ihre Verhaltensmuster

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