Diabolus
Äguila-Bier und hielt eine davon dem Jungen hin. Two-Tone war sprachlos. Er nahm einen kräftigen Zug aus der Flasche und beäugte argwöhnisch seinen Wohltäter.
»Soll das 'ne Anmache sein, Mister?« Becker lächelte Two-Tone an.
»Ich suche ein Mädchen.« Two-Tone lachte schrill.
»Eh, Alter, so krass wie du angezogen bist, läuft hier gar nichts!«
»Es soll auch nichts laufen«, meinte Becker.
»Ich möchte das Mädchen nur mal sprechen. Würdest du mir helfen, die Kleine zu finden?« Two-Tone ließ die Bierflasche sinken.
»Bist du 'n Bulle?« Becker schüttelte den Kopf. Der Halbwüchsige sah ihn aus Augenschlitzen an.
»Siehst aber aus wie 'n Bulle.«
»Junge, ich komme aus Maryland. Wenn ich ein Bulle wäre, wäre ich hier wohl ein bisschen weitab von meinem Zuständigkeitsbereich, meinst du nicht auch?« Das Problem schien dem Jungen zu schaffen zu machen.
»Ich heiße David Becker.« Becker streckte lächelnd die Hand über den Tisch. Der Punker zuckte angeekelt zurück.
»Pfoten weg, schwule Sau!« Becker zog die Hand zurück.
»Wenn ich dir helfen soll«, sagte der Bursche verächtlich, »dann kostet das was.«
Becker ging darauf ein.
»Wie viel?«
»Hundert Dollar.«
»Ich habe aber nur Peseten.«
»Mir egal. Dann eben hundert Peseten.« Wechselkurse gehörten offensichtlich nicht zu Two-Tones Stärken. Hundert Peseten waren etwas über achtzig Cent.
»Abgemacht!«, sagte Becker und knallte die Bierflasche auf den Tisch. Der Junge verzog zum ersten Mal das Gesicht zu einem Lächeln.
»Abgemacht!«
»Okay«, sagte Becker kumpelhaft.
»Es könnte sein, dass die Kleine, die ich suche, hier rumhängt. Sie hat rot-weiß-blaue Haare . . .« Two-Tone zog den Rotz hoch.
»Judas Taboo hat heute seinen Memorial-Day. Jeder Arsch hat heute . . .«
»Gut. Sie hat ein T-Shirt mit der britischen Flagge an und einen Totenkopf als Ohrhänger an einem Ohr.« Ein Ausdruck des Erkennens huschte über Two-Tones Gesicht. In Becker keimte neue Hoffnung auf. Aber Two-Tones Miene schlug sogleich um. Er knallte die Flasche hin und packte Becker am Hemd.
»Das ist die Schnecke von Eduardo, du Wichser! Wenn ich du wäre, würde ich höllisch aufpassen. Wenn du die anmachst, macht er dich kalt!«
KAPITEL 56
Midge Milken stapfte wütend in den Konferenzraum. Die Ausstattung des Raums umfasste neben dem neun Meter sechzig langen Konferenztisch mit dem in Schwarzkirsche und Nussbaum eingelegten Wappen der NSA drei Marion Pike Aquarelle, einen Bostonfarn, eine Bar und natürlich den unverzichtbaren Wasserspender für gekühltes Trinkwasser. Midge genehmigte sich einen Becher, um das innere Gleichgewicht wiederzugewinnen. Beim Trinken schaute sie zum Fenster. Durch die offenen Lamellenjalousien fiel das Licht des Mondes herein und spielte auf der Maserung der Tischplatte. Midge war seit jeher der Meinung gewesen, das Büro des Direktors wäre hier wesentlich besser aufgehoben als an der Vorderfront des Gebäudes, wo Fontaine derzeit residierte. Statt auf den Parkplatz, hatte man von hier einen Ausblick auf eine stattliche Anzahl eindrucksvoller NSA-Gebäude - darunter auch die Crypto-Kuppel, jene High-Tech-Insel, die abseits vom Hauptgebäude aus über zwölftausend Quadratmetern Waldgelände herausragte. Von den meisten Fenstern des NSA-Komplexes war die mit Bedacht hinter einen Ahornhain gesetzte Kuppel kaum auszumachen, aber von hier aus lag sie prächtig im Blick. Für Midge wäre dies der ideale Söller für den weit über das Reich schweifenden königlichen Ausblick ihres Chefs gewesen. Vor längerer Zeit hatte sie Leland Fontaine vorgeschlagen, sein Büro nach hier zu verlegen, was er allerdings mit dem knappen Kommentar abgetan hatte:
»Hinten heraus? Niemals.« Fontaine war nicht der Mann, der sich mit der Rückseite von was auch immer begnügte. Midge zog die Jalousien beiseite und schaute hinaus in die Hügellandschaft. Mit einem wehmütigen Seufzer suchte ihr Blick die Crypto-Kuppel, einen Anblick, den sie immer als tröstlich empfunden hatte, wie den eines Leuchtturms, der sein Licht beständig und verlässlich zu jeder Stunde scheinen ließ. Aber als sie jetzt hinausschaute, konnte von Trost keine Rede sein. Sie starrte in eine dunkle Leere. Das Gesicht an die Fensterscheibe gepresst, verlor sich ihr Blick in endloser Finsternis. Ein hysterischer Angstzustand machte sich in ihr breit. Die Crypto-Kuppel hatte sich
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