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Diadem von den Sternen

Diadem von den Sternen

Titel: Diadem von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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die Schüssel.”
    „Ja, R’eKhateyat.” Das Mädchen sprang auf die Füße, hob die große Schüssel, die sie in ihrem Schoß gehalten hatte, empor, brachte sie zu Khateyat und blieb still und in eifriger Wachsamkeit stehen und wartete auf die nun folgenden aufregenden Ereignisse in einem Leben, das sie voller außergewöhnlicher und faszinierender Geschehnisse fand.
    „Shanat.” Khateyat ließ ihren Blick über die Gruppe gleiten. Sie musterte Raqat mit einem etwas finsteren Blick, dann ruhte ihr Blick auf der Jüngsten. „R’prat.” Sie winkte die beiden zur Mitte. „Halte gemeinsam mit N’frat die Schüssel.”
    „Ja, R’eKhateyat.”
    Der Dieb konnte eine anwachsende Spannung in der Luft fühlen.
    Noch mehr Magie, um seinen Verstand zu verdrehen und zu verwirren. Er sah und spürte die Folgen jener unverständlichen Dinge, die sie taten; trotzdem konnte er nicht ganz daran glauben.
    „Geh ein bißchen zurück”, sagte Khateyat zu ihm. „Das Wasser hat den Boden nicht berührt?”
    ,,Nein.” Er versuchte, seine Stimme höhnisch klingen zu lassen, aber das gelang ihm nicht.
    Sie sah die Eimer an und nickte. ,,So ist es. Und so ist es gut.
    Andernfalls würde Gefahr bestehen.” Sie dirigierte ihn so, daß der linke Eimer der von den drei Mädchen gehaltenen Schüssel am nächsten war. ,,Bleib so stehen. Und sei still. Es geht dich nichts an, was wir tun. Wenn du dich in Dinge einmischst, von denen du nichts weißt, wird deine Belohnung höchst unangenehm sein.” Sie hob den Eimer und schüttete das Wasser in die Schüssel.
    Das Innere dieser schweren Metallschüssel war ein rußiges Schwarz, das das kristallklare Wasser in einen unruhigen Spiegel verwandelte. Mit heimlichem Interesse sah der Dieb zu, wie sich Khateyat über den Spiegel beugte und leise, zischende Worte flüsterte, die die Bewegung des Wassers einfroren, bis es die sanft dahintreibenden Wolken des Sonnenuntergangs-Himmels reflektierte. Das Flüstern hielt an, ging immer weiter, bis der erste Stern des dunkler werdenden Himmels im Wasser abgebildet war.
    Khateyat richtete sich auf. „R’nenawatalawa”, sagte sie leise.
    „Kommt!” Ihr Atem glich einem Windhauch, der über den Spiegel glitt. „Ihr habt mich gerufen. Sprecht. Zeigt uns, was wir wissen müssen. Zeigt es.”
    Das Wasser kräuselte sich. Zuerst dachte der Dieb, die Mädchen, die die Schüssel hielten, seien müde geworden, hätten bei ihrer Aufgabe geschwankt. Aber der Spiegel klärte sich rasch.
    Er war verblüfft; statt des Himmels sah er das Bild einer rothaarigen Frau, die auf einem großartigen schwarzen Hengst eine holperige Straße entlangritt. Sie war dünn und gebräunt, in schmutzige Lumpen gekleidet, ihr Haar wehte wie eine karmesinrote Flagge hinter ihr her. Sie zügelte das Pferd und blickte sich um. Der Dieb konnte den Fluß sehen, die Wasserräder, die verlassenen Koppeln; und er sah sie in dem Moment, da ihre Blicke darüber schweiften. Obgleich das Bild so winzig war, sprachen die Konturen ihrer Gestalt beredsam von ihrer Verzweiflung. Langsam stieg sie ab und löste den Sattel vom Rücken des Hengstes. Einen Augenblick lang stand sie neben ihm und streichelte sanft seinen Hals. Dann schob sie das Zaumzeug über seinen Schädel und schlug ihm auf die Flanke, so daß er auskeilte und übermütig ein paar Schritte davontrottete. Er widmete sich dem sonnengebleichten Gras. Das Mädchen… Sie ist jung, dachte der Dieb.
    Sehr jung. Vielleicht sogar hübsch. Es war schwer zusagen. Das Mädchen setzte sich auf einen Stein und starrte auf das Wasser Nach ein paar Minuten sammelte sie einen Haufen Kieselsteine und schleuderte sie in den Fluß.
    Das Wasser zitterte. Silberstreifen zitterten kreuz undquer durch das Bild, verschmolzen zu einem Schriftzeichen, zersprangen wieder formten sich erneut, zersprangen, bildeten ein drittes Zeichen. Dann verschwanden die Bilder, und das Wasser spiegelte nur noch den sternenhellen Himmel.
    Khateyat trat zurück. „Schüttet das Wasser aus.”
    Die drei Mädchen kippten die Schüssel; das Wasser spritzte über das Gras und näßte die zerrissenen ledernen Beinkleider des Diebes.
    N’frat hielt den Schüsselrand fest; eifrig zappelte sie. „Ist sie es?
    Ist sie jene Rothaarige, für die uns die R’nenawatalawa das Diadem gaben? Ist sie es?”
    „Psst, Kind.” Kheprat lächelte gütig in das eifrige junge Gesicht, und ihre blinden Augen glitzerten weiß im Sternenlicht. „Gebrauche deinen Verstand. Warum sonst

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