Diadem von den Sternen
sollten sie sie uns zeigen? Khateyat, was haben die Runen gesagt?”
Khateyat musterte den Dieb finster. „Nimm’ das restliche Wasser und schütte es in die Fässer. Dann kannst du ausruhen, bis es Zeit für das A bendmahl ist. Geh ‘jetzt.”
Stavver löste sich aus seiner Starre, schüttelte sich verwundert und trottete den sanft geneigten Hügel hinunter; wiederholt blickte er zu den stumm dastehenden Gestalten zurück.
Khateyat beobachtete ihn, bis er hinter dem Herret verschwand.
Dann wandte sie sich den anderen zu. „Kepri, die Frau ist in Gefahr und hungrig. Die R ‘nenawatalawa heißen uns zu ihr zugehen.
Morgen früh brechen wir auf. Das Diadem nehmen wir mit.”
Dritter Teil
Das Diadem
l
Aleytys warf den Kiesel ins Wasser und lauschte seinem Platschen.
Sie saß am Ufer des Mulukaneh Rud, dessen tiefes, stilles Wasser an ihren staubigen Zehen vorbeifloß, während Tarnsians Geistberührung am Rande ihres Bewußtseins schmerzte. Sie nahm einen weiteren Kiesel von dem zusammengetragenen Haufen und schleuderte ihn hinaus. Sein Fühlen war von einer triumphierenden Aura umgeben, als wüßte er, daß sie am Ende ihrer Kräfte angelangt war.
Nachdem der letzte Stein in das kühle Grün gesegelt und verschwunden war, sagte Aleytys leise: „Das Ende. Das ist alles, was uns erwartet.” Sie zog ihre Füße auf den Felsen, schlang ihre Arme um die Beine und ließ ihren Kopf auf den Knien ruhen.
Die Zeit trieb dahin. Sie sah die Schatten kürzer werden und an ihren Zehen vorbei höherkriechen; Horli und Hesh glitten leicht den Himmelsbogen empor. Sie schwebte in einen Halbschlummer hin
über, als eine Reihe scharrender Geräusche das ruhige Morgensummen durchbrachen. Einen Moment lang lauschte sie, leicht verwundert. Die Geräusche kamen aus der falschen Richtung; also konnte es nicht Tarnsian sein. Außerdem konnte sie ihn nicht fühlen; wäre er so nahe herangekommen, hätte er sie inzwischen sicherlich bereits in Fesseln gelegt. Sie krabbelte auf die Füße, stand da, auf ihren Zehenspitzen balancierend, und starrte zu dem Gestrüpp hinauf, das ein paar Meter höher auf dem anderen Ufer wuchs. Der Flußwind zupfte an ihrem verfilzten Haar, und so fegte sie es ungeduldig aus ihrem Gesicht und hielt es an ihrem Hals zusammen, während sie ihren Blick ängstlich über die Büsche huschen ließ.
Zuerst sah sie nichts, dann stieß ein zottiger, dreieckiger Schädel um einen Dornbusch herum. Eine auf einem Yara sitzende Frau ritt zum Ufer her.
Aleytys brachte ihre Fersen wieder auf den Stein herunter, kreuzte ihre Arme vor ihren Brüsten und beobachtete in stummer Verzweiflung, wie sich fünf weitere Gestalten zu ihr gesellten. Die Anführerin trug ein quastenverziertes Tuch auf ihrem Kopf; es wurde von einer kompliziert geknoteten Schnur festgehalten. Zu beiden Seiten ihres gleichmütigen, rotbraunen Gesichts hingen schwere, weiß gestreifte schwarze Zöpfe herunter, die mit roten, in kleinen Quasten endenden Schnüren abgebunden waren. Sie trug eine lose Tunika aus einem feinen, weißen Material, die am Saum und an den Manschetten prachtvoll bestickt war. Ihre Hände steckten in Handschuhen aus feinem, weichem, schwarzem Leder; ihre Füße in weichen, schwarzen Lederstiefeln. Sie trug weite Hosen aus blaugefärbtem Wildleder, die an den Stiefeln gerafft, mit Quasten« schnüren abgebunden waren. Aleytys sah zu, wie sie zu einer Reihe aufschlössen und anhielten; dunkle Augen richteten sich mit einschüchternder Härte auf sie. Noch benommen und träge in der Reaktion, schluckte sie und atmete schnell, während eine flüchtige Hoffnung in ihr aufflammte.
In diesem Augenblick schlug Tarnsian zu!
Aleytys taumelte und brach in die Knie, widerwärtig entsetzt über die schmierige Böswilligkeit, die sich über sie ergoß.
Schlimmer, dachte sie. Er ist schlimmer geworden. Sie stöhnte und preßte ihre Hände um ihren Kopf, während sie dagegen ankämpfte, sie vergaß alles, bis auf das bedrohliche Schwarz, das sie überflutete.
Sie kniete in einer silbrigen Blase, inmitten wirbelnder, heftig pulsierender Kräfte … Kein Entkommen … Nein … Und es drängte heran… Kroch wie öliger Rauch … Kroch durch Risse in ihrem Bewußtsein herein. Sie kämpfte, sah die glänzende Blase sich senken, sah, wie sie zu schrumpfen begann. Wie rasend verstopfte sie die Schwachstellen, dann bröckelte ein anderer Abschnitt zusammen, noch einer. Sie jagte ihren Geist in der Blase herum, fing Tropfen für Tropfen
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