Diadem von den Sternen
enthielt eine Warnung, aber sie achtete nicht darauf.
„Mavas“, sagte Azdar plötzlich. „Schaff sie hinaus!“
„Nein!“ schrie sie. „Nein! Ich will mit dir reden, Vater, das ist alles! Qumri ist …“
Sie fegten an Chalak vorbei und packten sie grob an den Armen. Starke, dicke Finger quetschten sie bis auf die Knochen, rissen sie mit sich zur Tür, und sie schrie zornig, hilflos: „Azdar! Du Kamdil! Du hast mich gezeugt! Af i! Halt mir das Weibsstück vom Hals! Sonst wird es dir leid tun, wenn ich … Ohhh …“
Brutal wurde sie von den beiden Männern durch die Tür und die Rampe hinuntergestoßen; sie kümmerten sich nicht darum, ob sie sich weh tat oder nicht. Als sie unten ankamen, beruhigte sie sich ein wenig und schaffte es, auf die Füße zu kommen. „Muttahid, Muttahid, kommt, laßt mich los.“ Sie versuchte, sich loszureißen. „Ich gehe ja schon. Ich werde euch nicht mehr belästigen. Ihr braucht nicht …“ Sie wand sich in ihrem Griff, riß und zerrte. „Ich habe gesagt, ich gebe auf. Kommt, seid vernünftig.“
Mavas’ Finger krallten sich nur noch tiefer in ihre Schulter, und er drängte sich noch dichter an sie heran, zwang sie, zwischen ihm und Yurrish hin und her zu stolpern und zu rennen. Ihre Wut kehrte zurück. Mit einem wuchtigen Grunzen federte sie vor, duckte sich, schaffte es freizukommen. Hart setzte sie sich auf das Gras, der Atem wurde aus ihren Lungen gepreßt.
Mavas langte herunter und krallte seine Finger in ihr langes Haar. Mit einem gemeinen Grinsen ruckte er kräftig daran, und sie schwang herum, bis ihre Augen wie die einer Gliederpuppe flatterten. Er lachte.
Mit einem Schrei, in dem sich Schmach und Schmerz vereinten, krabbelte Aleytys auf ihre Füße. Der Ärger wurde zu einem wilden Strom des Zornes, so stark, daß er nahezu greifbar war. Sie konnte fühlen, wie das brennende heiße Fließen ihrer Arme hinunter, bis in ihre Finger flutete. Ohne zu überlegen, warf sie ihre Hände hoch und schlug zu, ohrfeigte ihre Peiniger. Der Zorn brodelte in ihren Handflächen.
Mavas brüllte vor Schmerz und taumelte von ihr fort. Gleichzeitig kreischte Yurrish einen feurigen Fluch und wich zurück, seine zitternden Hände hielt er vor sein verbranntes Gesicht.
Völlig verblüfft stand Aleytys da, wie erstarrt, ihren Mund in benommenem Staunen offen, und sah den beiden ungeschlachten Kerlen, die sie noch vor einem Augenblick so brutal und grob behandelt hatten, nach. Wie verschreckte Mikhmikhs rannten sie davon. Sie hob ihre Hände und starrte auf die Innenseiten. Keine Veränderung. Sie müßten schwarz verkohlt sein, dachte sie. Ihre Hände kribbelten, wie sie es gewöhnlicherweise nur an einem Wintermorgen taten. Das war alles. Sie leckte sich über die Lippen, starrte den fliehenden Männern nach, und dann fuhr sie mit einem leisen, ängstlichen Keuchen herum und eilte ins Haus zurück.
9
Lange Schatten tanzten über den Gemeinschaftsplatz – Schatten von fremden Menschen und fremden Tieren, die kreuz und quer über das niedergetrampelte Gras huschten. Die Karawane war angekommen. Aleytys drückte ihre Nase gegen das Fenster. Kein Geräusch drang durch das schwere Doppelglas, aber sie konnte sich das Mosaik aus fröhlichen Rufen, Tiergeräuschen und Hammerschlägen und dem Knarren der Räder gut vorstellen; es waren lauter Dinge, an die sie sich erinnerte und die immer gleich waren.
Unruhig drehte sie sich auf dem Bett herum und lehnte sich an das Kopfbrett zurück, dann hob sie ihr heißes, schweres Haar zu einem Haufen auf ihrem Kopf. „Ai-Jahann, in einer Minute werde ich die Wände hochgehen.“ Sie ließ das Haar wieder fallen und schwang sich vom Bett herunter. Die Uhr zeigte zwanzig nach Sa’at Nudham. Sie streckte sich und stierte zur Tür. „Nein! Mögen sie an Aschlas Zehen kauen, ich habe es bis auf die Knochen satt, auf ihre empfindlichen Gefühle Rücksicht zu nehmen!“ Sie zerrte die Tür auf und stürmte in den Korridor hinaus.
Ein paar Minuten, nachdem sie mit erhobenem Kopf an einigen Asiri vorbeigeschritten war, die ihre Augen abwandten und das Hornzeichen schlugen, um das Unglück abzuwenden, das sie bei sich trug, schlängelte sie sich durch die Büsche auf der gegenüberliegenden Seite des Charidan und trat auf den Flußpfad hinaus. Sobald sie tief genug im Schatten war, warf sie die Kapuze zurück und ließ die Flußbrisen in ihrem feuchten, verschwitzten Haar spielen. Schmetterlinge tanzten in der kühlen Luft, die sie wie
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