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Diadem von den Sternen

Diadem von den Sternen

Titel: Diadem von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Gestalt; Überraschung kühlte ihren Zorn ab.
    „Sei nicht böse. Bitte. Es tut mir leid. Ich war im Unrecht. Entschuldige. Bitte! Tu mir nicht weh. Du tust mir weh.“ Seine Worte quollen in einem kraftlosen Gewinsel über seine bebenden Lippen, das in ihren Ohren knirschte.
    Zu erstaunt, um etwas zu sagen, sank sie auf die Bank zurück und starrte ihn unablässig an. Er saß im gesprenkelten Schatten des spärlichen Dachs aus eng zusammengerollten Horan-Blättern, sah traurig und lächerlich aus. Unvermittelt glitt sie in das schwache, halb tranceartige Hinausgreifen zurück; sie sah ihn als armseligen kleinen Mikhmikh, der mit meistens selbst zugefügtem Schmerz erfüllt war. Es verwirrte sie. In dem Versuch, ihr vernebeltes Gehirn freizumachen, schüttelte sie den Kopf.
    „Was hast du versucht zu tun?“ fragte sie ruhiger.
    Er schien sich in seiner Haut zusammenzuziehen. Seine schwarzen Augen betrachteten sie traurig über seine Knie hinweg.
    „Nun?“ Sie konnte gerade noch die rosa Spitze seiner Zunge über die Lippen schnellen sehen, dann senkte er seinen Kopf, als wolle er hinter seinen Knien Schutz suchen.
    „Ich …“ begann er. Sie sah, wie die dunklen Augen zugekniffen wurden. „Vorher ging es. Letztes Jahr. Sie ließen mich …“ Aus schmalen Augenschlitzen heraus sah er sie an. Sie runzelte die Stirn und blickte hastig weg. „Ich fühle, was andere fühlen. Wenn sie glücklich sind, traurig, verletzt, stark. Alles. Und das, was sie fühlen, kann ich verändern. Tiere … bei ihnen ist es leicht. Ich kontrolliere sie … heile sie, wenn sie verletzt sind oder krank. Leute sind schwieriger. Sie sind gefährlicher. Die Frauen in den Tälern sind nicht so gefährlich. Ich dachte, du … du wärest wie sie.“
    Abwesend rieb Aleytys ihre Hände gegeneinander; sie erwog die Möglichkeiten, die ihr von dieser neuen Vorstellung eröffnet wurden. Als sie sich an das herrliche Gefühl des Einsseins erinnerte, wuchs Erregung in ihr auf. Ich habe nie daran gedacht, staunte sie. Ich kann es … Ich bin sicher, daß ich es kann … Sie hob ihren Kopf und sah ihn aus leuchtenden Augen heraus an. „Bring es mir bei.“
    „Wie?“ Behutsam rückte er weiter von ihr ab und drängte sich gegen den Baum. Seine schwarzen Augen blickten verstohlen von ihr fort, den Pfad entlang. Sie konnte einen Muskel an seiner Wange zucken sehen, und sie wußte, daß er sich bereit machte davonzurennen.
    „Nein!“ Sie hielt seinen Arm fest. Keuchend krümmte er sich, seine Augen waren zusammengepreßt. „Bitte!“ winselte er.
    Aleytys schüttelte ungeduldig seinen Arm. „Sei kein Waschlappen!“
    „Ich kann dich nicht aus meinem Kopf heraushalten.“ Er fuhr herum, und seine Füße stampften auf das spärliche Gras. „Niemanden kann ich draußen halten. Die ganze Zeit. Alles. Hast du eine Ahnung, was das heißt? Immer. Stunde für Stunde. Tag für Tag für Tag. Niemals die Leidenschaften anderer Menschen loswerden, nicht einmal ihre kleinsten Gelüste.“ Seine Hände rieben an seinen Beinen auf und ab. „Sie mischen sich wie Klumpen sich windender Würmer in meinem Kopf, und ich weiß nicht … kann nicht wissen, was von mir ist und was von den anderen.“ Seine Hände rieben weiter, auf und ab, auf und ab, auf und ab auf dem rauhen karmesinroten Stoff.
    Aleytys fröstelte. Dann straffte sie ihre Schultern und sagte munter: „Sieh mal, Zigeuner, reiß dich zusammen. Du hast gesagt, daß du Tiere kontrollieren kannst. Und Frauen. Also, bei Aschlas Klauen: Kontrolliere auch deinen eigenen Verstand.“
    „Ich kann es nicht.“
    „Unsinn. Ich wette, du hast es noch nie versucht.“
    „Zaujeha …“
    „Beim Madar, Karawanenmann, vor einer Minute hast du mich beinahe ausgelöscht. Und du willst mir weismachen, daß du dich nicht selbst schützen kannst? Ein bißchen mehr Rückgrat!“
    „Haaah!“ Sein Gesicht lief rot an, sein Atem zischte zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch.
    „Mach weiter! Los!“ Sie schnaubte ungeduldig. „Fang an, an dir selbst zu arbeiten. Wenn sie dich überfluten, dann … ah … dann reiß das, was du in deinem eigenen Kopf hast, zusammen und schalte sie aus. Versuch es.“
    Sein Mund verengte sich. Er starrte sie an, die matten, schwarzen Augen voller Widerwillen. Dann zuckte er mit den Schultern. „Ich versuche es. Später.“
    Aleytys seufzte. „Wie du meinst, Karawanenmann. Niemand sonst kann dir helfen.“ Sie faßte ihn kühl ins Auge. „Jetzt zeige mir, wie du Tiere

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