Diadem von den Sternen
habe nichts getan.“
Twanits Schluchzer hatten sich gelegt. Sie drehte sich in den Armen ihrer Schwester um und starrte mit ausdruckslosem Gesicht zuerst ihrer Mutter, dann Aleytys an. „Abruya Madar“, begann sie zögernd.
Suja trat neben sie. Sie zog sie in ihren Arm und schaute Aleytys über die Schulter des Mädchens hinweg an. „Ich habe dir keine Nachricht geschickt, Aleytys.“
„Qumri!“ Aleytys erstarrte und funkelte dorthin, wo ihre Peinigerin noch vor wenigen Sekunden gestanden hatte.
„Ich werde die Bakra Shams und Auh schicken, um die Sachen meiner Tochter zu holen.“
Sujas ruhige Stimme ließ ihren Kopf herumrucken. Sie blickte in das mitleidsvolle Gesicht und fühlte, wie der Ärger aus ihr hinausfloß, und das machte sie so schwach, daß sie sich gegen die Wand lehnen mußte. „Erlaubst du, daß sie deine Kammer betreten?“ fuhr Suja fort.
Aleytys verbeugte sich leicht, dann richtete sie sich wieder auf und blickte stolz in Sujas Gesicht. „Natürlich, Salkurdeh Khatu. Du bist willkommen.“ Sie berührte Stirn und Lippen im förmlichen Shalikk.
Suja zögerte. „Du warst meinem Kind eine gute Freundin, Aleytys, und ich …“ Einen Moment lang schloß sie ihre Augen. Ein ruhiger, entschlossener Blick machte ihr Gesicht starr. „Ich weiß, daß man dir das Furchtbare da drinnen nicht vorwerfen kann.“ Sie hielt inne und befeuchtete ihre Lippen nervös mit der Zunge. „Aber ich befürchte, daß dies – und noch Schlimmeres – wieder geschehen wird. Es ist nicht dein Fehler. Ich bin beschämt, weil ich nichts tun kann, um dir zu helfen.“ Mit geistesabwesender Sanftheit streichelte sie Twanits Haar. „Ich habe dem Hause meine Mißbilligung bekanntgegeben, und auch …“ Ihr Mund wurde zu einem geraden Strich, dann senkte sie ihren Kopf. „Es wird nichts nützen. Wie du sehr gut weißt. Aber du bist stark, Aleytys. Das, was dich nur entsetzt und wütend macht, könnte meine Tochter ernstlich verletzen.“ Schützend zog sich ihr Arm enger um Twanits Schultern. „Wir waren keine Freunde. Ich schließe Freundschaften nicht leicht, wie du weißt, und du und ich, wir haben wenig gemeinsam. Doch ich wünsche, daß du mir glaubst, daß ich niemals Partei ergreifen würde für so etwas … etwas Krankhaftes wie du es da drinnen vorfindest …“ Sie nickte zu der halb geöffneten Tür hin.
Aleytys seufzte. Als sie die schlanke, einfache Frau mit dem starken und ehrlichen Gesicht und der stillen Rechtschaffenheit ansah, verspürte sie müde Bewunderung. Sie breitete ihre Hände aus, suchte nach Worten, um auszudrücken, was sie fühlte, aber sie mußte auf Förmlichkeiten zurückgreifen. Sie berührte erneut Stirn und Lippen zum formellen Shalikk und verbeugte sich tief. „Ich verstehe, Abruya Suja. Ich ehre deinen Mut.“
Suja nickte steif und entfernte sich; die verwirrte Twanit schob sie vor sich her.
Aleytys blickte sich um. Nur Zavar hielt sich noch im Korridor auf. Sie machte einen Schritt auf sie zu, aber dann drehte sie sich um. „Noch immer hier, Vari? Besser, du verschwindest ebenfalls von hier, bevor du dir noch etwas Schlimmes einfängst …“
Tränen sammelten sich in Zavars sanften, braunen Augen. Sie warf ihre Arme um Aleytys und drückte sie so ungestüm, daß es ihnen beiden den Atem verschlug. „Leyta“, keuchte sie hastig. „Twanit kann mein Bett haben. Ich ziehe bei dir ein. Denk nur – wir könnten so viel Spaß haben.“ Sie löste sich von ihr, glitt zurück, ihr Gesicht strahlte vor plötzlicher Aufregung. „Ich mag dich viel lieber als Misha; sie ist eine kichernde Idiotin.“
Zögernd lächelte Aleytys, doch dann schüttelte sie ihren Kopf. „Deine Mutter würde zwanzig Anfälle bekommen, Vari.“
„Mama?“ Zavar kicherte bei dem Gedanken, daß die würdevolle Suja einen Wutanfall bekommen könnte. Aber sie wurde rasch wieder ernst und blickte Aleytys ängstlich an. „Willst du mich nicht, Leyta?“
Aleytys streckte die Hand aus und strich mit ihren Fingern an der weichen Wange des Mädchens herunter. „Liebe Vari. Ich hätte dich liebend gerne bei mir, Chuchik. Aber …“ Sie seufzte. „Du bist besser dran, wenn du dort bleibst, wo du jetzt bist. Und …“ Sie Heß ihre Hand nur eine Minute lang auf Zavars Schulter ruhen. „Du weißt: Für mich ist es besser, den Kopf unten zu behalten, damit er nicht abgehackt wird. Laß es so. wie es ist. Gib mir ein wenig Zeit.“ Sie wandte sich ab, trat an die Tür und fragte sich, was für eine
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