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Diadem von den Sternen

Diadem von den Sternen

Titel: Diadem von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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sich auf ihrem Platz im Kreis der Gefährtinnen nieder. Ihre Augen glänzten vor Neugier.
    Aleytys biß sich auf die Lippe und musterte die höflichen, nicht hilfreichen Gesichter und versuchte an das zu denken, was nun zu sagen wäre. Madar, dachte sie, ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich sie dazu bringen soll, mich mitzunehmen. Vielleicht hat mir meine Mutter doch nicht genug List hinterlassen. Sie sah auf das Diadem, das noch immer in ihren Fingern lag. Die Töne klangen in ihren Ohren; Aleytys fragte: „Wer sind die R’nenawatalawa?“
    Khateyat rieb ihre Stirn. Nach einer Minute Überlegen zeigte sie zum Fluß. „Sie sind da.“ Dann auf die Erde, auf der sie saßen. „Sind da.“ Dann zum Himmel. „Sind da.“ Dann wieder zur Erde. „Am allermeisten aber sind da.“ Hilflos zuckte sie mit den Schultern. „Ist nicht … nicht … Ich weiß nicht, wie man sagt.“
    Das Schweigen vertiefte sich wieder, aber dieses Mal war es behaglicher. Die Shemqyatwe saßen in entspannter Regungslosigkeit in ihrem Kreis; eine Aura von Ewigkeit umhüllte sie. Aleytys setzte sich zurecht und schaute das Diadem an. Sie ließ ihre Finger über die Blumen gleiten und lauschte verzaubert dem feinen Klang. „Ich wünschte, mein Haar wäre sauber“, sagte sie reumütig. Sie blickte auf die schillernde Schönheit in ihrer Hand und als sich der Zauber des Diadems um ihren Verstand schlängelte und alles andere auslöschte, lächelte sie, ohne es zu bemerken. Vorsichtig, ängstlich, die zerbrechlich wirkenden Fäden zu verbiegen, hob sie es an. Die Blüten paßten in einem funkelnden Kranz um ihren Kopf; die beblätterten Zwillingszweige bogen sich über ihre Ohren hinunter. Sie wischte über die Blumen und lachte vergnügt, als ihr Körper zu einem Schallkörper der Musik wurde. Sie sprang auf, lächelte die Frauen an und tanzte herum, zum Fluß, denn sie wollte ihr Spiegelbild im Wasser sehen.
    Noch bevor sie zwei Schritte gemacht hatte, bohrte sich der Schmerz in ihr Gehirn, ein blendender Schmerz, wie glühendheiße Nadeln. Sie schrie, fiel auf die Knie, hielt ihren Kopf, dann schlug sie lang hin; ihr Körper wand sich zuckend auf dem Granit.
    Das Diadem ließ eine liebliche Weise ertönen.
    Khateyat sprang zu ihr und ergriff ihren krampfgeschüttelten Körper mit starken Händen. Mit nahezu der gleichen Bewegung griff sie nach dem singenden Diadem, wollte es herunterreißen. Aber sobald sie es berührte, wurden ihre Finger davongepeitscht, ein heftiger Schmerz fraß sich in ihre Kuppen, pulste durch die Arme, hoch, in ihr Gehirn. Sie stöhnte, preßte die versengte Hand an ihre Brust. R’prat und N’frat legten schützend ihre Arme um sie, halfen ihr aufzustehen. Allmählich ließ der Schmerz nach, und sie öffnete tränende Augen. Hilflos blickte sie auf Aleytys hinunter.
    Aleytys’ Krämpfe waren versiegt. Zusammengerollt, die Ellenbogen gegen die Seiten gepreßt, die Knie fest gegen ihre Brüste hochgezogen, lag sie da. Ein leises Stöhnen glitt über ihre zitternden Lippen, und ihr Gesicht war wie ein stummer Schreckensschrei. Khateyat kniete neben ihr nieder, ergriff ihre Hände und rief die R’nenawatalawa um Kraft an. N’frat kniete sich neben sie, ihre großen, sanften Augen auf Aleytys gerichtet.
     
    Ungeheuer schwammen in der Finsternis, die in Aleytys’ Geist herrschte, seltsame, verzerrte Spiegelungen alter Gedanken und alter Freunde. Sie fiel … Tiefer … tiefer … in einen bodenlosen Abgrund; fiel an kichernden Mißgestalten vorbei, die ihr ekelerregend vertraut waren. Verzerrte Reflexionen ihres eigenen Gesichts verhöhnten sie, riefen Worte, die sich in ihren Verstand krallten. Tiefer und tiefer … Dann explodierte die Finsternis zu einer Million Feuerzungen, die in Lust, Furcht, Haß schrien … ICH … ICH … ICH … ICH WILL … ICH WILL … ICH … ICH … ICH FÜRCHTE … FÜRCHTE … ICH … ICH … HASSE … ICH … ICH …
     
    Finsternis. Ein sanftes Fallen … Der Schmerz ließ nach … Kraft … Frieden strömte von irgendwo herbei. Sie war ein winterliches Blatt, das während eines milden Tages dahintrieb, durch Bilder trieb … Bilder, die wie strahlende Blumen flimmerten.
    Ein pulsierendes Klümpchen aus bläulichem Fleisch, von purpurnen Adern durchzogen, saß in durchsichtiger Gelassenheit im Licht einer kleinen, gelben Sonne … Kleiner, viel kleiner als Horli, aber größer als Hesh und beruhigend fremdartig, nachdem sie ihr Leben mit der roten und der blauen Sonne

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