Diamantenschmaus
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filterlose Zigaretten gepofelt zu haben, der im Wachzustand seinen
Raucherhusten nie länger als höchstens zehn Minuten unterbrochen und sich
angeblich jede Nacht den Wecker gestellt hatte, um eingeplante Rauchpausen ja
nicht zu versäumen, war die Inkarnation des ›Schlimmen Rauchers‹ schlechthin
gewesen.
Dieser zweifelhafte Ruf und der damit verbundene
›Ruhm‹ hatten den streitbaren, relativ eloquenten Mann mit zunehmender
Intensität der Auseinandersetzung um das Passivrauchen und die daraus
resultierenden gesellschaftlichen Konsequenzen innerhalb der letzten beiden
Jahre in die vorderste Reihe heimischer Medienstars katapultiert.
Mit einem Wort: Der Lesonic Karl war nicht irgendwer gewesen,
nein, also wirklich nicht. Nach Ansicht gar nicht so weniger Traditionalisten
war er vielmehr einer der letzten Kämpfer für die Freiheit und Selbstbestimmung
des Menschen gewesen, zumindest des rauchenden.
Aus der Sicht dieser militanten Gesundheitsapostel dagegen
war er ein Umweltverpester ersten Ranges. Je nach Perspektive war er entweder
einer der letzten Individualisten im Kampf gegen die Gleichmacherei oder einer
der unverantwortlichsten Idioten unter der Sonne.
Jedenfalls war der Tote ein Mann gewesen, der die Leute
polarisiert, niemanden kaltgelassen und jeden gezwungen hatte, Position zu
beziehen.
Und dieser Mann war jetzt tot. Hing mit halb eingeschlagenem
Schädel auf dem unbequemen Stuhl, den irgendjemand vor vielen Jahren einmal
hier heraufgebracht und anschließend vergessen hatte. Wie so viele andere
Dinge, die nach der Erfindung der Waschmaschine in diesem zum Abstellraum
mutierten Kammerl Aufnahme gefunden hatten.
Palinskis pseudophilosophische Gedanken wurden
durch das unerbittliche Rütteln seines Handys in der Hosentasche abgelenkt.
Es war Jan Kröger, der ihn wieder zu seinen eigenen
Problemen zurückführte.
»Ein Freund von mir hat einen drei Jahre alten,
aber mangels Benützung fast noch neuwertigen Tower übrig.« Der junge Mann ließ
eine technische Spezifikation folgen, die Palinski nichts sagte, außer dass er
sie nicht wirklich verstand, die jedoch sehr bedeutend klang. »Der wäre gut für
Sie geeignet«, versicherte Jan, »und wir könnten das Ding in 15 Minuten
hier haben.« Allerdings: »Hartmut möchte 80 Euro dafür«. Das klang mehr
als fair für Palinski und er wollte gerade Zustimmung signalisieren, da kam es
noch weitaus besser. »Ich habe ihn auf 50 heruntergehandelt. Geht das in
Ordnung?«
Und wie das in Ordnung ging, das war Musik in
Palinskis Ohren und ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit überfiel ihn. Daran
konnte selbst der traurige Anblick Lesonics nichts ändern.
*
Lange hatte Österreich aus Sicht der Raucher als
Insel der Seligen gegolten. Die immer strikteren Einschränkungen, denen die vom
blauen Dunst Abhängigen in den USA, dem viel gepriesenen ›Land of the Free‹,
mit der Zeit ausgesetzt waren, wurden zunächst sogar von einer konzilianten
Mehrheit der Nichtraucher in diesem Lande milde belächelt.
In Europa war die erste Phase, der Anspruch der Arbeitnehmer
auf einen rauchfreien Arbeitsplatz, noch relativ wenig umstritten gewesen. Als
Nächstes waren die öffentlichen Gebäude und Plätze per Gesetz zu rauchfreien
Zonen erklärt und die Raucher somit immer mehr in die Defensive gedrängt
worden.
Bereits diese Maßnahmen hatten zu einer teilweise immer
absurderen Diskussion darüber geführt, ob es sich beim Qualmen nicht vielleicht
doch um ein grundlegendes Menschenrecht handelte. Gleichrangig etwa mit der
Meinungsfreiheit oder gar ein Ausfluss des Rechts auf Selbstbestimmung, wie
erstaunlich viele Befürworter meinten.
Das war allerdings bei Weitem nichts gegen die Schärfe, die
die Auseinandersetzung angenommen hatte, nachdem die Nichtraucher mit dem Sturm
auf die Gastronomie, der letzten Bastion der Raucher im öffentlichen Raum,
begonnen hatten. Das Spektrum der veröffentlichten Meinungen spannte sich vom
Appell nach mehr Toleranz über Unkenrufe zur angeblichen Gefahr faschistoider
Gleichschalterei bis hin zur Forderung eines totalen Verbotes des Qualmens.
Allein wie der Begriff der Toleranz von den Verfechtern der
These ›Freie Bürger rauchen, wo sie wollen‹ verbogen wurde, war atemberaubend.
Sinngemäß hieß es da: Mich stören die Nichtraucher ja auch nicht, daher kann
ich ja wohl erwarten, dass ich die Nichtraucher ebenfalls nicht störe.
Ja, sogar einzelne sonst durchaus ernst zu nehmende, im
öffentlichen Leben
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