Diamantenschmuggel
Meilen.«
Bob seufzte. Woher Justus das nun schon wieder wusste! Als hätte er erraten, was Bob durch den Kopf ging, setzte Justus hinzu. »Von Dover nach Calais verkehrt nicht nur eine Fähre, sondern das ist auch die Strecke, auf der die Leute den Kanal durchschwimmen. Es ist eben der kürzeste Weg.«
»Wäre doch etwas für dich, oder?« Peter grinste Justus herausfordernd an. Schließlich war Justus zwar alles andere als sportlich, aber ein glänzender Schwimmer, der auf kurzen Distanzen sogar das Sportass Peter Shaw locker abhängte. »Du wirfst dich ins Wasser, und Bob und ich nehmen die Fähre. Wenn du übermorgen ankommst, warten wir auch ganz bestimmt drüben auf dich.«
Der Erste Detektiv schüttelte den Kopf. »So lange würde ich gar nicht brauchen. Unsere Fähre geht erst in drei Stunden, und bis sie in Calais anlegt, braucht sie ungefähr noch mal eineinviertel Stunden. Erstmals wurde die Zeit eines Kanalschwimmers im vergangenen Jahrhundert gestoppt. Er hieß Matthew Webb und es war 1875. Er war knapp zweiundzwanzig Stunden unterwegs.«
Bob fröstelte bei dem Gedanken, fast einen ganzen Tag und eine ganze Nacht lang im kalten Wasser des Ärmelkanals der Küste entgegenzuschwimmen.
»Heute sind die Besten in gut sieben Stunden drüben«, fuhr Justus fort. »Sie schmieren ihren Körper von oben bis unten fingerdick mit Fett ein. Zum Schutz gegen die Kälte und damit das Salzwasser ihre Haut nicht austrocknet. Ein Landsmann von uns, Wolffe war sein Name, hat es übrigens einundzwanzig Mal versucht – und es nie geschafft.«
Im Hafen bewunderten sie lange Quais, stolze Segelschiffe und mächtige Lastkähne. Mit Schwung brachte der Fahrer den Minibus zum Halten. »Alles aussteigen!«, rief er mit breitem Londoner Akzent. »Zweihundert Meter von hier ist die Anlegestelle für die Fähre.«
In der Nähe der Bushaltestelle gab es Schließfächer. Sie verstauten ihr Gepäck darin und bummelten die nächsten zweieinhalb Stunden durch den Hafen. Sie sahen Arbeitern beim Entladen großer Frachtschiffe zu und erlebten die Ankunft von zwei riesigen Passagierdampfern. Glücklicherweise hatte es aufgehört zu regnen.
Als die drei ??? schließlich zu der Stelle kamen, wo ihre Fähre nach Calais ablegen sollte, sahen sie von Weitem ein Schild mit der Aufschrift »Smith«, das ein junger Mann in die Höhe hielt.
Die Reisegesellschaft, mit der sie in den nächsten Tagen zusammen sein würden, hatte sich schon eingefunden. Es war eine kleine Gruppe, sodass sie mit der Vorstellung schnell fertig waren: das Ehepaar Jenkins aus London, wobei Mr Jenkins, ein Mann mit Schnauzbart und schütterem Haar, mit sichtlichem Stolz einen Schottenrock trug und ständig irgendwelche Späße machte, über die aber niemand lachte außer ihm selbst; die Familie Rodriguez aus New Mexico mit den Zwillingsschwestern Martina und Joan, die ausgelassen herumhüpften; sowie Mario und Anna, zwei junge Leute aus Italien, die – wie Peter sogleich mit Kennerblick feststellte – sehr verliebt waren und unentwegt miteinander turtelten.
Nachdem sie an Bord gegangen waren, stellten sich die Jungen an die Reling und beobachteten, wie die Matrosen ihre Vorbereitungen zur Abfahrt trafen. Das Schiff war auf den Namen Europa getauft und hatte eine unglaublich laute Sirene. Kurz vor dem Ablegen tutete sie zweimal so laut, dass sich die Passagiere an Deck die Ohren zuhielten.
»Da hat’s einer aber mächtig eilig.« Peter wies auf einen Mann, der im Laufschritt um die Ecke einer Lagerhalle gebogen war und nun mit wehenden Rockschößen auf die Fähre zurannte. Er ruderte mit den Armen in der Luft, um auf sich aufmerksam zu machen. Aber der Matrose, der gerade das armdicke Tau löste, mit dem die Europa an einem Poller auf dem Quai festgebunden war, merkte nichts.
Peter steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen schrillen Pfiff aus. Der Matrose hob den Kopf und sah zu ihnen hoch. Wortlos zeigte Peter auf den Mann, der auf die Europa zuhastete. Ärgerlich stemmte der Matrose die Hände in die Hüften, wartete aber, bis auch dieser Passagier an Bord war.
Peter runzelte die Stirn. »Den Knaben hab ich schon mal gesehen«, teilte er mit. »Hab nur leider keine Ahnung wo.«
»Wenn du es wissen willst«, warf Justus ein, »sag ich’s dir. Es war im Fahrstuhl im Florida . Als wir drin hängen geblieben sind.«
Die erste halbe Stunde der Fahrt blieben sie an Deck, ließen sich den Wind um die Nasen wehen und genossen es, wieder richtige
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