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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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so etwas erzähle - einem Fremden.«
    »Bitte gestatten Sie mir die Empfehlung, daß Sie sich auf Ihre Instinkte verlassen und mich nicht als einen Fremden betrachten sollten.«
    »Ich hatte einen Urlaubsflirt. Vor vielen, vielen Monaten. Das war alles.«
    »Wo?«
    »In London.« Die Andeutung eines Lächelns huschte über Maggies Gesicht. »Man sollte meinen, da ich hier lebe, würde ich mir ein warmes und sonniges Plätzchen aussuchen. Aber ich ging nach London. Ich schätze, in jedem von uns steckt ein kleiner Viktorianer.
    Es war ein Typ«, fuhr Maggie fort. »Ich war mit zwei Freundinnen in London. Eine war ebenfalls Bürgerin der R. V. R., und die andere, Trish, verließ die R. V. R. vor etwa drei Jahren und wurde Mitbegründerin eines dortigen CryptNet-Knotenpunkts. Sie unterhalten eine kleine Außenstelle unten in Seattle, beim Markt.«
    »Bitte entschuldigen Sie, daß ich mich einmische«, sagte Fiona, »aber könnten Sie so freundlich sein und mir erklären, was Crypt-Net ist? Eine alte Schulfreundin von mir scheint dort Mitglied geworden zu sein.«
    »Eine synthetische Phyle. Höchst geheimnisvoll«, sagte Hackworth.
    »Jede Niederlassung ist unabhängig und in Eigenverwaltung«, sagte Maggie. »Du könntest morgen eine Zweigstelle gründen, wenn du wolltest. Zweigstellen werden durch Verträge definiert. Man unterschreibt einen Vertrag, mit dem man sich verpflichtet, gewisse Dienste zu leisten, wenn es von einem verlangt wird.«
    »Was für Dienste?«
    »Normalerweise werden Daten in den Körper eingespeist. Man verarbeitet die Daten und gibt sie an andere Zweigstellen weiter.
    Trish kam das ganz natürlich vor, weil sie Programmiererin ist wie ich und die meisten anderen Leute hier auch.«
    »Demnach verfügen die Zweigstellen über Computer?«
    »Die Menschen selbst haben Computer, normalerweise in den Körper eingesetzt«, sagte Maggie und rieb sich geistesabwesend den Warzenfortsatz des Schläfenbeins hinter dem Ohr.
    »Demnach ist die Zweigstelle synonym mit der Person?«
    »In vielen Fällen«, sagte Maggie, »aber manchmal handelt es sich auch um mehrere Personen mit implantierten Systemen, die sich innerhalb der Vertrauensgrenzen befinden.«
    »Darf ich fragen, welche Ebene Ihre Freundin Trish erreicht hat?« fragte Hackworth.
    Maggie sah ihn unsicher an: »Vielleicht acht oder neun. Wie auch immer, wir fuhren nach London. Als wir dort waren, beschlossen wir, uns ein paar Shows anzusehen. Ich wollte die großen Produktionen sehen. Die waren schön – wir haben einen tollen Doktor Faustus im Olivier gesehen.«
    »Marlowes?«
    »Ja. Aber Trish hatte ein besonderes Geschick, die ganzen kleinen, schmuddeligen Theater abseits aufzuspüren, die ich in einer Million Jahren nicht gefunden hätte - sie waren nicht gekennzeichnet und machten auch keine Werbung, soweit ich das erkennen konnte. Wir haben ein paar radikale Sachen gesehen - echt radikal.«
    »Ich gehe davon aus, daß Sie das nicht im politischen Sinne meinen«, sagte Hackworth.
    »Nein, ich meine die Inszenierungen. In einer betraten wir ein ausgebombtes Gebäude in Whitechapel, wo überall Leute herumlungerten, dann passierten merkwürdige Dinge, und mir wurde nach einer Weile klar, daß manche der Leute Schauspieler und manche Publikum waren, und wir alle in gewissem Sinne beides. Es war cool - ich schätze, man kann so etwas im Netz ständig bekommen, in einem Raktiven, aber es war soviel besser, mit echten, warmen Körpern ringsum dort zu sein. Ich war glücklich. Wie auch immer, dieser Typ ging zur Bar, um sich eine Pint zu holen, und lud mich zu einer ein. Wir unterhielten uns. Ein Wort ergab das andere. Er war richtig intelligent, richtig sexy. Ein Afrikaner, der eine Menge über das Theater wußte. Es gab Hinterzimmer in dem Gebäude. Einige mit Betten.«
    »Nachdem Sie fertig waren«, sagte Hackworth, »haben Sie da etwas Ungewöhnliches gespürt?«
    Maggie warf den Kopf zurück und lachte, weil sie dachte, Hackworth hätte einen trockenen Sinn für Humor erkennen lassen. Aber es war ihm ernst.
    »Nachdem
wir fertig waren?« fragte sie.
    »Ja. Sagen wir, ein paar Minuten danach.
    Plötzlich wurde Maggie nervös. »Ja, eigentlich schon«, sagte sie. »Mir wurde heiß. Richtig heiß. Wir mußten gehen, weil ich dachte, ich hätte die Grippe oder so. Wir gingen ins Hotel zurück, und ich habe mich ausgezogen und auf den Balkon gestellt. Ich hatte vierzig Fieber. Aber am nächsten Morgen ging es mir gut. Wie seither immer.«
    »Danke,

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