Diana Palmer
hineingezogen wirst und dass dich das so unvorbereitet trifft. Ich habe J.B. schon häufiger gesagt, er soll dich nicht so ausschließen und dir mehr von sich und von uns erzählen. Aber er meinte …“ Marge unterbrach sich. „Er wollte nichts davon wissen.“
Tellie ahnte, was Marge hatte sagen wollen. J.B. hatte erklärt, dass sie nicht zur Familie gehörte und dass sie diese Sachen nichts angingen. „Du brauchst mich auch nicht zu schonen, Marge. Ich habe inzwischen gelernt, so einiges einzustecken.“
„Mit J.B.s Hilfe vermutlich.“
„Er ist nun einmal, wie er ist“, entgegnete Tellie resigniert. „Und ich brauche nach sieben Jahren auch nicht mehr darauf zu warten, dass er mich plötzlich unwiderstehlich findet und sich in mich verliebt.“
Marge drückte ihr die Hände und ließ sie dann los. „Wahrscheinlich ist es ganz gut, dass du jetzt die Wahrheit kennst. Du kannst ihn besser verstehen und brauchst dir keine Gedanken darüber zu machen, dass seine abweisende Haltung etwas mit dir zu tun haben könnte.“
„Da könntest du recht haben. Aber tu mir einen Gefallen und sag ihm nichts davon, dass ich die ganzen Hintergründe erfahren habe.“
„Keine Sorge, bestimmt nicht.“ Nach einer Pause fragte Marge vorsichtig: „Was ist Grange eigentlich für ein Mensch?“
„Geheimnisvoll“, antwortete Tellie nachdenklich, „beunruhigend – ich weiß nicht so recht. Einige sagen, dass er früher bei einer Spezialeinheit war.“
„Aber doch nicht bei der Mafia, oder?“ Es sollte ein Scherz sein, aber ein wenig Sorge schwang in Marges Bemerkung doch mit.
„Seine Drogenkarriere war mit dem Tod seiner Schwester schlagartig zu Ende. So gesehen hat seine Schwester ihm möglicherweise sogar das Leben gerettet. Aber er fühlt sich sicher schuldig, weil sie einen so hohen Preis dafür gezahlt hat.“ Tellie verfiel einen Augenblick lang in Schweigen. Dann meinte sie mit einem Seufzer: „Das war vielleicht ein Tag! Eine Enthüllung nach der anderen. Jetzt wissen wir auch, warum J.B. nach dem Tod seines Vaters so ausgerastet ist. Erinnerst du dich daran? Da hat er vermutlich den Brief gelesen, den euer Vater dem Testament beigefügt hatte.“
Marge ging ein Licht auf. „Natürlich erinnere ich mich daran. J.B. hat sich fürchterlich betrunken. Das war ein Jahr, bevor du die Highschool abgeschlossen hattest. Du warst so tapfer, so jung wie du warst. J.B. hat getobt und randaliert wie ein Verrückter. Er fing an, das Mobiliar zu zertrümmern, und hantierte mit seinem Revolver herum. Du wolltest unbedingt zu ihm gehen, und ich habe dich angeschrien, es nicht zu tun. Aber du hast dich nicht davon abbringen lassen. Du bist einfach zu ihm in sein Zimmer gegangen, hast ihm die Waffe aus der Hand genommen und die Patronen eingesteckt. Ich habe eine wahnsinnige Angst ausgestanden.“
„Ich wusste, dass er mir nichts tun würde, egal, wie betrunken er war.“
„Es war bewundernswert. Dann hast du ihn ins Bett gebracht und bist die ganze Nacht bei ihm geblieben. Das hat auf J.B. Eindruck gemacht. Immer wieder hat er davon gesprochen, dass es das einzige Mal gewesen sei, dass eine Frau ihn umsorgt habe. Ich glaube, das war für ihn deshalb so bedeutsam, weil unsere Mutter ihm wenig mütterliche Gefühle entgegengebracht hat. Sie war mit Leib und Seele Wissenschaftlerin, wofür ich sie übrigens immer sehr bewundert habe. Und sie hat ihr Leben auch buchstäblich für die Wissenschaft hingegeben. Bei einer Versuchsreihe mit einem hochgefährlichen Virus hat sie sich angesteckt – einfach dadurch, dass sie sich mit einer Injektionsnadel gestochen hat. Sie konnte nicht mehr gerettet werden. Und da unser Vater, wie ich dir erzählt habe, auch nicht gerade der Emotionalste war, wuchsen J.B. und ich größtenteils in der Obhut der Hausangestellten auf. Eine davon ist Nell, die bis heute bei J.B. geblieben ist.“
Tellie wirkte nachdenklich. Noch etwas, was sie heute Mittag erfahren hatte, beschäftigte sie. Da die Gelegenheit gerade günstig war, in Ruhe mit Marge zu sprechen, musste sie sie nutzen. „Barbara ist doch eine gute Freundin von dir, nicht wahr?“, begann sie vorsichtig.
„Oh ja, sie ist die einzige meiner alten Freundinnen, die mit mir hier in Jacobsville geblieben ist. Alle anderen sind weggezogen. Dass sie einmal ein Café oder ein kleines Restaurant aufmacht, war immer ihr Traum. Davon hat sie uns schon in unserer Schulzeit erzählt.“
„Ich habe auch das Gefühl, dass sie dafür geboren
Weitere Kostenlose Bücher