Diana Palmer
daraus, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. Es musste etwas mit dieser ominösen Bella zu tun haben.
„Zerbrechen Sie sich nicht so sehr Ihren hübschen Kopf“, meinte Nell schließlich.
„War es ein schlimmer Streit?“
Nell zog ein Gesicht, da Tellie nicht locker ließ. „Das könnte man so sagen, ja. Aber mehr kann ich Ihnen nun beim besten Willen nicht verraten. Ich bekomme sonst den größten Ärger. Und ich weiß auch nicht, ob es wirklich gut ist für Sie, wenn zu viel auf einmal auf Sie einstürmt. Da hat Dr. Coltrain wahrscheinlich recht. Er hat ausdrücklich davor gewarnt.“
Tellie nagte nachdenklich an ihrer Unterlippe. Sie war, wie sie ja nun erfahren hatte, zweiundzwanzig Jahre und keine siebzehn. Was genau war vor ihrem Unfall gewesen? „Ich gehe doch aufs College, nicht? Oder habe ich einen Job?“, fragte sie Nell.
Wieder zögerte Nell mit einer Antwort. „Beides“, sagte sie endlich. „Sie haben Semesterferien und bei den Ballengers in der Rindermast im Büro einen Aushilfsjob. Daher kennen Sie auch Grange.“
Ein kaum merklicher Schimmer erhellte Tellies Gedächtnis. Da war etwas zwischen J.B. und Grange, wobei es auch um eine Frau ging, aber nicht um Bella. Es war so etwas wie ein düsteres Geheimnis. Ihr Kopf begann zu schmerzen, und sie fasste sich an die Schläfen.
Nell trat zu ihr und nahm sie bei den Schultern. „Jetzt ist aber Schluss mit dieser Fragerei. Wir machen das Zimmer fertig und dann backe ich einen Schokoladenkuchen. Wenn Sie wollen, können wir ja Grange einladen. J.B. stört uns heute nicht mehr.“
Tellies Miene hellte sich auf. „Das ist eine hervorragende Idee.“
„Dann rufen wir ihn gleich an, wenn wir hier fertig sind.“
So wurde es gemacht. Grange nahm die Einladung begeistert an, und Tellie freute sich, dass er kam. Ein Gefühl der Sympathie und der Wärme erfüllte sie, als sie ihn begrüßte, ein ganz anderes Gefühl allerdings als die ungestüme Leidenschaft, die von ihr Besitz ergriff, wenn sie an J.B.s Küsse gestern Abend dachte.
Tellie hatte in ihrem Koffer, aus dem sie zurzeit lebte, ein hübsches rosa Kleid mit Streifenmuster gefunden, das sie jetzt trug. Dazu hatte sie ein dezentes Make-up aufgelegt. Auch Grange hatte sich fein gemacht. Er trug eine Tuchhose, ein sportliches Sakko und ein weißes Hemd mit Krawatte und machte darin eine sehr gute Figur.
„Klasse sehen Sie aus“, stellte Tellie mit aufrichtiger Bewunderung fest.
„Das Kompliment kann ich nur zurückgeben“, antwortete Grange. Dann überreichte er ihr einen großen Blumenstrauß, den er bisher hinter dem Rücken verborgen hatte.
Tellie bedankte sich strahlend. „Das wäre aber nicht nötig gewesen“, meinte sie.
„Sie lieben doch Blumen. Da dachte ich, dann kann man nicht genug davon haben.“
Tellie warf ihm einen Blick von der Seite zu. „Oder machen Sie das auch ein bisschen, um J.B. zu ärgern?“ Sie lächelte verschmitzt.
„Ihnen bleibt aber auch nichts verborgen, was?“, lachte Grange.
Sie gingen ins Esszimmer, wo der Tisch schon gedeckt war. Tellie forderte ihn auf, schon einmal Platz zu nehmen, während sie die Blumen ins Wasser stellte. „Gleich gibt es Schokoladenkuchen“, kündigte sie an. „Nell und ich haben ihn selbst gebacken. Wir haben Albert aus der Küche gejagt. Wahrscheinlich ist er jetzt draußen bei den Goldfischen und überlegt sich, ob er sich die Pulsadern aufschneiden soll.“
„Erzählen Sie doch nicht so etwas!“, rief Nell aus, die in diesem Augenblick mit dem Kuchen das Zimmer betrat.
„Tut mir leid“, sagte Tellie, „ich konnte einfach nicht anders. Albert ist aber auch so etwas von stur. Er tut so, als ob die Küche ihm allein gehört.“
„Das könnte ihm so passen. Aber nicht, solange ich hier bin. Bald bin ich weg – dann kann Albert machen, was er will.“
Bald bin ich weg. Regungslos stand Tellie da und starrte mit leerem Blick vor sich hin. Nell hatte gekündigt. Sie war außer sich gewesen vor Wut. J.B. hatte sie angeschrien, sie hatte bitterlich geweint und war hinausgerannt. Es hatte heftig geregnet …
Grange sprang hinzu und schaffte es gerade noch, Tellie aufzufangen, bevor sie zu Boden sank. Vorsichtig hob er sie auf die Arme und trug sie ins Wohnzimmer hinüber. Dort legte er sie behutsam auf das Sofa. Nell war hinausgelaufen, um einen nassen Lappen zu holen.
Tellie stöhnte leise, als sie die Augen wieder aufschlug. Nach einigen Augenblicken, die sie brauchte, um sich zu besinnen, sagte sie
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