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Dicke Hose (German Edition)

Dicke Hose (German Edition)

Titel: Dicke Hose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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gern …»
    «Wusste ich es doch! Finde ich toll, dass du dich was traust.» Hochzufrieden nickt Victoria mir zu. «Endlich mal ein Kerl, der keine Angst hat, für schwul gehalten zu werden, nur weil er eine bunte Hose trägt. Also: Gelb oder Pink?»
    Eigentlich immer noch am liebsten Schwarz.
    «Ich schätze mal, du wählst Gelb. Auch wenn ich persönlich Pink schöner fände. Passt besser zu deinem Teint. Für einen Italiener bist du ja recht hellhäutig.»
    Also, das schlägt doch dem Fass den Boden aus. Hellhäutig lasse ich vielleicht gerade noch so durchgehen, aber ich und Pink? Das wäre ja, als würde die Fußballnationalmannschaft demnächst im Röckchen spielen. Abartig!
    «Auf keinen Fall Pink!»
    «Okay, dann also Gelb.»
    Victoria eilt zur Kleiderstange, pickt einen Kleidersack heraus und hängt ihn im Anschluss in die Kabine. Mich schiebt sie gleich hinterher. «Der Anzug sollte dir passen, probier mal.» Unerbittlich schließt sie den Vorhang.
    In meinem Kopf schrillen die Alarmglocken: Ich sag nur: Konfirmationsanzug!
    Hat sie außerdem eben gesagt, sie würde Pink bevorzugen? Dingdong, Divenalarm! Ich werde einen Teufel tun und sie nach einem Date fragen!
    «Es ist auch ein Hemd dabei», höre ich sie dumpf sprechen. «Und während du dich anziehst, suche ich dir noch eine geeignete Krawatte dazu heraus.»
    Möglicherweise war die Erwähnung meiner Verwandtschaftsverhältnisse doch kein so genialer Schachzug. Jetzt hält sie mich für einen mutigen, modelustigen Italiener mit Hang zum Sorbetessen. Für einen, der sich was traut, im Gegensatz zu dem eierschalfarbenen Spock oben im Verkaufsraum.
    Mit gemischten Gefühlen beginne ich, mein Jeanshemd aufzuknöpfen. Nebenbei begutachte ich die Umkleidekabine, für die Haremsgemach eine weit bessere Bezeichnung wäre. Alles in allem hat man hier drinnen schätzungsweise zehn Quadratmeter zur Verfügung, die Wände sind tapeziert und mit pompösen Spiegeln, einer schmalen Anrichte mit Papiertüchern und sogar einem kleinen, eingelassenen Flachbildfernseher bestückt. Was für eine Verschwendung!
    Das Ganze wird mir immer unheimlicher. Ich möchte eigentlich auch gar keine anderen Klamotten tragen als meine eigenen. Warum auch? Nur wegen der blöden Aktionswoche? Die Idee ist doch todsicher auf Victorias Mist gewachsen. Einem Mann wäre von vornherein klar gewesen, dass es totaler Bullshit ist, seine Geschlechtsgenossen durch lebende Werbefiguren zu einem Spontankauf zu bewegen. Kein Mann kauft sich spontan einen Anzug, nicht mal, wenn er sorbet- oder wie auch immer farben ist. Auch keiner, der sich was traut . Männer kaufen vielleicht spontan einen Hamburger. Oder einen Liter Motoröl, wenn er an der Tankstelle im Angebot ist. Aber NIEMALS einen Anzug. Für einen derartigen Kauf muss es einen triftigen Grund geben. Eine Hochzeit, beispielsweise. Oder eine Beerdigung. Dann geht der Mann in ein Geschäft seiner Wahl und fragt nach einem Modell in der bevorzugten Preisklasse. KEINESWEGS fragt er nach der Farbe! Falls Größe oder Preis nicht stimmen, kauft er stattdessen lieber den Hamburger. Und UNTER KEINEN UMSTÄNDEN würde der Mann am selben Tag einen weiteren Klamottenladen aufsuchen. Dafür ist ihm seine Zeit zu schade.
    Es macht folglich gar keinen Sinn, dass ich mich umziehe. Ich werde Victoria diese simple Logik erläutern. Diese Frau muss definitiv mal jemand in ihre Schranken weisen. Nur weil Flo nicht anwesend ist, denkt die doch glatt, sie kann hier total ausflippen.
    «Kommst du klar?», flötet sie hinter dem Vorhang. «Schön, dass du so selbstbewusst bist und dich für den Sorbet-Trend entschieden hast.»
    Also, von entschieden kann ja wohl kaum die Rede sein. Andererseits möchte ich das Bild, das sie von mir als selbstbewusstem, modemutigem Sohn des Hauses hat, jetzt ungern revidieren. Ich könnte also zumindest mal schauen, was sie mir ausgesucht hat, dann sehen wir weiter.
    Misstrauisch öffne ich den Reißverschluss des Kleidersacks. Drinnen befindet sich, genau wie Victoria es angekündigt hatte, etwas Gelbes. Ein Anzug. Ein gelber Anzug. Nein, er ist nicht gelb, er ist kanariengelb. Ein komplettes Outfit in einer Farbe, in der nicht mal ein schwuler Postbeamter zur Christopher-Street-Day-Parade gehen würde. Sogar das Hemd ist gelb, nur heller. Als hätte ein nierenkranker Rentner eine Baumwollplantage bepinkelt. Oder als hätte das Teil zu lange in einem Zimmer mit Südwest-Ausrichtung am Fenster gehangen, um es mal mit Britneys

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