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Dicke Hose (German Edition)

Dicke Hose (German Edition)

Titel: Dicke Hose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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aber dürfte ich vielleicht trotzdem noch deine Papiere sehen? Du weißt schon, Lebenslauf und ein paar Zeugnisse und so. Reine Routine, ich werde den Teufel tun, jemanden mit deinen Vorkenntnissen wieder gehen zu lassen.»
    Augenblicklich verklumpt das Blei in meinem Kopf und sackt mit Schwung in Richtung Kniekehlen. Fast wäre ich dabei zu Boden gegangen.
    Sie möchte WAS sehen? Meine Papiere? Warum? Ich komme doch auf Empfehlung des Chefs!
    «Also, äh … ich habe jetzt gar nichts dabei.» Unsicher sehe ich von ihr zu Kai. «Alles kam so plötzlich, und … ich lebe ja eigentlich in … äh, München.»
    «Verstehe», sagt Victoria und schweigt kurz. Mein Gott. Die Frau kann schweigen und verstehen. Ich sollte wirklich dringend mit ihr ausgehen. Doch plötzlich runzelt sie die Stirn. «Also, ich weiß, du kommst auf Empfehlung, und Florian hat mich ja gestern auch extra noch angerufen.» Sie scheint noch einmal über alles nachzudenken. «Aber letzten Endes bin ich natürlich verantwortlich für den Laden. Es scheint mir am besten zu sein, wenn ich schnell den Senior informiere, damit er auch Bescheid weiß.»
    Irgendwie komme ich jetzt nicht mehr ganz mit. Warum glaubt Victoria, sie sei verantwortlich? Wie viel Verantwortung kann denn eine erste Verkäuferin tragen? Ich bin doch in Vertretung des Geschäftsführers hier. Gut, ich habe gerade freiwillig darauf verzichtet, den Obermacker raushängen zu lassen, aber muss ich deswegen gleich meinen Pass vorzeigen?
    Dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Auf keinen Fall darf Victoria bei Florians Vater anrufen! Ich erinnere mich noch sehr genau daran, was mein Kumpel gesagt hat: Sein Vater darf nichts von unserem Deal erfahren. Also kein Anruf. Unter keinen Umständen! Ich möchte schließlich nicht die Schuld an einer tödlichen Dosis Aufregung und damit womöglich die Verantwortung für eine ganze Sippe Infarkt-Toter tragen.
    «Das … äh … wird nicht nötig sein», bricht es aus mir heraus, ohne dass der Gedanke fertig gedacht wäre. Wie kann ich mich also – ohne geeignete Zeugnisse und ohne die Geschäftsführerfrage noch einmal neu zu diskutieren – als vertrauenswürdig und kompetent ausweisen? Es müsste etwas sein, das mich außerdem vor weiteren Fragen bewahrt und einen Anruf bei Florians Vater nicht nur unnötig, sondern geradezu unmöglich macht. Mmh, vielleicht in dem ich persönlich …
    «Wenn du willst, rufe ich schnell selbst in Mailand an und erkläre alles.» Wir haben die Kellertreppe erreicht. «Es ist nicht gut, wenn wir … äh … Papa so aufregen. Er sollte auch nicht erfahren, dass Flo krank ist. Denn ganz unter uns: Um das Herz unseres Vaters ist es nicht zum Besten bestellt.»
    Victoria horcht auf. «Papa? Heißt das, du bist …»
    «Florians Bruder, ganz genau.» Es kommt mir nicht so leicht über die Lippen, wie ich möchte, aber immerhin, es kommt. Innerlich beglückwünsche ich mich zu dieser Idee. Damit sind alle lästigen Fragen aus der Welt geschaffen.
    «Ich dachte, der heißt Felipe und –»
    Okay, fast alle.
    Ich schlage die Hacken zusammen. «Gestatten: Felipe Alexander Held-Micolucci. So lautet mein voller Name.»
    Victorias Stirn ist eine einzige Kraterlandschaft. «… und lebt in der Schweiz!»
    Herrje, wie hartnäckig ist die denn?
    «Ach, den meinst du, den Pippo.» Ich gebe ein selbstsicheres Gackern von mir. «Stimmt, den gibt es ja auch noch. Lange nichts gehört von ihm. Hat sich geradezu eingegraben in … äh … der Schweiz.»
    Victoria sieht in keiner Weise überzeugt aus.
    «Ich bin der andere Bruder», füge ich schnell hinzu. «Der Alex. Ist etwas verzwickt. Wir sind nur so halbe Geschwister, also … äh, Halbgeschwister eben. Deshalb heißt Florian ja auch Micolucci mit Nachnamen, und ich trage Mamas Namen. Held.»
    Jetzt, da ich es ausspreche, kommt es mir gar nicht mehr so abwegig vor. Ich meine, wir leben schließlich in Zeiten von Patchworkfamilien, da ist das hier doch keine Besonderheit. Außerdem wird mir gerade auf wundersame Weise die Entstehung des Boutiquennamens bewusst. Miucci ist eine Abkürzung des Familiennamens. Logisch.
    Während ich noch über italienische Namen im Allgemeinen und meinen, Alexander Held-Micolucci, im Besonderen nachdenke, macht Victoria eine merkwürdige Wandlung durch. War sie gerade eben noch herzlich und freundlich, wirkt sie nun auf einmal so, als müsse sie sich zusammenreißen, um mir nicht ins Gesicht zu spucken. Ihr eingefrorenes Lächeln

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