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Dicke Luft auf Schreckenstein

Dicke Luft auf Schreckenstein

Titel: Dicke Luft auf Schreckenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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am Schluß ins Spiel gekommen sind, eine fruchtbare Auseinandersetzung. Richtig demokratisch. Die Standpunkte sind jetzt klar, und wir alle brauchen eine Denkpause. Danach werden wir weitersehen…“
     
    Andi hatte sich alles gründlich überlegt. Gleich nach der letzten Unterrichtsstunde hatte er sich bei Schulkapitän Ottokar abgemeldet und rollte nun, von niemandem gesehen, auf seiner Rennmaschine über die Zugbrücke in Richtung Rosenfels davon. Sein nächtlicher Fund, der große Ring, gehörte, bei Tag besehen, nicht an eine dicke Vorhangstange, vielmehr, wie eingearbeitete Verzierungen erkennen ließen, an einen schlanken Mädchenarm. Damit war er ein Beweisstück ersten Ranges.
    Gewitzt im Umgang mit den Rosenfelserinnen, wollte Andi ihn nur vor Zeugen zurückgeben. Auch Lehrerinnen sollten dabei zugegen sein. Die Verliererin könnte sonst nach Aushändigung alles abstreiten, und die andern würden so tun, als wüßten sie von nichts.
    Sein teures Rad versteckte Andi sicherheitshalber in einem Busch und legte die letzten hundert Meter zu Fuß zurück. Die Mädchen, Fräulein Doktor Horn und die Lehrerinnen drehten die Köpfe und hörten zu kauen auf, als plötzlich der Ritter in ihrem Eßsaal stand.
    „Mahlzeit!“ rief Andi möglichst unbefangen. „Ich habe da einen Armreif gefunden und wollte fragen, wem er gehört.“ Er hielt ihn hoch, verschwieg aber, bei welcher Gelegenheit er ihn gefunden hatte. Es gab Unruhe, Mädchen tuschelten, doch niemand meldete sich.
    Fräulein Doktor Horn setzte ihren Vogelblick auf. „Soso. Ist das der wahre Grund, hier aufzukreuzen? Bei euch wird doch auch gerade gegessen. Oder nicht?“
    „Später hab ich zu tun“, antwortete Andi prompt.
    Das schien ihr einzuleuchten. „Aber wieso glaubst du, jemand von uns müsse ihn verloren haben?“
    „Es wäre ja möglich“, meinte Andi. „Wir tragen keine Armreife.“
    Bei leisem Gekicher forschte die Leiterin weiter. „Wo hast du ihn denn gefunden?“
    „Auf einer Treppe“, wich Andi aus. „Ich dachte zuerst, es sei ein Vorhangring.“
    Da kicherten sie wieder. Auch Fräulein Doktor Horn schaute ungewohnt mild. „Zeig mal her!“
    Zögernd trat Andi an den Tisch und gab den Armreif aus der Hand. Jetzt sieht sie aus wie Mauersäge mit Haarknoten! dachte er, wahrend die Leiterin den Reif betrachtete. Auch sie hielt ihn hoch und fragte zweimal, ob ihn jemand vermisse.
    Die Spannung im Raum knisterte förmlich, doch die Mädchen schwiegen.
    „Na schön“, sagte die Leiterin. „Laß ihn da. Vielleicht meldet sich die Besitzerin noch.“
    Schneller als er denken konnte, hatte Andi zugegriffen und den Reif in seine Tasche gesteckt.
    Wie ausgestopft sah Fräulein Doktor Horn ihn an. „Was fällt dir ein?“
    „Ich gebe ihn selber zurück“, antwortete Andi entschieden, „als ehrlicher Finder…“
    Weiter kam er nicht. Die Spannung löste sich in lautem Gelächter auf.
    Sogar die Leiterin lächelte. „Wie bescheiden von dir, dich selbst so zu bezeichnen! Aber ihr habt es ja nötig, eure Ehrlichkeit zu betonen. Wie mir berichtet wurde, sollt ihr beim Lügen erwischt worden sein…“
    In diesem Punkt verstanden die Ritter überhaupt keinen Spaß. „Wer hat das behauptet?“ begehrte Andi auf. „Gestern abend in der Wirtschaft kann’s wohl nicht gewesen sein.“
    Mit starrem Vogelblick sah sie ihn an. „Ich lasse mich von dir nicht examinieren!“
    Damit konnte sie Andi jedoch nicht einschüchtern. „Sie haben das heute morgen gehört!“ rief er.
    Seine Bestimmtheit wirkte. „Ich… ich weiß nicht, wovon du sprichst.“
    „Sie wissen es ganz genau!“ beharrte er. „Sie sind angerufen worden wegen der verkeilten Türen!“
    Einige Mädchen erschraken hörbar.
    Langsam verwandelte sich der starre Vogelblick in listiges Blinzeln. „Jetzt hat du dich verraten!“ triumphierte sie. „Du gibst also zu, daß ihr’s gewesen seid. Das werde ich sofort hinübertelefonieren!“
    Fix drehte Andi den Spieß um. „Sie haben sich verraten! Sie haben behauptet, sie wüßten von nichts. Ganz Rosenfels ist mein Zeuge!“
    Es rumorte im Saal. Martina gab einen spitzen Laut von sich, Beatrix gestikulierte wild. Nur Sonja Waldmann, die junge Musiklehrerin am anderen Ende des Tisches, saß wie versteinert da.
    Fräulein Doktor Horn hatte sich erhoben. Ohne ein weiteres Wort, ohne einen Blick verließ sie mit festem Schritt den Saal.
    Schnell raus hier! dachte Andi und rannte hinterher. Nicht um sie einzuholen und sich zu

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