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Die 10. Symphonie

Die 10. Symphonie

Titel: Die 10. Symphonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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verhinderte er, dass ich mich in sein kleines Gruselkabinett einschleichen und ihm dieses kleine Andenken dalassen konnte.«
    Pontones hielt Daniel ein kleines Fl äschchen vors Gesicht, mit etwas Blut und einem weißen Haarbüschelchen. »Das ist von Thomas. Wir haben an alles gedacht.« Instinktiv wandte Daniel den Blick von der abstoßenden Probe ab und richtete ihn wieder auf das grausige Fallbeil der Guillotine. Geduldig wartete es dort oben auf den Moment, in dem der Henker es aus seiner Verriegelung befreien würde.
    »Keine Angst, Daniel. Es kann sich auf keinen Fall von selbst lösen, siehst du?«
    Energisch r üttelte der Gerichtsmediziner an dem Holzrahmen, und mit ihm erzitterte Daniels auf dem Brett festgebundener Körper.
    »Du kannst dein Köpfchen heute Abend also nur verlieren, wenn Susana oder ich Lust bekommen, diesen Hebel zu betätigen, durch den der schwere Klotz gelöst würde, an den die Schneide angeschraubt ist. Die Franzosen nennen das Ding mouton, Hammel - weiß Gott, warum. Es ist dreißig Kilo schwer. Dazu kommen die sieben, die das Fallbeil wiegt. Die drei Schrauben, mit denen es am mouton befestigt ist, wiegen auch noch jeweils ein Kilo. Diese vierzig Kilo fallen mit einer derartigen Geschwindigkeit auf dich herunter, dass dein Kopf bis zu dreißig Sekunden, nachdem er abgetrennt wurde, bei Bewusstsein bleibt. Sollen wir es einmal ausprobieren?«
    »Sind Sie vollkommen wahnsinnig geworden?«, schrie Daniel.
    »Als wir Thomas den Kopf abgetrennt haben, um ihn bequemer rasieren zu können, versuchte er sogar, etwas zu sagen - erinnerst du dich, Susi? Ich glaube, er wollte etwas Unflätiges sagen, aber der arme Teufel konnte nur die Lippen bewegen. Selbst wenn die Stimmbänder noch intakt gewesen wären - was nicht der Fall war -, hätten sie ohne die Luft aus der Lunge nicht vibrieren können. Und die ist natürlich auf der anderen Seite der Lünetten geblieben.« Pontones pulte sich mit dem kleinen Finger in den oberen Backenzähnen herum.
    »Was wollt ihr von mir?«, keuchte Daniel. Ihn ekelte die Zahnreinigung seines Entführers, als hätte er keine anderen Sorgen.
    »Den Schlüssel zur Entzifferung des Codes, Daniel«, antwortete die Richterin.
    »Ich habe ihn nicht. Ich habe dir doch gesagt, dass ich nur einen Teil entziffern konnte.«
    »Also bitte, wer sollte dir nach deinem Gespräch mit Inspector Mateos noch Glauben schenken?«, sagte Pontones.
    Er nahm ein Blatt Papier aus einer Tasche seines Jacketts und hielt es Daniel vors Gesicht. Es war die Abschrift der Noten, die sich Thomas auf den Kopf hatte t ätowieren lassen.
    »Wir benötigen zwölf weitere Zahlen, Champion. Denke, grüble, sinniere. Kurbel deine musikwissenschaftliche Denkmaschine an, wenn du sie nicht heute Nacht noch verlieren möchtest.«
    H öhnisch wedelte er mit dem Blatt vor den Augen seines Opfers herum. Auf einmal schimmerte Wahnsinn durch: Er schien ganz zu vergessen, dass er mit Daniel sprach, und wandte sich in verändertem Ton an seine Komplizin: »Was meinst du, Susana, hätten wir die Guillotine nicht lieber rot anstreichen sollen?« Und dann, wieder zu Daniel:
    »Anfangs wurde sie nämlich in dieser Farbe gestrichen, wusstest du das? Rate mal, was es mich gekostet hat, die Pläne für so ein Schätzchen zu bekommen, das dir schneller, als du blinzeln kannst, den Kopf abschneidet? 38 Dollar! 38 läppische Dollar, und schon hast du einen authentischen Nachbau eines Modells von 1792 im PDF-Format.«
    Wieder stocherte sich der Gerichtsmediziner im Mund herum, bevor er weitersprach: »Das hier ist natürlich eine etwas kleinere Ausführung. Der Dachboden ist zwar recht hoch dort, wo die Schr ägen zusammenlaufen, aber ich musste den Rahmen trotzdem einen halben Meter kleiner bauen. Eine, sagen wir, ordnungsgemäße Guillotine misst vier Meter. Du fragst dich, ob die Tatsache, dass die Schneide aus geringerer Höhe fällt, Auswirkungen auf die Schlagkraft hat? Nun, mit Thomas' Hals gab es keine Probleme, nicht wahr, Susana? Denn dieser Mistkerl hatte einen schlanken Hals, nicht so einen Stiernacken wie du. Bei dir müssen wir das Beil möglicherweise zweimal fallen lassen.«
    Daniel versuchte das Gerede nach M öglichkeit auszublenden und überlegte fieberhaft, wie er den beiden zwölf möglichst plausible Zahlen nennen konnte, um seine Haut zu retten. Das Wissen um seinen möglichen nahen Tod bewirkte einen Adrenalinausstoß, der seine Denkfähigkeit verzehnfachte.
    »Zeig mir die Noten noch einmal«,

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