Die 101 haeufigsten Fehler im Deutschen
gekommen zu sein. Denn in der Standardsprache heißt es immer noch: Beim Infinitiv gibt’s ein
zu
:
Mit so einem Gesicht brauchst du gar nicht erst anzutreten. Die Rekruten brauchten bloß die Bierflaschen einzusammeln
. Die 3. Person Singular bekommt ein -
t
:
Dieser Schlag ins Wasser braucht dich nicht zu wundern. Das Notstromaggregat braucht erst nach dem dritten Versuch eingeschaltet zu werden
. Und der Konjunktiv II wird ohne Umlaut gebildet:
Nach dem zweiten Versuch brauchte das Notstromaggregat noch nicht eingeschaltet zu werden
. Allenfalls beim
zu
des Infinitivs zeigen sich Tendenzen, es vielleicht doch schon mal – wie in der Umgangssprache häufig – wegzulassen.
Anmerkung: Die Perfektzeiten von
nicht brauchen
+ Infinitiv werden auch standardsprachlich wie die der Modalverben nicht – wie sonst üblich – mit Partizip II gebildet:
Die Rekruten haben bloß die Bierflaschen eingesammelt
, sondern mit dem Infinitiv:
Die Rekruten haben bloß die Bierflaschen einzusammeln brauchen
.
85. Waren die letzten Tour-de-France-Sieger alle bis zum Überlaufen mit Epo, Testosteron und mit was sonst noch abgefüllt – also auch der alte und [der] neue?
Nicht mögliche Auslassungen (Ellipsen)
Wer sich die Fähigkeit erhalten hat, Realitäten zu ignorieren, wird auch gegenwärtig noch unbeschwert
den alten und den neuen Tour-de-France-Sieger
feiern können. Schwieriger wird es vielleicht, wenn man
den alten und neuen Tour-de-France-Sieger
feiern möchte. Denn bei dem Ausdruck
den alten und den neuen Tour-de-France-Sieger
handelt es sich eventuell um zwei Sieger, beim Ausdruck
den alten und neuen Tour-de-France-Sieger
auf jeden Fall um einen. Und ob noch einmal ein Radfahrer zweimal hintereinander eine Tour gewinnt, wird ja unwahrscheinlich, wenn es Sitte wird, dem Sieger den Sieg wegen Dopings abzuerkennen. Grammatisch geht es aber nur darum, dass es in einem Fall wie unserem nichtmöglich ist, den Artikel wegzulassen, wenn man zwei verschiedene Gegenstände/Personen meint.
Dagegen ist es durchaus möglich, wenn auch nicht unbedingt üblich, in zusammengefassten Sätzen von zwei Verbformen eine auszusparen, auch wenn die Formen eigentlich nicht übereinstimmen:
Waren die letzten Tour-de-France-Sieger alle bis zum Überlaufen mit Epo, Testosteron und mit was sonst noch abgefüllt – also auch der neue/der alte und neue?
statt eigentlich:
... – also war auch der neue/der alte und neue mit dem Zeug abgefüllt?
Oder:
Annelie übernachtet im Kinderzimmer, Anne und Jürgen in der Scheune
statt eigentlich:
Annelie übernachtet im Kinderzimmer, Anne und Jürgen übernachten in der Scheune.
Nicht möglich ist eine solche Auslassung der Verbform, wenn die identischen Verbformen unterschiedlichen Konstruktionen angehören, Unterschiedliches bedeuten: *
Die Polizistin hielt sowohl das Auto an als auch den Fahrer, nicht so zu rasen
.
Anmerkung: Die in der normalen Rede nicht mögliche Auslassung einer Verbform wird – meist (wenn auch nicht immer) in humoristischer Absicht – als Stilmittel, Zeugma, bewusst eingesetzt:
Tom Smith nahm seinen Mantel, seinen Hut, seinen Abschied, keine Notiz von seinen Freunden, einen Wagen, den Revolver aus der Tasche und sich das Leben
(nach Mark Twain).
86. Mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Roboter wären denkfähig . Aber sind sie auch denkbar ?
Wortbildungen mit -fähig und -bar
Adjektive, die aus einem Verbstamm + -
bar
bestehen, werden in der Regel passivisch verwendet:
ein durchaus lernbares Programm
= ein Programm, das durchaus gelernt werden kann. Weitere Beispiele:
annehmbar, dehnbar, denkbar, recycelbar, unfassbar, zerlegbar
usw.
Dagegen haben Adjektive, die aus einem Verbstamm + -
fähig
bestehen, in der Regel eine aktive Bedeutung:
ein lernfähiger Regieassistent
= ein Regieassistent, der lernen kann. Weitere Beispiele:
denkfähig, erbfähig, leitfähig, saugfähig
usw.
Allerdings gibt es in beiden Gruppen Ausnahmen. So werden die folgenden beiden Adjektive aus Verbstamm + -
bar
durchaus aktivischverwendet:
brennbar, explodierbar,
und andererseits haben die beiden folgenden aus Verbstamm + -
fähig
eine passive Bedeutung:
strapazierfähig, streichfähig
.
Anmerkung: Während die überwiegende Anzahl der Bildungen mit -
bar
von Verbstämmen abgeleitet ist:
anspielbar, belastbar, essbar, greifbar, lesbar, wiederverwendbar
usw., ist bei -
fähig
die Ableitung von Verbstämmen eher selten. Hier spielen Substantive die viel, viel größere
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