Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die 101 wichtigsten Fragen - die Bibel

Die 101 wichtigsten Fragen - die Bibel

Titel: Die 101 wichtigsten Fragen - die Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Lang
Vom Netzwerk:
deine Strahlen sind auf der Erde.
    Du bist im Blickfeld, deinen Lauf aber kann man dennoch nicht kennen.
    Gehst du unter im Westhorizont, ist das Land in Finsternis, im Zustand des Todes.
    Die Schlafenden sind in der Kammer, die Häupter (von Dunkelheit) verhüllt,
    nicht ein Auge kann das andere erblicken.…
    Am Morgen aber, sobald du aufgegangen bist am Horizont und als Sonne am Tage leuchtest,
    vertreibst du die Finsternis und sendest deine Strahlen aus! …
    Alles Vieh ist zufrieden mit seinem Futter, Bäume und Gräser gedeihen.
    Die Vögel sind aus ihren Nestern aufgeflogen, ihre Flügel sind Lobpreis für deinen Ka (Geist)! …
    Wie zahlreich ist doch, was du schaffst, auch wenn es dem Blick verborgen bleibt!
    Ähnlich wie Aton, die Sonnenscheibe, ist in Psalm 104 Jahwe, der Gott Israels, Herr über die Natur, die Pharao Echnaton um 1345 v. Chr. in schwungvoller, anschaulicher Sprache besingt. Zweifellos hat sich der biblische Dichter an ägyptischen Motiven orientiert und auf diese Weise Echnaton zum Mitverfasser der Psalmen gemacht. Doch nicht nur Ägypten hat an den Psalmen mitgewirkt; auch babylonischem Gebetsgut begegnen wir oft. Ein an die Göttin Ischtar gerichtetes Gebet enthält Zeilen, die auch in den Psalmen stehen könnten: «Wie lange noch, o meine Herrin, sollen meine Feinde mich finster anblicken, sollen sie mit Lüge und Betrug Schlimmes gegen mich planen, sollen meine Verfolger und Neider über mich frohlocken?» (
Religionsgeschichtliches Textbuch zum Alten Testament
, Göttingen 1975, 135)
    Die beiden Themen «Gottes Walten in der Natur» und «der Einzelne und sein Gott» haben die Psalmen tatsächlich mit Ägypten und Babylonien gemeinsam. Biblisches Eigengut ist aber gut vertreten. In nicht wenigen Liedern wird Israels Heilsgeschichte zum Gegenstand frommer Betrachtung: Jahwe hat Abraham, Isaak und Jakob, die Stammväter des Volkes, erwählt und ihnen Landbesitz verheißen; an die Erzählung von Josef in Ägypten wird erinnert, an die Befreiung aus Ägypten und an Mose; selbst des Widerstandes gegen Mose auf der Wanderung durch die Wüste wird gedacht. Erinnert wird auch an die Eroberung Palästinas und die Verheißung immerwährender Herrschaft, die König David gegeben wurde. Doch schließlich hat Gott sein sündiges Volk verstoßen. Die Feinde konnten Jerusalem erobern. So endet mancher Psalm mit der Klage über das Geschick des Volkes Israel – und mit der Hoffnung auf eine große Wende.
    30. Was erwarten die Psalmen vom Messias? Im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. wurden die Psalmen zu einem Buch zusammengestellt. Zu dieser Zeit lebte das Volk der Bibel teils zerstreut in vielen Ländern, teils in Palästina unter der Herrschaft der Ptolemäer und Seleukiden. Einen eigenen König hatte es nicht. Doch manche Kreise erwarteten einen neuen König der Juden. Ihm wurde der Titel «Messias» beigelegt, ein alter Ehrentitel; seine Bedeutung «der Gesalbte» spielt auf das Ritual der Amtseinführung an, bei dem eine feierliche Salbung mit geweihtem Öl erfolgte. Ein Porträt des erhofften Königs wird in den ersten beiden Psalmen gegeben.
    Der die Sammlung eröffnende Psalm 1 entwirft das Bild eines einsamen Lesers, der sich im stillen Gelehrtenglück Tag und Nacht über seine Schriftrollen beugt und nichts anderes als das Studium religiöser Texte im Sinn hat. Wie ein Baum nur gedeihen kann, wenn er am Ufer eines Baches steht, so gedeiht ein Mensch nur, wenn er in der Nähe der Heiligen Schrift lebt und aus ihr seine Lebenskraft schöpft. Dies führt den Frommen dazu, im letzten Stück der Sammlung die ganze Schöpfung zum Lobe Gottes aufzurufen: «Alles, was Atem hat, lobe den Herrn! Halleluja!» (Psalm 150,5) Das ist das Bild der jüdischen Buchreligion, deren Vertreter in der Bibel ihre Heimat und ihren Lebensmittelpunkt finden. Der kommende Messias soll ein Buchgelehrter sein (Deuteronomium 17,19).
    Das zweite Porträt des Messias findet sich in Psalm 2. Dort wird der Messias als Kriegsherr geschildert, der Israels Feinde besiegt und Jerusalem wieder zur Hauptstadt eines Weltreichs macht. Psalm 2 wird mit Psalm 149 fortgesetzt, dem Lied von den Getreuen des messianischen Herrschers, die mit zweischneidigem Schwert an Israels Feinden Rache üben. Diese unter den Juden des 2. Jahrhunderts v. Chr. (sowie ultraorthodoxen Juden noch heute) lebendige messianische Hoffnung sollte sich nicht erfüllen.
    Im doppelten Porträt des Messias meint man ein Echo der Gestalt von König David zu

Weitere Kostenlose Bücher