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Die 101 wichtigsten Fragen - die Bibel

Die 101 wichtigsten Fragen - die Bibel

Titel: Die 101 wichtigsten Fragen - die Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Lang
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es wegen religiöser Differenzen zu häuslichem Unfrieden kommt – und ebenso kann eine christliche Frau mit ihrem Mann verfahren (1 Korinther 7,12–16). Und was sagt Jesus? Er vertritt einen ausgesprochen philosophischen Standpunkt (Markus 10,2–12). Jesus unterscheidet zwischen der idealen und der realen Welt. In der idealen Welt darf es nach Gottes Willen keine Scheidung geben, hat doch Gott Mann und Frau zu einer untrennbaren Einheit verbunden. In der realen Welt jedoch ist die Scheidung zugelassen. Das ist Jesu öffentlich ausgesprochene Meinung. Seine Jünger hat er jedoch noch näher unterrichtet: Wenn ein Mann seine Frau entlässt, begeht er Ehebruch; wenn eine Frau ihren Mann entlässt, begeht sie Ehebruch. So stellt sich die Scheidung vom Standpunkt der idealen Welt dar. Aus der realen Welt, so ist wohl hinzuzufügen, kann man jedoch nicht aussteigen.
    65. Warum half der barmherzige Samariter? Ausgeraubt und verwundet liegt ein Mann am Rand der Straße. Vorbeikommende lassen ihn liegen; nur ein reisender Ausländer, ein Mann aus Samarien, erbarmt sich seiner, verbindet seine Wunden, bringt ihn in eine Herberge und bleibt über Nacht bei ihm. Bevor er abreist und den Verwundeten zurücklässt, reicht er dem Wirt zwei Silbermünzen: Der Wirt soll sich um den Mann kümmern. – Warum half der Reisende? Was trieb ihn dazu, seine Reise zu unterbrechen? Zweifellos war er von Mitleid bewegt. Mitleid aber bedeutet (nach Arthur Schopenhauer): Ich muss jetzt helfend handeln, denn auch ich erwarte fremde Hilfe, wenn ich in Not bin. Zugrunde liegt die Goldene Regel: Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden willst. In Jesu Formulierung: «Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.» (Lukas 10,27) Da die Goldene Regel unanschaulich bleibt, hat sie Jesus durch eine philosophische Geschichte veranschaulicht.
    13
Der barmherzige Samariter.
Die Erzählung vom reisenden Samaritaner (von Luther «Samariter» genannt), der sich eines Ausgeraubten annimmt, bildet ein Kernstück der ethischen Lehre Jesu. Der Künstler setzt die Ankunft in der Herberge ins Bild: Der ausgeraubte und verletzte Mann wird von einem Diener behutsam vom Pferd gehoben, während der Reisende mit dem Wirt der Herberge verhandelt. Rechts beigefügt ist ein kotender Hund als Hinweis auf die Alltäglichkeit der von Mitleid bestimmten Handlung. Goethe nannte das Bild – nicht zuletzt des Themas wegen – «eines der schönsten des Rembrandtschen Werkes». – Rembrandt, 1633.
    Jesus hat der Geschichte noch eine Pointe eingefügt, indem er den Helfer als Samariter bezeichnet, als einen Mann aus dem Volk der Samaritaner. Er gehört zu einer auswärtigen Volksgruppe, die den Einheimischen nichts gilt. Heute wäre von einem Schwarzen zu erzählen, der einem Weißen zu Hilfe kommt, oder von einem Asylanten, der einen Einheimischen rettet. Die Notlage macht alle Menschen gleich und hebt ethnische und religiöse Unterschiede auf. Die Botschaft der Erzählung Jesu hat sich der westlichen Kultur tief eingeprägt
(Abb. 13).
Entstanden ist eine Kultur der Hilfeleistung durch Einzelne, karitative Organisationen und Staaten. Staatliches Recht verpflichtet sogar den Einzelnen zur Hilfeleistung (z.B. bei Verkehrsunfällen) und stellt deren Unterlassung unter Strafe.
    Der Ausdruck «barmherziger Samariter» ist eine stehende Redewendung. Nach heutigem Sprachgebrauch müssten wir vom «barmherzigen Samaritaner» sprechen; die Kurzform «Samariter» stammt aus Luthers Übersetzung des Neuen Testaments.
    66. Warum rät Jesus dem reichen Jüngling, alles zu verkaufen? «Willst du vollkommen sein, so geh, verkaufe dein Hab und Gut und gib es den Armen. So wirst du einen Schatz im Himmel haben. Dann auf, folge mir.» (Matthäus 19,21) Wie kommt Jesus dazu, einem jungen Mann einen solchen Rat zu erteilen?
    In der Welt des Neuen Testaments gibt es zwei Kulturen: eine Kultur der Mehrheit und eine Gegenkultur der philosophischen Minderheit. (1) Die Mehrheitskultur findet ihre führende Gestalt im wohlhabenden Bürger einer Stadt, der einen großen Haushalt führt, über ertragreiche Ländereien und eine Dienerschaft verfügt, einen aufwändigen Lebensstil pflegt und seiner Vaterstadt um den Lohn öffentlicher Ehrung einen Sportplatz für die Jugend, ein öffentliches Bad oder eine Synagoge stiftet. (2) Die Gegenkultur wird durch den Philosophen vertreten – und durch Jesus. Sie verzichten auf Besitz, Familie, festen Wohnsitz und regelmäßige Arbeit. Unterstützt von

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