Die 101 wichtigsten Fragen - die Bibel
(Monimos, 4. Jahrhundert v. Chr.)
62. Welche Lebensregeln stellt Jesus in der Bergpredigt auf? Nach dem Bericht im Matthäus-Evangelium beginnt Jesus seine Tätigkeit mit einer öffentlichen Rede; als Ort wählt er einen Berghang, der den Zuhörern den Blick auf den Lehrer ermöglicht. Die «Bergpredigt» (Matthäus 5–7) ist als Grundsatzrede gestaltet: Sie fasst zusammen, was Jesus über sittliches und religiöses Verhalten öffentlich lehrt und speziell von seinen Anhängern fordert. Die meisten Regeln dürften auf Jesus selbst zurückgehen.
Die folgende Liste der ethischen Gebote beginnt mit der «Goldenen Regel», die in der Philosophie bis heute als Grundsatz sittlichen Verhaltens anerkannt wird:
«Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen. (Matthäus 7,12)
Zürne keinem – jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem göttlichen Gericht verfallen. (5,22)
Schließe ohne Zögern Frieden mit deinem Gegner. (5,25)
Richtet nicht andere, damit ihr nicht gerichtet werdet! (7,1)
Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinen Augen bemerkst du nicht? (7,3)
Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch begangen. (5,28)
Wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, reiß es aus und wirf es weg. (5,29)
Wer eine Frau [aus der Ehe] entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus. (5,32)
Wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch. (5,32)
Leistet dem, der euch Böses antut, keinen Widerstand. (5,39)
Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, halte ihm auch die linke hin. (5,39)
Wer dich bittet, dem gib, wer von dir borgen will, den weise nicht ab. (5,42)
Liebet eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen. (5,44)
Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt. Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte. (6,25–26)
Die Weisung Jesu «Liebe deinen Nächsten wie dich selbst» steht nicht in der Bergpredigt. Sie wird im Matthäus-Evangelium jedoch zweimal ausdrücklich genannt (Matthäus 19,19; 22,39). Die Aufforderung zur Nächstenliebe ist nichts anderes als eine der vielen Formulierungen der Goldenen Regel; in der Bergpredigt lautet sie: «Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen.»
Die ethischen Regeln werden ergänzt durch solche, die sich speziell auf religiöses Handeln beziehen. Am Anfang stehen Regeln über Fasten und Almosengeben:
Hütet euch davor, eure Frömmigkeit vor den Menschen zur Schau zu stellen. (Matthäus 6,1)
Wenn du fastest, mach kein finsteres Gesicht. (6,16)
Wenn du Almosen gibst, soll deine Linke nicht wissen, was deine Rechte tut. Dein Almosen soll verborgen bleiben. (6,3–4)
Wenn du betest, geh in deine Kammer und schließ die Tür zu. (6,6)
Bittet [Gott], dann wird euch gegeben, sucht, dann werdet ihr finden, klopft an, dann wird euch geöffnet. (7,7)
Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden. (6,7)
So sollt ihr [öffentlich] beten: «Vater unser im Himmel» (usw.). (6,9–13)
Leistet keinen Schwur. Euer Ja sei Ja, euer Nein sei Nein; alles andere stammt vom Bösen. (5,34.37)
Bevor du eine Opfergabe zum Altar bringst, versöhne dich mit deinem Bruder. (5,23–24)
Wenn ihr den Menschen nicht vergebt, wird euch Gott auch nicht vergeben. (6,15)
Sammelt nicht Schätze auf Erden, sondern sammelt euch Schätze im Himmel. (6,19–20)
Niemand kann zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon. (6,24)
Leo Tolstoi hat die ethische Lehre Jesu für sich selbst zu fünf Geboten verdichtet: Sei bestrebt, keinem Menschen zu schaden; sei Frauen gegenüber zurückhaltend; bleibe stets bei der Wahrheit; leide lieber Unrecht als dass du anderen Unrecht tust; diskriminiere keine Fremden (L. Tolstoi,
Kurze Darlegung des Evangeliums
, 1892). Das zuletzt genannte Gebot ist Tolstois Fassung der Aufforderung Jesu zur Feindesliebe.
63. Gelten Jesu Lebensregeln nur für Heilige? «Hütet euch davor, eure Frömmigkeit vor den Menschen zur Schau zu stellen.» Solche Weisungen der Bergpredigt (Matthäus 5–7) lassen sich relativ leicht verwirklichen. Bei anderen gibt es Probleme. An drei Weisungen der Bergpredigt scheiden sich bis heute die Geister: (1) dem Verbot des Eides, (2) dem Verbot der Ehescheidung und (3) dem Gebot, dem Bösen keinen Widerstand entgegenzusetzen, d.h. Gewalt nicht durch Gewalt zu beantworten.
Verbot des Eides:
Der im
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