Die 101 wichtigsten Fragen - die Bibel
Tod – sollen die Jünger im Gedenken an ihn Brot und Wein miteinander teilen. Das Festmahl erhält einen düsteren Zug durch die Anwesenheit des Judas, der Jesus offenbar bei der jüdischen Tempelbehörde angezeigt hat (1 Korinther 11, Matthäus 26, Markus 14, Lukas 22).
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Das Abendmahl?
Hinter einem langen, gedeckten Tisch sitzt Jesus, rechts und links von je sechs seiner Jünger flankiert. Während Jesus in der Mitte gelassen vor sich hinblickt, sind die Tischgenossen erregt. Bestürzt fragen sie einander, wer der Verräter sein könnte, von dem Jesus sprach: «Da sahen sich die Jünger untereinander an, und ihnen wurde bange, von wem er wohl redete» (Johannes 13,22). Warum fehlt in Leonardos Bild von 1498 gerade der wichtigste Gegenstand des Abendmahls, der Kelch? Die Antwort ist einfach: Das Bild stellt gar nicht das Abendmahl dar, sondern eine verwandte Szene aus dem Johannes-Evangelium. Bei Johannes fehlt der Abendmahlsbericht. Jesus spricht von seinem Verrat, nachdem er seinen Jüngern zum Zeichen brüderlichen Dienstes die Füße gewaschen hat. – Raffaelo Morghen, Stich nach Leonardo da Vinci, 1800.
Die historische Kritik findet in dem biblischen Bericht Elemente aus drei Zusammenhängen. Einige Züge weisen auf Jesu letztes Mahl selbst zurück, andere auf die Art und Weise, wie die frühe christliche Gemeinde das Abendmahl feierte; und wiederum andere Elemente verdanken sich dem erzählerischen Talent der Evangelisten: (1) Auf Jesus selbst gehen die Worte über Brot («das ist mein Leib») und Wein («das ist mein Blut») zurück. Sie haben nichts mit Jesu Tod am Kreuz zu tun, sondern stehen im Zusammenhang mit dem Streitzwischen Jesus und den Priestern am Jerusalemer Tempel. Jesus hatte den Priestern und ihren Händlern vorgeworfen, das Haus Gottes zu einer Räuberhöhle gemacht zu haben (Markus 11,15–18). Brot und Wein sind für Jesus Symbole für den Leib und das Blut eines geschlachteten Opfertieres. Jesus bringt Brot und Wein als Opfer dar. (2) Von den Evangelisten selbst stammt die Einfügung der Gestalt des Judas, die der Szene ihre ernste Stimmung und Dramatik verleiht: Von den Gefährten wird Abschied genommen, Leiden und Tod kündigen sich an. (3) Die Umdeutung von Brot und Wein auf den Leib und das Blut Jesu, der seinen Tod voraussieht, entstammt der frühchristlichen Abendmahlsfeier. Diese versteht den Kelch als Zeichen des neuen Bundes. Der «neue Bund», der vom Propheten Jeremia angekündigt wurde, besitzt keine schriftliche Bundesordnung mehr wie der alte Bund des Mose – das am Berg Sinai in alter Zeit gegebene gegenseitige Treueversprechen von Gott und Volk Israel. Das göttliche Gesetz des neuen Bundes ist jedem ins Herz geschrieben (Jeremia 31,31–34). Als Zeichen des neuen Bundes ist der Kelch das Symbol der christlichen Freiheit von der alten Lebensordnung.
78. Wie ist der Glaube an Jesu Auferstehung entstanden? Die Erzählung von der Auferstehung Jesu hat sich der christlichen Überlieferung tief eingeprägt. Besonders anschaulich fällt die Fassung im Matthäus-Evangelium aus (Matthäus 28): Am Morgen des zweiten Tages nach Jesu Tod und Bestattung gehen zwei Frauen aus seinem Jüngerkreis – Maria Magdalena und eine weitere Frau namens Maria – zum Grab in Jerusalem. Die Erde bebt, ein Engel Gottes erscheint den Frauen und wälzt den Stein vom Eingang des Grabes, während die Wächter des Grabes wie tot zu Boden stürzen. Der Engel weist auf das leere Grab und sagt zu ihnen: Jesus ist nicht hier; er ist auferstanden. Geht nach Galiläa, dort wird er euch erscheinen. Doch da erscheint Jesus selbst und bestätigt das Wort des Engels: Geht und sagt den Männern, sie sollen nach Galiläa gehen; dort werden sie mich sehen. Die Frauen teilen den Jüngern mit, was sie erlebt haben. Eilends begeben sich die Jünger – elf an der Zahl, nämlich die Zwölfergruppe ohne den Verräter Judas – nach Galiläa, wo ihnen Jesus auf einem Berg erscheint. Er beauftragt sie, zu allen Völkern zu gehen, sie zu taufen und sie seine Gebote zu lehren (gemeint sind die Gebote der Bergpredigt).
Was Matthäus etwa fünfzig oder siebzig Jahre nach Jesu Tod geschriebenhat, gehört bereits zur reichen Legendenbildung um die Auferstehung Jesu. Die wenigen zur Verfügung stehenden Berichte machen es dem Historiker schwer, das «Osterereignis» und die sich daran anschließende Legendenbildung genau nachzuzeichnen. Doch lassen sich Grundlinien des Vorgangs erkennen:
Im Todesjahr Jesu (ca. 30 n.
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