Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
Vom Netzwerk:
saß er in dem dunklen Raum unter den wachsamen Augen der beiden Schläger; dann hörte er, wie jemand eintrat.
     »Du hast meinen Lieferwagen gestohlen«, erklang hinter ihm eine Stimme mit schwerem Akzent.
    Dance saß still da und blickte starr nach vorn. Er brauchte den Mann nicht zu sehen, er kannte seine Stimme.
    »Ausgerechnet du solltest es besser wissen.« Der kleine, schwarzhaarige Mann kam um Dance’ Stuhl herum, blieb vor ihm stehen und beugte sich zu ihm hinunter. »Jetzt sind zwei Kids tot.«
    Das linke Auge des Albaners war blind, und eine hässliche Narbe verlief über seine Wange, was ihm ein furchterregendes Aussehen verlieh. Ghestov Rukaj gehörte der neuen Generation osteuropäischer Bandenchefs an, die bevorzugt Terrortaktiken einsetzten, um ihr Gebiet zu beherrschen und ihre Opfer zu kontrollieren. Der alte Cosa-Nostra-Typ des Verbrechers war beinahe harmlos im Vergleich zu Leuten wie Rukaj.
    »Das war nicht Ihr Lieferwagen.« Dance blickte Rukaj in das gesunde Auge.
    »Ich hatte ihn im Visier!«, stieß Rukaj hervor. »Er war auf meinem Gebiet, und meine beiden Leuten wollten ihn sich gerade schnappen, als deine Kids uns zuvorkamen!«
    »Machen Sie sich überhaupt eine Vorstellung, was Ihnen passieren könnte? Ich bin Polizeibeamter«, sagte Dance.
    »Machst du dir eine Vorstellung, was dir passieren wird , Mr. Polizeibeamter? Ich wusste gar nicht, dass die Polizei Computer stiehlt und weiterverscherbelt.«
    Rukaj nickte, und die beiden klotzigen Männer traten vor und stellten sich links und rechts neben Dance, packte sein rechtes Handgelenk und pressten es auf die hölzernen Armlehnen.
    Rukaj setzte sich vor Dance auf den Tisch, griff in die Tasche, holte ein großes Klappmesser hervor und ließ es aufschnappen.
    »Das Leben, das zu führen wir beschlossen haben, hat seinen Preis.« Rukaj fuhr mit dem Finger über sein linkes Auge und über die breite Narbe auf seiner Wange. »Unser Ego, unsere Unverwundbarkeit muss sich manchmal der Realität stellen.«
    Rukaj legte die Klinge auf den zweiten Knöchel von Dance’ rechtem Ringfinger.
    »Hast du eine Million Dollar, Mr. Polizist?«
    Dance schwieg. Seine Miene war undeutbar unter dem Schweiß, der ihm von der Stirn lief.
    »Du hast mich fünfzigtausend Dollar gekostet, und die hätte ich gerne zurück – plus Schadenersatz. Du kommst an Drogengeld und Diebesgut heran«, sagte Rukaj mit seinem schweren Akzent. »Nicht wahr?«
    Dance’ Augen brannten, während er Rukaj trotzig anstarrte.
    Ohne ein weiteres Wort oder eine dramatische Pause drückte Rukaj mit seinem ganzen Gewicht auf die Klinge und trennte mit einem Schnitt Dance’ Finger ab.
    Dance riss vor Schmerz den Kopf zurück und brüllte auf.
    »Schrei nur, das ist keine Schande«, sagte Rukaj. »Ich verspreche dir, es keinem zu erzählen.«
    Rukaj wischte die blutige Klinge an Dance’ Hose sauber, klappte das Messer zusammen und schob es wieder in die Tasche.
    »Du bist ein wertvoller Mann, Ethan Dance, deshalb schenke ich dir für eine Million Dollar dein Leben. Und ehe du jetzt nervös wirst – ich gebe dir ein Jahr Zeit. Das reicht, um die Kohle zu beschaffen. Du kannst in Raten zahlen oder alles auf einmal, wie es für dich am bequemsten ist. Betrachte das hier«, Rukaj hielt den abgetrennten Finger hoch, »als Anzahlung.«
    Mittlerweile waren vierzehn Monate vergangen. Dance hörte täglich von Rukaj und wurde jedes Mal daran erinnert, dass es keinen weiteren Aufschub gäbe, keine weitere Nachsicht. »Bald ist die Zeit gekommen, zu zahlen oder zu sterben«, sagte Rukaj jedes Mal.
     Jetzt, da Dance im eigenen Wagen gefangen saß, den Kofferraum voller Antiquitäten und Brillanten – von denen ein Bruchteil ihm sein Leben erkaufen würde –, erfüllte ihn eine Wut, wie er sie noch nie erlebt hatte. Sam Dreyfus hatte ihn betrogen und war mit einem Kasten von unbekanntem Wert verschwunden; er selbst war von einem dilletantischen Soldaten verhaftet worden, und jemand freute sich schon darauf, ihm die restlichen Gliedmaßen zu amputieren.
    Dance blickte den jungen Corporal an, der Polizist spielte und der am Montag wieder in seinen eigentlichen Beruf zurückkehren und damit prahlen würde, wie er einen korrupten Bullen festgenommen hatte.
    »Hallo, Colonel«, sagte McManus in sein Handy und wandte Dance den Rücken zu, als sein Vorgesetzter endlich zu sprechen war.
    Dance sprang aus der offenen Tür des Taurus, schlang dem arglosen McManus die gefesselten Handgelenke von oben

Weitere Kostenlose Bücher