Die 13. Stunde
… Ich hatte Sie nicht mit Ihrer Frau Julia in Verbindung gebracht. Ich kenne sie … Ich bin ihr mehr als einmal begegnet. Sie ist großartig. Hennicot mag sie. Er hält große Stücke auf sie, und wenn Sie mich fragen, beurteilt niemand einen Charakter besser als dieser alte Mann.«
»Tja, wenn ich nicht langsam Hilfe bekomme«, erwiderte Nick, »überlebt sie den heutigen Tag nicht.«
Dreyfus zog den Aktenkoffer auf seinen Schoß, öffnete ihn und nahm drei Blatt Papier heraus.
»Ich habe erst heute Morgen herausgefunden, was mein Bruder vorhat. Ich habe seine Dateien durchsucht und das hier gefunden.« Er reichte Nick die Papiere.
Nick las sie rasch durch. Es waren eine planlose Checkliste und hastig getippte Notizen zum Einbruch.
»Viel ist es nicht, aber Sie erfahren immerhin die Namen.«
Nick überflog die Einzelheiten des Einbruchs; die stichwortartigen Lebensläufe, die Sam zusammengestellt hatte, sah er sich allerdings genauer an:
Unternehmen »Fahr zur Hölle« – 28.7.
Dance – Ethan Dance. 38. Detective.
Korrupt. Hinterhältig. Ein Dreckskerl
Seine Handlanger:
Randall – Bulle. 58. Fetter alter Mann.
Brinehart – Bulle. Neu bei dem Verein. Eine Flasche.
Arilio – Bulle. Unscheinbar. Mitte 30.
Hehler – überprüft – chines. Staatsbürger,
fünf Mio. in bar für Waffen.
Diamantenpreis VS nach Inspektion.
Rukaj – kein Bulle. Wer ist der Typ? Hat Dance mittags
angerufen. Dance war danach nervös, ängstlich. Schuldet Dance
ihm Geld? Oder einen Gefallen?
»Wenn jemand es auf Ihre Frau abgesehen hat«, sagte Dreyfus und zeigte auf die Namen, »muss es einer von denen hier sein.«
»›Fahr zur Hölle‹?«, fragte Nick mit einem Blick auf die oberste Zeile.
»Das ist das Datum von heute.«
»Wer ist dieser Rukaj?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es könnte Ghestov Rukaj sein, ein Albaner, der den Ehrgeiz hat, Boss des organisierten Verbrechens in New York zu werden. Aber wenn Sie mich fragen … Wenn er Dance Angst einjagt, kann er kein durch und durch schlechter Mensch sein.«
»Oder«, erwiderte Nick düster, »er ist viel schlimmer.«
»Ich würde Dance jedenfalls nicht aus den Augen verlieren«, sagte Dreyfus.
»So wahnsinnig der Mann auch ist«, sagte Nick, »ich glaube nicht, dass er es war.«
»Sagten Sie war? «, fragte Dreyfus verwirrt.
»Ist«, verbesserte Nick sich rasch. Sosehr er mit Dreyfus auf einer Wellenlänge lag – den Beweis behielt er in der Tasche. Julias Mörder trug den Christopherus-Anhänger um den Hals, und Nick hatte Dance’ Hals und seine entblößte Brust gesehen und kein Medaillon entdeckt. Randall, der 58-jährige, übergewichtige Cop auf Sams Liste, hatte ebenfalls nicht abgedrückt, denn Nick hatte gesehen, wie er in dem Augenblick, in dem Julia erschossen wurde, in den blauen Chevy Impala gestiegen war. Also musste einer der übrigen drei geschossen haben: Brinehart, Arilio oder Rukaj.
»Nach dem Raub heute Morgen hat Dance meinen Bruder verfolgt«, fuhr Dreyfus fort. »Wenn er nicht beim Flugzeugabsturz ums Leben gekommen wäre, hätten er und seine Leute ihn umgebracht. Dance hat unerbittlich nach dem Kasten gesucht, weil er glaubt, er wäre ein Vermögen wert. Ich bin sicher, er ist genauso unerbittlich dabei, alle Spuren zu vernichten, sodass er nie gefasst wird.« Damit bestätigte Dreyfus die Gefahr, in der Julia schwebte.
»Woher wissen Sie so viel über die Vorgänge während des Einbruchs?« Misstrauen schlich sich in Nicks Stimme.
Dreyfus zögerte, als müsste er jetzt zugeben, eine Leiche im Keller zu haben.
»Nach dem Einbruch habe ich meinen Bruder gefunden und den Kasten aus Hennicots Safe bei ihm gesehen. Ich habe ihn zu überzeugen versucht, sich von mir helfen zu lassen und dass der Kasten nicht das enthielt, was er glaubte … dass der Inhalt die Leere in seinem Leben nicht füllen könne. Er sagte, es sei zu spät, Dance sei hinter ihm her und würde ihn töten, sobald er ihn sehe.«
»Wo haben Sie mit Ihrem Bruder gesprochen?«, fragte Nick.
»Am Flughafen.«
»Mein Gott«, sagte Nick. »Das tut mir leid.«
Als Dreyfus ihn anschaute, lag irgendetwas in seinem Blick, das Nick nicht zu deuten vermochte.
»Mein Bruder ist bei dem Flugzeugunglück gestorben, Nick«, sagte er schließlich, »aber er war nicht an Bord von Flug 502.«
»Was soll das heißen?«
»Er kam in einem gestohlenen Polizeiwagen zum Flughafen, den Holzkasten unter dem Arm. Ich habe versucht, zu ihm
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