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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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verschränkte die fetten Arme vor der Brust. »Neee«, lehnte er schroff ab.
    »Bitte, Dick...«, begann Pflichtgetreu, doch Chade unterbrach ihn. »Kann das nicht warten, Pflichtgetreu? Es bleiben uns nicht mehr viele Tage, bis wir segeln, und wir haben noch viel zu lernen, wenn wir als Kordiale funktionieren wollen.« Ich wusste um die Sorgen des alten Mannes. Und ich teilte sie. Die Gabe könnte für den Erfolg des Prinzen von entscheidender Bedeutung sein. Tatsächlich glaubte niemand von uns, dass er auf den Äußeren Inseln wirklich irgendeinen vergrabenen Eisdrachen vorfinden würde. Der eigentliche Wert der Gabe würde darin liegen, dass Chade und ich mit ihrer Hilfe Informationen sammeln könnten, um die auf eine Hochzeit von Pflichtgetreu und Prinzessin Elliania hinführenden Verhandlungen voranzutreiben. »Nein. Das ist wichtig, Chade. Glaube ich jedenfalls. Nun, es
könnte
wichtig sein«, sagte Pflichtgetreu, »ich habe vergangene Nacht nämlich auch von einer großen blauen Echse geträumt. Tatsächlich handelte es sich bei der Kreatur um einen Drachen.«
    Kurz kehrte Schweigen ein, während wir alle darüber nachdachten. Dann brach Chade zögernd die Stille. »Nun, es sollte uns nicht überraschen, wenn du und Dick den gleichen Traum teilen. Ihr seid tagsüber so häufig über die Gabe verbunden, warum sollte diese Verbindung dann nicht auch in der Nacht bestehen?«
    »Weil ich nicht wirklich geschlafen habe, als es passiert ist. Ich habe mich im Gabenwandern versucht. Fi ... Tom hat gesagt, ihm sei es immer leichter gefallen, wenn er gedöst habe. Also habe ich mich ins Bett gelegt, aber nicht zum Schlafen, und mit der Gabe hinausgegriffen. Und dann habe ich es gefühlt.«
    »Was hast du gefühlt?«, fragte Chade.
    »Ich habe gefühlt, wie es mit seinen großen, wirbelnden Silberaugen nach mir gesucht hat.« Die Antwort kam von Dick.
    »Ja«, bestätigte der Prinz.
    Mich verließ der Mut.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Chade verärgert. Dann richtete er sich an Pflichtgetreu: »Fang noch mal von vorne an, und erstatte uns vernünftig Bericht.« Mir war klar, warum Chade so aufgebracht war. Wieder einmal hatten sich alle drei an einer Übung versucht, und sowohl Dick als auch Pflichtgetreu waren bis zu einem gewissen Grade erfolgreich gewesen, während Chade versagt hatte. Und dann sprachen sie auch noch von einem
Drachen.
In letzter Zeit hatten Drachen zu oft Erwähnung gefunden: ein gefrorener Drache, den Pflichtgetreu ausgraben und köpfen sollte; die Drachen, mit denen die Abordnung aus Bingtown geprahlt hatte (und die den Händlern angeblich jederzeit zur Verfügung standen); und jetzt mischte sich ein Drache auch noch in unsere Gabenübungen. Und wir wussten noch nicht einmal über einen einzigen von ihnen etwas Genaueres. Aber natürlich wagten wir nicht, sie einfach als Legenden und Lügen abzutun; zu gut erinnerten wir uns noch an die Steindrachen, die den Sechs Provinzen vor sechzehn Jahren zur Hilfe geeilt waren.
    »Da gibt es nicht viel zu berichten«, erwiderte Pflichtgetreu. Er atmete tief durch. »Ich hatte mich in meine Gemächer zurückgezogen, so als wolle ich mich tatsächlich schlafen legen. Ich war im Bett. Das Kaminfeuer war schon weit heruntergebrannt. Ich beobachtete es in der Hoffnung, es würde mir beim Schlafen helfen und mich doch wach genug halten, um mit meiner Gabe auf Wanderschaft zu gehen. Zwei Mal wäre ich beinahe eingeschlafen, und jedes Mal habe ich mich selbst wieder geweckt und die Übung von neuem begonnen. Beim dritten Mal versuchte ich, den Prozess umzukehren. Ich griff mit der Gabe hinaus, hielt mich bereit und versuchte dann, wieder in Schlaf zu versinken.« Er räusperte sich und schaute uns an. »Dann habe ich etwas Großes gefühlt. Etwas
wirklich
Großes.« Er blickte mich an. »Wie damals am Strand.«
    Dick folgte der Geschichte mit offenem Mund, und seine kleinen, runden Augen quollen nachdenklich hervor. »Eine große, fette, blaue Eidechse«, sagte er.
    »Nein, Dick«, widersprach Pflichtgetreu geduldig. »Zuerst nicht. Zuerst war da nur eine gewaltige ... Präsenz. Und ich sehnte mich danach, zu ihr zu gehen, und doch fürchtete ich mich. Nicht weil eine direkte Bedrohung von ihr ausging. Im Gegenteil, sie wirkte schier ... schier unglaublich gutmütig ... friedvoll. Ich fürchtete mich, sie zu berühren, weil... weil ich dann jegliches Verlangen verloren hätte, wieder zurückzukehren. Sie schien das Ende zu sein, eine Kante oder ein Ort, wo

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