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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gegessen und die Nacht im Stall verbracht habe, nachdem er mindestens ein halbes Dutzend Partien Steinspiel mit Standfest gespielt hatte. »Ich habe gut von dir gesprochen, wenn Chivalric nach dir gefragt hat. Ich habe ihm erzählt, du würdest nächtelang über deinen Schriftrollen hocken, und wenn du dich nicht vorsähst, würdest du dich noch zu einem Schreiber entwickeln. Da hat mich Herd gefragt: >Was denn, ist er fett geworden?< Ich nehme an, ihr Stadtschreiber ist ein recht kräftiger Mann. Natürlich habe ich Nein gesagt, ganz im Gegenteil, ich würde eher sagen, dass du an Masse verloren hättest und vor allem in letzter Zeit deutlich ruhiger geworden wärst - nur dass du halt mehr Stunden allein verbringen würdest, als gut für einen Mann ist.«
    Ich neigte den Kopf zur Seite. »Hättest du das nicht noch erbärmlicher klingen lassen können?«
    Er ahmte meine Kopfbewegung nach. »Habe ich vielleicht irgendetwas Unwahres gesagt?«
    Der Brief stammte von Chivalric. Er dankte mir darin für die Salbe und das Rezept.
    Ich weiß nicht, was in Mollys Brief an Nessel stand. Auf jeden Fall blieb Nessel am folgenden Tag noch nach der Gabenstunde. Pflichtgetreu rief, ob sie kommen würde, da er, Elliania, Gentil und Sydel ausreiten wollten; wenn sie wolle, könne sie sie begleiten. Nessel sagte ihm, er solle schon einmal vorgehen, sie würde sie schon einholen, schließlich bräuchte sie nicht lange, um sich das Haar zum Reiten zurechtzumachen.
    Sie drehte sich zu mir um und sah mich lächeln. »Wenn andere in der Nähe sind, rede ich nur formell mit ihm«, sagte sie. »Hier ist das aber etwas anderes.«
    »Das gefällt ihm. Er war geradezu außer sich vor Freude, als er herausfand, dass er noch eine Cousine hat. Später hat er dann gesagt, wie schön er es fände, ein Mädchen zu kennen, das offen und ehrlich mit ihm redet.«
    Das ließ sie geradezu erstarren, und schon bereute ich die Bemerkung, denn ich glaubte, sie dadurch von dem abgebracht zu haben, was sie eigentlich hatte sagen wollen. Aber sie blickte mir in die Augen, hob das Kinn und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Oh. Und soll ich auch offen und ehrlich zu dir sein?«
    Ich war nicht sicher. »Du könntest es versuchen«, schlug ich vor.
    »Meine Mutter schreibt, dass es ihr gut geht und dass meine Brüder sich über Siebers Besuche freuen. Sie fragt sich, ob du so viel Angst vor meinen Brüdern hast, dass du nicht selbst kommst.«
    Ich rutschte auf meinem Stuhl zurück und blickte auf den Tisch. »Ich habe wohl mehr Angst vor ihr. Früher hatte sie ein ziemliches Temperament.« Ich spielte an meinem Daumennagel herum.
    »Wie ich gehört habe, warst du früher auch recht gut darin zu provozieren.«
    »Das ist wohl wahr. Denkst du also, sie würde sich über einen Besuch von mir freuen?«
    Sie stand eine Zeit lang einfach nur da, ohne darauf zu antworten. Dann fragte sie: »Hast du auch Angst vor meinem Temperament?«
    »Ein wenig«, gab ich zu. »Warum fragst du?«
    Sie ging zu Veritas Fenster und starrte aufs Meer hinaus, wie er es immer getan hatte. In dieser Pose sah sie mehr wie ein Weitseher aus als ich. Gedankenverloren strich sie sich mit der Hand über das Haar. Sie hätte sich tatsächlich mehr Mühe geben können, sich >schön zu machen<. Ihr kurz geschorenes Haar sträubte sich wie das Fell auf dem Rücken einer wütenden Katze. »Einst habe ich geglaubt, dass wir beide Freunde werden. Dann habe ich herausgefunden, dass du mein Vater bist. Von diesem Augenblick an hast du noch nicht einmal ernsthaft versucht, mit mir zu sprechen.«
    »Ich dachte, du wolltest das nicht.«
    »Vielleicht wollte ich ja auch nur sehen, wie sehr du dich bemühen würdest.« Sie drehte sich wieder um und blickte mich vorwurfsvoll an. »Du hast es nicht einmal versucht.«
    Ich saß lange Zeit einfach nur schweigend da. Nessel machte sich auf den Weg zur Tür.
    Ich stand auf. »Weißt du, Nessel, ich bin als Mann unter Männern aufgewachsen. Manchmal glaube ich, das ist der größte Nachteil, den ein Mann haben kann, wenn er mit Frauen zu tun hat.«
    Sie drehte sich um und schaute zu mir zurück. Ich sprach aus dem Herzen. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich möchte, dass du mich wenigstens als Mensch kennen lernst. Burrich war dein Vater, und er hat seine Aufgabe gut gemacht. Vielleicht ist es zu spät für mich, diesen Platz in deinem Leben einzunehmen. Auch kann ich keinen Platz im Leben deiner Mutter für mich finden. Ich liebe sie noch immer, und zwar

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