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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Bezug zur Welt verloren hatten. Irgendwann versanken diese Menschen so tief in der Gabe, dass sie mit niemandem mehr sprachen und jegliches Interesse an Essen und Trinken verloren. Solch ein Mensch, so hieß es in den Gabenschriften, würde irgendwann zu einem >großen, sabbernden Babys und Dick schien kurz davor zu stehen. Ich hatte stets geglaubt, dass die Gefahr in der Gabe an sich begrundet lag, denn ich hatte ihre Faszination selbst häufig zu spüren bekommen. Doch falls Chade und Pflichtgetreu Recht hatten, dann war Dick nicht der Anziehungskraft der Gabe erlegen, sondern der eines anderen, mächtigen Geistes. Ich unternahm mehrere erfolglose Versuche, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Außer ein paar knappen Antworten bekam ich nichts aus ihm heraus, bis er mich schließlich verärgert aufforderte: »Geh weg! Es ist nicht höflich, andere zu belästigen!« Dann starrte er weiter vor sich hin.
    Die Gabe blieb tot in mir.
    Das war umso frustrierender, da Pflichtgetreu inzwischen den Kontakt mit Nessel hergestellt hatte. Zweimal hatten sich ihre Gedanken berührt, und er hatte versucht, sie davon zu überzeugen, wer er war und was er brauchte. Beim ersten Mal hatte sie ihre Mauern gegen ihn aufgebaut und ihm gesagt, sie sei nicht in der Stimmung für dumme Geschichten. Und warum sollte ein Prinz sie im Traum kontaktieren wollen? Beim zweiten Mal war sie empfänglicher. Ich glaube, Pflichtgetreu hatte schlicht ihre Neugier erregt. Sie hatte sogar versucht, Dick von seiner Beschäftigung abzulenken - wenn auch mit geringem Erfolg. Allerdings denke ich, dass sie das mehr aus Sorge um ihn tat, denn auf Bitte des Prinzen. Pflichtgetreu begleitete sie bei dieser Aufgabe, konnte mit den Traumbildern jedoch wenig anfangen, die sie benutzte. Er wusste nur zu berichten, dass Dick offenbar an einen Ort gegangen war, wo sein kleines Lied Teil einer weit größeren Musik war, und von dort ließ er sich nicht weglocken. Was das Übermitteln der Botschaften des Prinzen an die Königin betraf, so sagte Nessel, dass sie ihre > seltsamen Träume< Kettricken gegenüber erwähnen würde, sollte sich die Gelegenheit zu einem Gespräch unter vier Augen mit Ihrer Majestät ergeben. Vor den Hofdamen würde sie sich jedoch keinesfalls zum Narren machen. Letzteres hatte sie Dank ihres Mangels an höfischen Manieren ohnehin schon öfter gemacht, und sie dachte gar nicht daran, die Edelfrauen noch weiter zu belustigen.
    Das versetzte mir einen Stich. Hätte ich von Beginn an eingewilligt, sie ihre Abstammung wissen und den Hof besuchen zu lassen, wäre sie in der Gesellschaft von Edelleuten aufgewachsen und hätte sich nun nicht für ihre bodenständige Art schämen müssen. Ich fragte mich, ob Kettricken sie nun unterwies, sodass sie bald ihre Rolle als Zweite in der Thronfolge würde ausfüllen können. Ich sehnte mich danach, mit Nessel zu sprechen und so herauszufinden, wie viel sie ihr über ihre Abstammung erzählt hatten, und ihr zu erklären, warum sie so aufgewachsen war, wie sie aufgewachsen war. Doch das Fehlen der Gabe verdammte mich zum Schweigen, und ich konnte den Prinzen jeden Abend nur anflehen, umsichtig dabei zu sein, was er ihr anvertraute.
    Jeden Tag gruben wir weiter. Die Arbeit ging uns auf die Knochen, und das Essen war begrenzt und langweilig. Die Nächte waren kalt und windig, und wir fieberten der Rückkehr der Männer mit den Zeltplanen entgegen. Doch sie kamen nicht zurück. Chade gab ihnen einen zusätzlichen Tag, dann zwei. Die Männer des Hetgurd behaupteten, den Schwarzen Mann des Nachts um unser Lager schleichen gesehen zu haben, doch ihre Opfer wurden nie angenommen, und die ständigen Schneeverwehungen löschten alle Spuren aus, die er hätte hinterlassen können. Bei einem unserer nächtlichen Gespräche sagte der Narr mehrmals, dass er das ungute Gefühl habe, beobachtet zu werden. Doch wir sahen nie jemanden, der uns hinterherspionierte. Ich vermutete, dass Web ein ähnliches Gefühl hatte, denn zweimal rief er Risk vom Strand herbei und bat sie, über das Lager zu fliegen. Doch auch der Vogel sah laut Web nichts Ungewöhnliches - nur Eis, Schnee und Felsen.
    Wenn wir mal nicht gruben, aßen oder schliefen, fand Web immer wieder ein paar Augenblicke Zeit, um mit mir an meiner Alten Macht zu arbeiten. Ohne Grausamkeit erklärte er mir, dass es in der Tat sogar gut sei, dass ich im Augenblick ohne Partner war, da ich mich so mehr auf die Magie an sich konzentrieren könne, anstatt sie ausschließlich

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