Die 39 Zeichen 09 - Ruf der Karibik
begründeten jeweils einen Zweig des Cahill-Clans.«
Pause.
Dan war an der Reihe. »Ekaterina, Lucian, Tomas, Janus.«
Wieder folgte ein Nicken. »Seit Jahrhunderten sind die Familienzweige auf einer erbitterten Suche und bekämpfen einander, um jene Hinweise auf die Zutaten zu finden, mit denen das Mittel hergestellt werden kann. Nicht nur um das Serum des eigenen Familienzweigs zu erhalten, sondern auch für das Hauptserum, in dem die besonderen Kräfte aller vier Familienzweige vereint sind. Aber jedes Mal wenn ein Zweig dem Ziel näher kommt, werden sie daran gehindert, es zu erreichen.«
»Von den Madrigals«, flüsterte Amy.
»Also deshalb hassen alle anderen Zweige sie – ich meine uns«, staunte Dan. »Aber wie sind die Madrigals denn überhaupt in die Zeichenjagd verwickelt worden?«
Fiske antwortete mit einer Gegenfrage. »Amy«, sagte er, »kann ich mal das Miniaturgemälde sehen?«
Verdutzt nahm Amy das Bild aus ihrem Rucksack und reichte es ihm.
Er betrachtete es einen Moment, dann sprach er langsam weiter. »Zu der Zeit, als das Feuer ausbrach, wusste niemand, dass Gideons Frau Olivia mit ihrem fünften Kind schwanger war.«
Er drehte das Gemälde herum, damit sie es sehen konnten.
»Darf ich vorstellen? Madeleine Cahill«, verkündete er. »Begründerin des Madrigal-Zweigs.«
Amy hatte das kleine Gemälde schon oft betrachtet, aber jetzt war es, als sähe sie es zum ersten Mal. Unglaublich – kein Wunder, dass die Frau auf dem Bild ihrer Mutter bis aufs Haar glich!
»Eure Ur-Ur – also gut, etwa zweiundzwanzigmal Ur-Großmutter«, erklärte Fiske.
»Sie hat also das Gedicht geschrieben«, merkte Dan an und wies auf die Schatulle. »MC. Madeleine Cahill.«
Fiske nickte und legte das Bild vorsichtig auf den Tisch. Er räusperte sich. »Olivia Cahill hat die Bestrebungen ihres Mannes zunächst unterstützt«, erzählte er weiter. »Jedenfalls solange er auf der Suche nach einem Heilmittel gegen die Pest war. Später war sie jedoch entsetzt darüber, was die Gier nach dem Serum in ihrer Familie anrichtete. Ihre Kinder waren über den gesamten Erdball verstreut und verfolgten eigene Pläne. Sie war allein mit dem Baby zurückgeblieben. Olivia sah mit Schrecken, wie das Serum die Familie auseinandertrieb. Sie wollte sie wieder zusammenbringen und sie erzog Madeleine in der Überzeugung, dass dies wichtiger sei als alles andere.«
Amy gluckste. Ihr Gesicht hellte sich auf – nicht vor Freude, sondern weil ihr etwas klar wurde.
Fiske Cahill lächelte zum ersten Mal. »Warum fährst du nicht fort, junge Dame?«
»Das alles steht auch in dem Gedicht!«, rief Amy. »Ein Gewebe, aus vielen Fäden, verbunden … das ist das Ziel der Madrigals! Sie wollen, dass die anderen Familienzweige den Streit beenden!«
»Genau«, bestätigte Fiske.
»Ich versteh das nicht«, widersprach Dan ärgerlich. »Wenn ihr mich fragt, benehmen sie sich nicht gerade wie Friedensstifter.«
Fiske wurde wieder ernst. »Da hast du leider recht, Dan. Die anderen Zweige daran zu hindern, zu viel Macht zu erlangen, ist nicht immer eine angenehme Aufgabe. Die Madrigals bemühen sich vor allem auch darum, unschuldige Menschen davor zu bewahren, dem Familienkampf zum Opfer zu fallen.«
»Oh.« Dan war einen Moment sprachlos und Amy wusste, dass er wie sie diese neue Seite der Madrigals erst einmal verdauen musste.
Die Madrigals sind also die Guten? Aber wie kommt es dann –
»Die anderen Familienzweige wären gar nicht glücklich, wenn sie erfahren würden, dass die Madrigals denselben Status wie die anderen Cahill-Erben haben, und sie wären noch weniger erfreut, wenn sie wüssten, welches Ziel die Madrigals verfolgen«, fuhr Fiske fort. »Darum hat sich der Zweig stets in Geheimhaltung geübt.«
»Und Mom und Dad?«, fragte Amy. »Sie haben dasselbe getan?«
Fiske nickte.
»Sie gehörten zu unseren aktivsten Mitgliedern. Ihr solltet noch etwas wissen: Die Lucians haben die Verantwortung für eine ihrer grausamsten Taten auf Hope und Arthur geschoben. Das war in Südafrika.«
Winnie Thembeka! In Amys Erinnerung blitzte der furchtbare Moment auf, in dem ihr und Dan gesagt worden war, ihre Eltern seien Mörder.
»Ich wusste es! Ich wusste, dass sie gute Menschen waren!«, jubelte Dan und streckte seiner Schwester die Hand entgegen.
Amy schlug zwar ein, war mit ihren Gedanken aber woanders. Auch unsere Eltern mussten harte Entscheidungen treffen , dachte sie. Gut sein klingt einfach, ist es aber nie.
»Was ist mit
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