Die 39 Zeichen - Die Rache der Romanows - Band 5
erklärte Ian. »Ich möchte euch wirklich nicht zu nahe treten, aber es wurden schon etliche Hinweise entdeckt. Auch der, nach dem ihr gerade sucht.«
»Du lügst!«, erwiderte Amy. »Du weißt ja nicht einmal, wohin wir unterwegs sind. Erzähl mir nichts. Ihr steckt irgendwo da draußen in Sibirien fest. Ich verrate dir was, Ian. Ihr seid Tausende von Kilometern von dem Ort entfernt, an dem ihr eigentlich sein müsstet.«
Am anderen Ende entstand eine kleine Pause, dann war das typische verstohlene Lachen der Kabras zu hören.
»Ach, Amy. Wenn du nur wüsstest. Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
Er beendete das Gespräch und Amy startete Klein-Tim. Sie war so wütend, dass sie so heftig aufs Gaspedal trat, dass die Reifen durchdrehten. Ihre Angst vorm Fahren war wie weggeblasen.
»Er lügt. Die haben nicht mehr Hinweise als wir. Stimmt’s, Dan?«
Aber Dan erwiderte ihren Blick nicht. Sie fuhren schweigend weiter.
Zehntes Kapitel
»Hier entlang«, flüsterte Reagan Holt. »Geht in Deckung, sonst sehen sie uns noch.«
Ganz entgegen seiner riesenhaften Gestalt schlich Eisenhower Holt leise wie eine Maus.
»Siehst du jemanden?«, fragte er.
»Nein. Ich glaube, sie sind da lang.«
Reagan lugte um die Ecke eines grauen Betongebäudes, das bestimmt seit fünfzig Jahren keinen Anstrich mehr gesehen hatte. Sie und ihr Vater verfolgten zwei Personen auf einer Straße, die nur aus Schlaglöchern zu bestehen schien und die von verfallenen Häusern gesäumt wurde.
»Wo sind sie nur hin?«, schimpfte Eisenhower Holt. »Die sind ja so flink wie die Wiesel!«
»Papa, kannst du nicht etwas leiser reden? Sagt dir das Wort Flüstern etwas?«
Eisenhower Holt wollte gerade etwas erwidern, als Reagan und er von hinten angesprungen wurden. Der Größere der beiden Angreifer landete auf Eisenhowers Rücken, legte ihm den Arm und den Hals und drückte zu. Reagan und der Kleinere wälzten sich im Dreck.
Eisenhower begann, sich um die eigene Achse zu drehen, und die Beine seines Kontrahenten wirbelten durch die Luft.
»Überraschungsangriff! Ich hab doch gesagt, du sollst still sein!«, schimpfte Reagan und teilte fleißig Schläge und Tritte aus. Ihre Gegnerin war genauso groß wie sie.
»Ich rette dich!«, rief Eisenhower.
»Zu spät«, sagte die Person auf seinem Rücken. »Mein Punkt!«
»So sind nun einmal die Regeln!«, verkündete Mary-Todd und tauchte mit erhobenen Armen aus dem Nichts auf. »Die Runde geht an Hamilton und Madison. Gut gemacht.«
Mary-Todd Holt holte ein abgewetztes taschengroßes Notizbuch hervor und trug etwas darin ein.
»Du fällst zurück, Liebling. Das kannst du eigentlich besser.«
Eisenhower hatte sich auf alle viere fallen lassen – seine typische Reaktion, wenn er überwältigt worden war. Hamilton, Reagan und Madison sprangen auf ihn. Ihr Vater stand auf, schüttelte mit aller Kraft seine Kinder ab.
»Ich sag doch«, fauchte Reagan, »du musst leiser sein. Wir holen nie auf, wenn du nicht lernst, dich unauffälliger heranzupirschen.«
»Sieh dir doch mal diese Arme an!«, brüllte Eisenhower und deutete auf seine absurd prallen Bizeps. »Ich
kann sie nicht stillhalten. Die kämpfen nun mal zu gerne.«
»Mein Vater ist ein Tier«, seufzte Reagan. »Hilfe.«
Eisenhower nahm Hamilton zur Seite, legte einen Arm um ihn und die beiden gingen ein Stück. Vater und Sohn wirkten wie zwei große, wuchtige Türme.
»Hast du was von ihnen gehört?«, fragte Eisenhower. Er fand, dass es höchste Zeit für ein Gespräch zwischen Vater und Sohn war, aber irgendwie verliefen diese Unterredungen nie wie geplant.
»Ja, vor ein paar Minuten«, erklärte Hamilton. Der Junge schien gleich wieder eingeschüchtert. »Sie haben mir das nächste Ziel genannt. Ich glaube, wir sind nah dran.«
»Wir setzen großes Vertrauen in dich. Es wäre eine furchtbare Enttäuschung, wenn die beiden uns an der Nase herumführen würden.«
»Niemals, Papa. Es stimmt alles, da bin ich mir sicher.«
»Das rate ich dir auch. Wenn du scheiterst, dann scheitert die ganze Familie. Und du weißt, wie ich zu Misserfolgen stehe.«
Sie liefen noch ein paar Schritte und Eisenhower klopfte seinem Sohn auf den Rücken.
»Dir ist doch klar, dass wir die beiden am Ende doch abhängen müssen, oder? Wir können es uns nicht leisten, zurückzufallen. Wenn wir auf einen Hinweis stoßen,
müssen wir ihn für uns behalten. Und glaub nicht, die würden das anders machen. In dieser Beziehung sind sie nicht besser als ihre
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