Die 4 Kraefte der Selbstheilung
authentischer als das, was er in Worten von sich gibt. Denn lange bevor der Mensch eine Sprache entwickelte, verständigte er sich – wie die Tiere – über diese körperlichen Signale. Das kann man in jeder Begegnung feststellen, bei der man einigermaßen aufmerksam auf den anderen achtet. Vor allem das Gesicht des Gegenübers verrät oft unmittelbar, wie es ihm wirklich geht.
Fröhlichkeit, Überraschung, Wut, Ekel, Furcht, Traurigkeit und Verachtung werden in allen Kulturen in gleicher Weise ausgedrückt. Alle Stimmungen und Emotionen spiegeln sich in der Körperhaltung, in der Art der Bewegungen und vor allem in der Mimik wider.
Mithilfe einer besonderen Untersuchungsmethode, der Elektromyografie (EMG; eine Methode, die die Aktionsströme im Muskelgewebe registriert), kann man die Reaktionszeiten der mimischen Muskulatur sogar messen: So reagiert die Gesichtsmuskulatur schon nach 30 bis 40 Millisekunden. Bis zur Verschaltung eines Gefühls in den entsprechenden Gehirnregionen dauert es immerhin 50 bis 100 Millisekunden. Bis zum Erkennen und Bewusstwerden dauert es weitere 120 bis 150 Millisekunden.
Nun haben Sinne und Organe zum einen die Aufgabe, Nachrichten und Reize aus der Außenwelt zu erhalten und sie entsprechend zu verarbeiten, aber auch Signale an die Umwelt zu senden. So können wir mit unserer Umwelt und mit anderen Menschen umgehen und uns in dieser Welt orientieren. Unsere Sinne und Organe sind aber darüber hinaus unentwegt damit beschäftigt, in Beziehung mit uns selbst zu stehen beziehungsweise an dieser Beziehung zu »arbeiten«. Wer in gutem Kontakt zu sich selbst steht, kann die Sprache seines Körpers richtig deuten. Er isst dann, wenn er hungrig ist, trinkt etwas, wenn er Durst verspürt, oder macht einen Spaziergang, weil er das Gefühl hat, er müsse sich noch einmal die Beine vertreten. Im Idealfall pflegt man diese Beziehung zu sich selbst, indem man seine seelischen und körperlichen Regungen fortlaufend wahrnimmt und soweit möglich auf seine Bedürfnisse eingeht. Alle Nachrichten aus unserem Inneren, unsere Gefühle und Empfindungen sind die körperliche Grundlage unseres Selbstbewusstseins und unseres Wohlbefindens.
Mit Elektromyografie lässt sich zeigen, wie extrem schnell die mimische Muskulatur auf Gefühle reagiert.
Unser Körper-Ich
Sigmund Freud formulierte aus dieser Beobachtung heraus, dass unser Ich wesentlich ein Körper-Ich ist. Denn jede seelische Regung findet ihren körperlichen Ausdruck: Wenn man traurig ist, weint man. Umgekehrt nimmt das Seelenleben durch die fließenden Tränen dieses körperliche Geschehen wahr: Man ist traurig. So verhält es sich mit allem: Wenn man friert oder es einem zu heiß ist, wenn man wach ist oder müde, wenn man wütend oder belustigt ist, wenn einem die Angst im Nacken sitzt, wenn man Wut im Bauch hat oder wenn einen eine Situation schier erschlägt. Diese leib-seelischen Prozesse laufen ständig ab; sie sind so selbstverständlich, dass sie uns meist gar nicht bewusst sind.
Wie sich seelische Verletzungen manifestieren
Jede Form von Stimmung bildet sich körperlich ab. Das ist bei einer angenehmen, entspannten Stimmungslage ebenso der Fall wie bei einem Missbehagen. Letzteres kann sich durch Belastungssituationen so vertiefen, dass es dem Betroffenen kaum gelingt, wieder herauszufinden. Jeder kennt diese Empfindungen: Man hat Ärger mit dem Partner, dem Kollegen oder dem Chef und fühlt sich momentan in die Ecke gedrängt oder ist wütend. Auf der Körperebene zeigt sich dies in typischen Stressreaktionen (siehe > ): Der Puls wird schneller, die Muskelanspannung verstärkt sich, man entwickelt eine besondere Körperhaltung, zum Beispiel indem man sich kleiner macht oder regelrecht erstarrt, und die Konzentration des Blutzuckers erhöht sich.
Unter normalen Umständen, wenn der Stress beispielsweise durch ein konstruktives Gespräch, eine Lösung des Problems oder einfach durch Dehnübungen oder einen Spaziergang abgebaut wird, kann sich der Körper selbst regulieren und alle Reaktionen wieder auf ein gesundes Maß herunterfahren. Wird die Situation jedoch als ausweglos empfunden, sind unsere Möglichkeiten zur Erholung und Selbstheilung sehr stark beeinträchtigt.
Signale des Körpers
Hat man das Gefühl, nichts mehr tun zu können, bleiben einem nur noch sogenannte Schreck- oder Totstellreflexe. Diese gehören zu unseren ererbten Schutz- und Überlebensreaktionen. Sie helfen einem dabei, auszuweichen oder sich
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