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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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ob es unter anderen Umständen bei der üblichen Hinterhofzündelei, Ladendiebstahl oder dem einen oder anderen Einstieg auf Baustellen und nach Schulschluss in unsere eigene Highschool geblieben wäre. Die meisten anderen Jungen in unserer Bande waren die Kinder von Freunden meines Vaters. Jeder versuchte den anderen zu übertreffen. Wenn Smiles, fünfzehn, sich den Lincoln seines Vaters für eine Spritztour auslieh, dann klemmte sich Luis den BMW des Nachbarn. Die Lage wird sehr schnell sehr brenzlig. Als ich sechzehn war, waren mein Bruder und seine Freunde um die einundzwanzig, und zu dieser Zeit war ziemlich klar, dass der harte Kern immer tiefer in die Kriminalität abrutschen und nicht mehr sauber werden würde. Community College oder Manager der Feinkostabteilung bei Food Lion? Sicher nicht. Sie hatten Autos und Mädchen, nahmen Drogen und zockten. Dafür brauchten sie schnell und leicht verdientes Geld, da waren Gewerkschaftsbeiträge und Lohnsteuer kein Thema.
    Anfangs versuchte ich mich aus allem herauszuhalten. Diesen wahnsinnigen Antrieb, der die anderen verband, hatte ich nicht. (Obwohl ich mitmachte, wenn sie mich zu irgendwelchen Sachen anstachelten, wie zum Beispiel von einem Dach zu springen. Aber ich war mehr der Feigling, der sein Gesicht nicht verlieren wollte, als der Draufgänger, der seinen Hals riskierte.) In meinem Hinterkopf spukte immer der Gedanke herum, dass ich meinen Vater enttäuschte. Wenn sie mich überhaupt mitnahmen, zockelte ich mit eingezogenem Kopf hinter ihnen her. Wenn sie mich auswählten und unter Druck setzten, dann machte ich jede Mission mit (wir nannten das Mission, als wären wir das A-Team und nicht irgendeine Jugendgang). Allerdings war ich als Teenager fast immer mehr Tüftler als Gauner. Meine kriminelle Hauptleidenschaft war das Auseinanderbauen und Wiederzusammensetzen von Tür- und Bolzenschlössern. Daran hatte ich Spaß, mehr aus Neugier als wegen des Profits, so ähnlich wie im Labor der Schule, wo ich mich am wohlsten fühlte.
    Während mein Vater im Gefängnis saß, geriet mein Bruder immer mehr in Betrügereien und andere krumme Dinger. Vielleicht suchte er so den Kontakt zu unserem Vater. Auch ich liebte Gaunereien, ich liebte die Logik dahinter, die akkuraten Mechanismen eines sauber eingefädelten Schwindels, die funktionierten wie die gespannte Feder hinter dem Köder einer Mausefalle. Aber Jack besaß die Dreistigkeit, die mir fehlte, und die war, wenn man Leute ausnehmen wollte, unverzichtbar. Mein Vater war genauso. Dreistigkeit war unbe dingt erforderlich, wenn man eine Show abziehen wollte, wenn man sich in der Mitte eines Restaurants aufbauen, herumbrüllen und den Beleidigten und Beschissenen spielen wollte, obwohl man selbst für die Beleidigungen und den Beschiss verantwortlich war. Als mein Bruder sich einverstanden erklärte, mich bei einer dieser Nummern mitzunehmen, versteckte ich meine zitternden Hände und spielte, um ihn zu beeindrucken, den, der im Restaurant herumbrüllte, dass ich dem Typen an der Kasse einen Fünfziger gegeben hätte und das auch beweisen könne.
    Ich war der typische jüngere Bruder. Für Jack hätte ich alles getan. Als unsere Mutter krank wurde, war es dann endgültig vorbei mit meinen Gewissensbissen. Es war klar, dass wir vor nichts zurückschreckten, um die Rechnungen bezahlen zu können. Eines Abends, als ich neunzehn und der beste Türschlossknacker war, den mein Bruder oder einer seiner Freunde kannten, bat er mich, einen kleinen Job für ihn zu erledigen. Ich sagte Ja. Das ruinierte mein Leben so gründlich, dass ich es erst jetzt, zehn Jahre später, wieder in den Griff bekam.
    Je mehr Marcus mir beibrachte, desto klarer wurde mir, wie sehr mein neuer Beruf mit den Geschäften unseres Familienbetriebs harmonierte.
    Bei Davies spionierten wir allerdings keine Opfer aus, wir taxierten Zielpersonen. Wir sagten auch nicht Lockvogel, Anreißer oder Köder, sondern Anbahnungspersonen, wir machten nicht Beute, wir unterbreiteten Angebote.
    Ich muss sagen, dass mich die Sprache nervte. Statt über den guten, alten »Jamaican Switch« , den »Rag« oder »Pig- in-a-Poke« redeten wir über 501(c), PACs und Unteraus schüsse.
    Aber trotz des altmodischen Gaunerjargons, den ich als Kind aufsaugte: Tatsache ist, dass ich einen Scheiß wusste über das wahre Wesen von beiden Geschäften, bei denen es darum ging, das Vertrauen der Menschen zu erlangen und sie dazu zu bringen, das zu tun, was du willst. Mein Vater

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