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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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Ausschalten von Wachposten gelernt hatte (nicht dass ich oft Wachposten gemeuchelt hätte – woran ich mich aus meiner Dienstzeit vor allem erinnere, ist, dass ich mir immer wieder 8 Mile angeschaut und beim Einschlafen versucht habe, die Geräusche auszublenden, die meine Kameraden machten, wenn sie sich einen runterholten).
    Ich war mir eigentlich ziemlich sicher, was passieren würde, und rechnete gar nicht damit, zu nahe an Marcus heranzukommen, aber die Geschwindigkeit überraschte mich dann doch. Gerade hatte ich mich noch auf Zehenspitzen an ihn herangeschlichen, und schon lag ich mit dem Gesicht im Kies – so schnell, als hätte jemand ein paar Sekunden aus einem Film herausgeschnitten. Marcus stand über mir und hielt meine Hand zwischen Daumen und Zeigefinger fest. Er hatte mir den Arm in einem so exakten Winkel verdreht, dass mir jede Bewegung, sogar das Atmen zur Qual wurde und ich kurz daran dachte, es ganz einzustellen. Ich schaute zu ihm hoch. Die Zigarette hing ihm lässig zwischen den Lippen, während er mir zutiefst gelangweilt Schmerzen zufügte, und zwar einhändig und mit einer Leichtigkeit, als zappte er auf einer Fernbedienung zum nächsten Sender.
    Er ließ meinen Arm los. »Tut mir leid, Kumpel«, sagte er. »Hab mich erschreckt.«
    »Keine Ursache«, sagte ich und versuchte mir den rasenden Schmerz, der mir von der Hand bis zur Schulter durch den Arm schoss, nicht anmerken zu lassen. »Ich glaube, ich weiß jetzt, was ich wissen wollte.«
    »Gut so.«
    Ich stand auf. »Was sagten Sie, was Sie gemacht haben, bevor Sie zur Davies Group kamen?«
    »Handelsberatung«, sagte er mit vollkommen ausdruckslosem Gesicht und klopfte mir den Staub vom Anzug.
    »Sicher.«
    Womit kann man also seinem Boss kommen, einem beinharten Ex-CIA-Mann, der schon alles hat? Ich fing damit an, pünktlich, genau nach Vorschrift, meine Spesenabrechnung einzureichen.
    Es war schlau von Henry Davies, alte Spione anzuheuern und ihre Kenntnisse zu nutzen, um Politiker und nicht Sowjets umzudrehen. Das erklärte jedenfalls zu einem Großteil den Jargon, den Marcus benutzte. Es gab jede Menge Geheimdienstleute in der Navy, aber ich hatte nie einen kennengelernt, der auch operativ tätig gewesen war, einen von den Spezialeinheiten wie den SEALs, also fand ich es ziemlich cool, von Marcus lernen zu können. Einmal fragte ich ihn: »Werden Sie mir auch die Sachen beibringen, die … na ja, Sie wissen schon …?«
    »Die fiesen Tricks? Wie man Leute mit einem Briefumschlag tötet? Den Scheiß?«
    Ich schätze, das hatte ich gemeint.
    »Nein«, sagte er. Stattdessen gab er mir die Kopie eines Zeitschriftenartikels, »Adaptiver und maladaptiver Narzissmus unter Politikern«, und eine zwölf Seiten lange Abhandlung über Psychologie. Weil der ganze Sexkram nur Ablenkung war, Partytricks. Was der Job erforderte, war ein vernünftiges Verständnis der menschlichen Natur und eiserne Ausdauer bei den Hausaufgaben und der Beobachtung der Beute.
    Jemand in der Davies Group hatte ein gutes Dossier über den Abgeordneten Walker zusammengestellt. Durch das Psychoprofil, das Marcus mir gegeben hatte, wusste ich bereits vor unserem ersten Treffen über ihn Bescheid: über die Zockerei, die Anliegen, die er in Georgetown »unterstützte«, die Leute, mit denen er sich abgab, ein paar Hobbys.
    Marcus fragte mich nach meinem Plan, wie ich Walker unter Kontrolle bringen wollte. »Auf den nächsten Tipp vom Hamburglar zu warten wird da wohl nicht reichen, oder?«
    »Kaum«, sagte Marcus.
    »Irgendwelche Vorschläge?«, fragte ich.
    »Freunden Sie sich mit ihm an«, sagte er. Er gab mir fünfzehnhundert Dollar aus der Portokasse und schickte mich los, Walker kennenzulernen. Nichts mit toten Briefkästen, Austauschen von Kuverts im Vorbeigehen oder sonstigem coolen Spionagescheiß, den ich gern lernen wollte. Wenn man die Psychologie und den Jargon weglässt, bleibt Folgendes übrig: Bringe ihn dazu, dass er dir vertraut; bringe ihn dazu, dass er dir helfen will; bringe ihn dazu, dass er dein Freund wird. Das ist der Job. Abhängen mit den Jungen und Schönen. Hartes Leben, was?
    Den ersten wirklichen Fortschritt bei Walker machte ich in einem adretten Laden in der Wisconsin Avenue in Georgetown, einer Bar nur für Mitglieder. Die Kundschaft stammte hauptsächlich aus den Südstaaten, Burschen, die allesamt in Studentenverbindungen gewesen waren, wohlhabende Wuschelköpfe mit Namen wie Trip und Reed, die das ganze Jahr Flip-Flops und zum Blazer

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