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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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ihm die Davies Group die Richtung für ein paar gute Politikentscheidungen vor. Ich hatte gelernt, dass es nur so funktioniert in D C. Chorknaben liefern keine Ergebnisse.
    Roebling zog ein Foto von einem kleinen Kind im Rollstuhl hervor. Der Senator, ein wahrer Menschenfreund, brachte vor Rührung kein Wort heraus. Eine junge Frau tröstete ihn. Er legte ihr den Arm um die Schultern. Ich entschuldigte mich, bevor ich mich übergeben musste.
    Überall im Raum das Gleiche. Der eine musste eine Anklage seines Sohnes wegen Marihuanabesitzes aus der Welt schaffen (Winnie jr. war der Rockband Phish durch die Lande gefolgt), der andere wollte nur Mitglied im Pine Valley Golf Club werden. Eine andere wollte ihren Schwachkopf von Sohn in der St. Albans School unterbringen, und irgendein armseliger Pantoffelheld verkaufte seine Prinzipien zu einem Einwanderungsgesetz, damit Celine Dion seinem Hausdrachen zum Fünfzigsten ein Ständchen bringen konnte.
    Das waren die lustigen, die netten Geschichten. Meist plagte man sich einfach damit ab, herauszufinden, wer – Abgeordnete, Beamte einer Aufsichtsbehörde, mächtige Firmenbosse, Interessengruppen, ausländische Regierungen – Bedarf an welcher Gefälligkeit hatte und wer wem zu welchem Preis damit dienen konnte. In der Hälfte der Fälle mussten wir nach den maßgeblichen Personen gar nicht suchen. Sie kamen selbst zu Davies, weil sie wussten, dass wir diskret Deals zwischen Gruppen aushandelten, die niemals öffentlich machen konnten, dass sie miteinander in Kontakt standen. Die Davies Group war wie eine brodelnde Börse, die Washingtons Wünsche und Bedürfnisse zusammenbrachte und für ihre Dienste eine kleine Provision nahm.
    Diese Stadt mit ihrer dauernden Klüngelei, ihrem nackten Eigennutz kann einen ein bisschen zynisch machen. Man sehnt sich dann nach einem langen, heißen Bad. Ich war also froh, als ich mich im Raum umschaute und einen attrakti ven älteren Mann sah, der mit Jacke und Hut in der Hand dastand und sich inmitten der plaudernden Grüppchen alles andere als wohlzufühlen schien. Der Mann hieß Malcolm Haskins und war beigeordneter Richter am Obersten Gerichts hof. Er gehörte keiner bestimmten Fraktion an und votierte unterschiedlich, hatte also bei knappen Entscheidungen die ausschlaggebende Stimme. Er ließ sich bei gesellschaftlichen Anlässen in Washington nur selten blicken. Er sah so bescheiden aus wie der Physiklehrer einer Highschool. Er mied die Cocktailpartys von Georgetown und war so gewissenhaft auf seine Unparteilichkeit bedacht, dass er bei einem gesponserten Empfang nicht mal eine Krabbenpastete gegessen hätte.
    Sein Anblick baute mich auf. Der Kuhhandel, den wir bei Davies praktizierten, war ein unverzichtbarer Teil der Politik – ein Blick in die Federalist Papers genügt. Ich war zwar in all das Geschacher verwickelt, fand den Gedanken aber doch tröstlich, dass es noch Männer und Institutionen gab, die sich nicht darauf einließen und nicht korrumpierbar waren.
    Während ich darauf wartete, dass die Schlange an der Bar kürzer wurde, begutachtete ich ein modernes Kunstobjekt an der Wand – eine Frau mit vier Brüsten, soweit ich das erkennen konnte. Plötzlich tauchte ein brauner kraushaariger Klumpen von Hund auf und sprang kläffend an mir hoch.
    Nicht dass ich Hunde hassen würde, wir blicken nur auf keine einvernehmliche gemeinsame Geschichte zurück. Ich kann alle Leute einige Zeit und einige Leute alle Zeit zum Narren halten, aber Hunde erschnüffeln irgendwie immer, dass ich im Grunde meines Herzens ein Eindringling bin.
    Eine Frau mit gestrafftem Gesicht kam auf mich zu, packte die Bestie am Halsband und warf mir einen entschuldigenden Blick zu.
    Gleichzeitig spürte ich, dass jemand verstohlen neben mir stand. Es war Marcus, der sich köstlich über das nicht nachlassende hysterische Kläffen amüsierte.
    »Ist das ein Labradoodle?«, fragte er.
    »Ein Schnudel«, sagte die Frau.
    Marcus lächelte. »Reizend.«
    Sie zog den immer noch schnappenden Hund in ein Nebenzimmer.
    »Schlauer Hund«, sagte Marcus.
    »Was kann ich für Sie tun, Boss?«
    »Links hinter Ihnen«, sagte Marcus. Ich schaute mich um und sah den Kongressabgeordneten Eric Walker aus Mississippi, der mit seinen zweiunddreißig Jahren das jüngste Mitglied des Repräsentantenhauses war.
    Verdammt. Marcus hatte mich zu dieser Party eingeladen, aber er hatte mir nicht gesagt, dass Arbeit auf mich wartete. Ich hatte mich schon gefragt, was ich hier sollte, da

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