Die 6. Geisel - Thriller
drüben.«
Ich ließ Conklin und Klassen am Computer zurück und arbeitete mich langsam nach unten vor. Ich schaute in jedes Zimmer, öffnete Türen, sah in Schränken nach, spähte und lauschte und hoffte dabei von ganzem Herzen, irgendwo ein kleines Mädchen zu finden.
Mr. Wu bezog gerade das Bett in einem Schlafzimmer im ersten Stock. Ich zeigte ihm meine Marke und ein Foto von Madison Tyler.
»Haben Sie dieses kleine Mädchen schon einmal gesehen?«, fragte ich ihn.
Er schüttelte energisch den Kopf. »Keine Kinder hier. Mr. Klassen nicht mögen Kinder. Keine Kinder hier.«
Zehn Minuten später stand ich auf den Stufen vor der Haustür und sog die kalte, reine Luft tief in meine Lungen. Conklin kam heraus und zog die schwere Eichentür hinter sich zu.
»Na, das hat vielleicht Spaß gemacht«, sagte ich.
»Sein Alibi dürfte standhalten«, sagte Conklin, während er eine Liste mit Namen und Telefonnummern zusammenfaltete und in sein Notizbuch steckte.
»Ja, das ist mir auch klar. Rich, denkst du, der Typ steht auf Kinder?«
»Ich schätze, der fährt auf alles ab, was sich bewegt.«
Klassen stand in seiner Einfahrt, als Conklin und ich in unseren Einsatzwagen stiegen. Er hob die Hand, ließ uns noch einmal sein strahlendes Cheese-Lächeln sehen und rief: » Bye-bye! «
Leise vor sich hin pfeifend polierte er die silberne Flanke seines Jaguars, während wir in unserem bescheidenen Ford davonfuhren.
54
Conklin und ich saßen einander im Bereitschaftsraum gegenüber. Neben meinem Telefon lag ein Stapel unbearbeiteter Hinweise aus der Bevölkerung. Madison Tyler war an allen möglichen Orten gesichtet worden - von Ghirardelli Square bis Osaka in Japan.
Germaniuks Autopsiebericht über Paola Ricci lag aufgeschlagen vor mir. Todesursache: Kopfschuss. Todesart: Mord.
Der Doktor hatte ein Post-it auf seinen Bericht geklebt. Ich las meinem Partner die Nachricht laut vor.
Sergeant Boxer,
die Kleider haben wir ins Labor geschickt. Ich habe einen Abstrich für ein Rape-Kit gemacht, damit ich sagen kann, dass ich es versucht habe, aber rechnen Sie nicht mit irgendwelchen Ergebnissen - dazu hat sie zu lange im Wasser gelegen. Die Kopfverletzung ist ein glatter Durchschuss. Projektil wurde nicht gefunden.
Gruß, H. Germaniuk
»Ein totes Mädchen - und wir stecken in einer Sackgasse«, sagte Conklin und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Die Kidnapper schrecken nicht vor Mord zurück. Und mehr wissen wir nicht.«
»Also, was haben wir übersehen? Wir haben eine nicht sehr brauchbare Aussage einer Zeugin, die uns vage Beschreibungen der Täter und des Wagens geliefert hat. Wir haben kein Kennzeichen, keine Spuren vom Tatort - keine Zigarettenkippen, keinen Kaugummi, keine Geschosshülsen, keine Schuhspuren. Und keine verdammte Lösegeldforderung. «
Conklin lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sagte zur Zimmerdecke: »Die Täter treten auf wie brutale Schlägertypen,
nicht wie Triebtäter. Erschießen Paola kurz nachdem sie sie entführt haben. Was soll man davon halten?«
»Sieht aus, als wäre der Typ mit der Knarre nervös gewesen. Vielleicht mit Crack zugedröhnt. So, als hätte jemand ein paar Gangmitglieder für den Job engagiert. Oder Paola war für sie einfach nur Ballast, also haben sie sie aus dem Weg geräumt. Oder sie hat sich gewehrt, und sie sind in Panik geraten. Aber du hast schon recht, Rich«, sagte ich. »Hundertprozentig.«
Sein Stuhl knarrte, als er ihn wieder gerade stellte.
»Wir müssen diese ganze Ermittlung auf den Kopf stellen. Uns darauf konzentrieren, den Mord an Paola Ricci aufzuklären«, fuhr ich fort und klopfte mit der flachen Hand auf den Autopsiebericht. »Sie ist tot, aber sie könnte uns immer noch zu Madison führen.«
Conklin rief gerade im italienischen Konsulat an, als Brenda ihren Stuhl zu mir umdrehte. Sie legte eine Hand über die Sprechmuschel ihres Telefons.
»Lindsay, Anruf für Sie auf Leitung vier. Er will seinen Namen nicht nennen. Klingt … irgendwie unheimlich. Ich lasse den Anruf zurückverfolgen.«
Ich nickte, und mein Herzschlag schaltete einen Gang hoch, als ich die Taste an der Telefonkonsole drückte.
»Hier spricht Sergeant Boxer.«
»Ich werde das nur ein einziges Mal sagen«, meldete sich die digital veränderte Stimme. Es hörte sich an wie ein Frosch, der durch eine Luftpolsterfolie spricht. Ich gab Conklin ein Zeichen, dass er an meinem Apparat mithören solle.
»Wer ist da?«, fragte ich.
»Das spielt keine Rolle«, sagte
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