Die 6. Geisel - Thriller
Polizei einzuschalten? Hat sich irgendetwas dergleichen abgespielt?«
»Nein, nichts«, antwortete Elizabeth Tyler. »Henry? Hast du im Büro von ihnen gehört?«
»Kein Wort. Ich schwöre es.«
Ich dachte an Paola Ricci, als ich die Tylers ansah. »Sie sagten uns, Paola Ricci sei Ihnen sehr empfohlen worden«, sagte ich. »Wer hat sie Ihnen empfohlen?«
Elizabeth Tyler beugte sich vor. »Paola ist direkt von ihrer Agentur zu uns geschickt worden.«
»Was ist das für eine Agentur?«, fragte Macklin. Sein mahlender Unterkiefer verriet den Druck, unter dem er stand.
»Es ist eine Stellenvermittlung«, antwortete Elizabeth Tyler. »Sie unterziehen junge Frauen aus dem Ausland einem Auswahlverfahren, betreuen sie und bilden sie aus. Sie besorgen ihnen Arbeitspapiere und vermitteln ihnen Jobs. Paola hatte
hervorragende Referenzen, sowohl von der Agentur als auch aus Italien. Sie war eine tüchtige junge Frau. Wir haben sie sehr gemocht.«
»Die Agentur wird von den Arbeitgebern bezahlt?«, fragte Jacobi.
»Ja. Ich glaube, wir haben ihnen achtzehntausend Dollar gezahlt.«
Bei der Erwähnung dieser Summe verspürte ich ein Prickeln entlang der Oberarme und ein Gefühl in der Magengrube, als ob ich fiele.
»Wie heißt diese Agentur?«, fragte ich.
»Westbury. Nein, Westwood-Agentur«, antwortete Henry Tyler. »Werden Sie mit ihnen reden?«
»Ja, und bitte sprechen Sie mit niemandem über diesen Anruf«, warnte Jacobi die Tylers. »Fahren Sie einfach nur nach Hause, bleiben Sie in der Nähe Ihres Telefons. Und überlassen Sie die Westwood-Agentur getrost uns.«
»Sie werden mit ihnen Kontakt aufnehmen?«, fragte Henry Tyler noch einmal.
»Wir werden ihnen die Tür einrennen.«
57
Cindy telefonierte mit Yuki, während sie die Spülmaschine einräumte.
»Er ist einfach so witzig«, schwärmte Cindy von Whit Ewing, dem gut aussehenden Reporter der Chicago Tribune , den sie vor rund einem Monat beim Prozess gegen das Municipal Hospital kennengelernt hatte.
»Der Typ mit der Brille, nicht wahr? Der durch den Notausgang aus dem Gerichtssaal gestürmt ist und den Alarm ausgelöst hat?« Yuki musste lachen, als sie sich an die Szene erinnerte.
»Genau. Und weißt du was … er kann sich auch selbst auf den Arm nehmen. Whit sagt, er ist der streberhafte jüngere Bruder von Clark Kent.« Cindy lachte. »Er hat mir angedroht, dass er in die Stadt geflogen kommt, um mich zum Essen auszuführen. Er versucht sogar, es so zu drehen, dass er als Berichterstatter beim Brinkley-Prozess eingesetzt wird.«
»Also, jetzt mal ganz langsam zum Mitschreiben«, sagte Yuki. »Hast du etwa ernsthaft vor, denselben Fehler zu machen wie Lindsay? Hör mal zu, Whit wohnt in Chicago. Wieso willst du unbedingt eine Fernbeziehung anfangen, wo du doch weißt, dass so was von vornherein zum Scheitern verurteilt ist?«
»Na, ich denk mir eben … es ist schon eine ganze Weile her, dass ich zuletzt - na ja, ein bisschen Spaß hatte.«
»Bei mir auch«, seufzte Yuki. »Ich kann mich nicht nur nicht erinnern, wann es war, ich weiß auch nicht mehr, mit wem !«
Cindy gluckste amüsiert. Dann bat Yuki sie, einen Moment zu warten, weil sie einen anderen Anruf annehmen musste. Als sie sich wieder meldete, sagte sie: »Du, Cindy, Red Dog verlangt nach mir. Ich muss losdüsen.«
»Na dann, lass dich nicht aufhalten«, antwortete Cindy. »Wir sehen uns im Gericht.«
Cindy legte auf, schaltete die Spülmaschine ein und nahm die Tüte aus dem Mülleimer. Sie verknotete sie, ging damit hinaus auf den Flur und drückte den Aufzugknopf. Als der Lift rumpelnd zum Stillstand kam, vergewisserte Cindy sich zuerst, dass die Kabine leer war, ehe sie einstieg.
Sie dachte an Whit Ewing, an Lindsay und Joe, und daran, dass solche Fernbeziehungen immer etwas von einer Achterbahn hatten.
Eine Weile macht es Spaß, aber dann wird einem schlecht davon.
Und hier war nun ein weiterer Grund, sich einen Freund zu suchen, der in der Stadt wohnte - es war ihr schlicht und einfach nicht geheuer, allein in diesem Haus zu wohnen. Sie drückte auf »B« für Basement, und der neu verkleidete alte Lift ruckelte langsam abwärts. Eine Minute später trat Cindy hinaus in das feuchte Kellergeschoss des Gebäudes.
Als sie zu den Mülltonnen ging, hörte sie plötzlich eine Frau weinen - ihr Schluchzen hallte von den kahlen Wänden wider - und dann fing auch noch ein Baby an zu schreien!
Was war da los?
Cindy bog um eine Ecke und erblickte eine blonde Frau, ungefähr in
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