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Die 6. Geisel - Thriller

Titel: Die 6. Geisel - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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geschossen. Meine Mom war die Letzte. Er hat ihr eine Pistole direkt an den Kopf gehalten. Ich hab mir ein Eisenrohr geschnappt. Das wollte ich ihm über den Schädel ziehen, aber da hat er auf mich geschossen. Dann ist er über Bord gesprungen. Ich bin ihm nach - aber ich hab ihn verloren.«
    Da begriff ich es erst richtig, was Willie getan hatte. Ich packte ihn an den Schultern, und ich wurde richtig laut. »Und was wäre gewesen, wenn du ihn eingeholt hättest? Hast du mal darüber nachgedacht, Willie? Dieser ›dünne weiße Mann‹ war bewaffnet . Er hätte dich umgebracht. «
    Tränen schossen aus Willies Augen und liefen über sein liebes,
junges Gesicht. Ich ließ seine Schultern los und schloss ihn in die Arme.
    »Aber du warst sehr tapfer, Willie«, sagte ich. »Das war sehr tapfer von dir, dich einem Killer entgegenzustellen, um deine Mom zu schützen. Ich glaube, du hast ihr das Leben gerettet.«

6
    Durch das offene Fenster des Streifenwagens drückte ich Willie einen Kuss auf die Wange. Dann fuhr Officer Pat Noonan Willie ins Krankenhaus, und ich ging an Bord der Del Norte , wo Tracchio noch immer im offenen Bugbereich des Sonnendecks stand.
    Es war ein Bild des Grauens, das sich unauslöschlich in mein Gehirn einbrannte. Die Opfer lagen, wie sie gefallen waren, auf den vielleicht dreißig Quadratmetern des blutverschmierten Fiberglas-Decks, das von Fußabdrücken übersät war, dazwischen verstreute Kleidungsstücke. Eine rote Baseballkappe lag zertrampelt am Boden, inmitten von Pappbechern, Hotdog-Verpackungen und blutgetränkten Zeitungen.
    Eine Woge der Verzweiflung drehte mir den Magen um. Der Killer konnte inzwischen weiß Gott wo sein, und jedes Mal, wenn ein Cop, ein Passagier oder ein Sanitäter übers Deck gegangen war, waren wichtige Spuren vernichtet worden.
    Außerdem musste ich immerzu an Claire denken.
    »Alles okay mit Ihnen?«, fragte Tracchio.
    Ich nickte. Ich fürchtete, wenn ich jetzt anfinge zu weinen, könnte ich nicht mehr aufhören.
    »Das ist Andrea Canello«, sagte Tracchio und deutete auf die Leiche einer Frau, die an der Reling lehnte, bekleidet mit einer hellbraunen Hose und einer weißen Bluse. »Laut Aussage des Burschen da drüben« - er zeigte auf einen Teenager mit Igelfrisur und einem Sonnenbrand auf der Nase -, »hat der Täter zuerst auf sie geschossen. Und dann auf ihren Sohn. Ein kleines Kind von vielleicht neun Jahren.«
    »Wird der Junge durchkommen?«, fragte ich.
    Tracchio zuckte mit den Achseln. »Er hat eine Menge Blut verloren.« Er deutete auf ein anderes Opfer, einen Weißen mit
silbernem Haar, schätzungsweise in den Fünfzigern. Er lag halb unter einer Bank.
    »Per Conrad. Maschinist. Hat auf der Fähre gearbeitet. Vermutlich hat er die Schüsse gehört und wollte helfen. Und der da«, fuhr er fort und wies auf einen Mann mit asiatischen Zügen, der in der Mitte des Decks flach auf dem Rücken lag, »ist Lester Ng, Versicherungsvertreter. Noch so einer, der ein Held hätte werden können. Die Zeugen sagen, es hat sich alles innerhalb von zwei oder drei Minuten abgespielt.«
    Ich versuchte, mir die Szene zu vergegenwärtigen, ausgehend von dem, was ich von Willie erfahren hatte, und dem, was Tracchio mir jetzt erzählte - versuchte, die Spuren zu lesen, die Informationen zu einem sinnvollen Bild zusammenzusetzen.
    Ich fragte mich, ob das Massaker geplant gewesen war, oder ob irgendetwas den Schützen provoziert hat - und falls Letzteres, was der Auslöser gewesen war.
    »Einer der Passagiere will den Schützen vor dem Zwischenfall dort drüben sitzen gesehen haben«, sagte Tracchio. »Er sagt, der Mann sei allein gewesen und habe eine Zigarette geraucht. Eine Packung Turkish Specials wurde unter einem der Tische gefunden.«
    Ich folgte Tracchio zum Heck, wo mehrere geschockte Passagiere auf einer gepolsterten Bank saßen, die in den inneren Bogen der Reling eingepasst war. Manche waren mit Blut bespritzt, manche hielten sich an den Händen. Ihre Mienen waren starr vor Schock.
    Uniformierte Beamte waren noch immer damit beschäftigt, die Namen und Telefonnummern der Zeugen zu notieren und ihre Aussagen aufzunehmen. Sergeant Lexi Rose drehte sich zu uns um und sagte: »Chief, Lieutenant - Mr. Rooney hier hat gute Neuigkeiten für uns.«
    Ein älterer Mann in einer knallroten Nylonjacke trat vor. Er trug eine Brille mit dickem Rahmen, und eine kleine Digital-kamera, ungefähr so groß wie ein Stück Seife, hing an einer
schwarzen Schnur um seinen Hals. Seine

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