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Die 6. Geisel - Thriller

Titel: Die 6. Geisel - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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worden!
    Ich packte die Rolltrage und bremste sie, worauf der messingblonde Sanitäter am hinteren Ende mich anblaffte: »Aus dem Weg, Lady!«
    »Ich bin Polizistin! «, erklärte ich ihm und schlug meine Jacke zurück, um ihm meine Dienstmarke zu zeigen.
    »Und wenn Sie der liebe Gott sind, das ist mir egal!«, konterte der Blonde. »Wir müssen sie in die Notaufnahme bringen.«
    Ich stand da mit offenem Mund, und der Herzschlag hämmerte in meinen Ohren.
    » Claire! «, rief ich, und ging mit schnellen Schritten neben der Trage her, als sie die Gangway hinunter und auf den Asphalt holperte. »Claire, ich bin’s, Lindsay! Kannst du mich hören?«
    Keine Antwort.
    »Wie ist ihr Zustand?«, fragte ich den Sanitäter.
    »Begreifen Sie denn nicht? Wir müssen sie ins Krankenhaus schaffen!«
    » Antworten Sie mir, verdammt noch mal! «
    »Herrgott, ich weiß es doch auch nicht!«
    Hilflos stand ich da, während die Sanitäter die Hecktüren des Rettungswagens aufrissen.
    Mehr als zehn Minuten waren vergangen, seit ich Tracchios Anruf erhalten hatte. Die ganze Zeit hatte Claire auf dem
Deck der Fähre gelegen und Blut verloren, hatte mit einem Einschussloch in der Brust zu atmen versucht.
    Ich fasste ihre Hand, und sofort füllten sich meine Augen mit Tränen.
    Meine Freundin wandte mir das Gesicht zu, und ihre Lider flatterten, als sie die Augen zu öffnen versuchte.
    »Linds«, hauchte sie. Ich schob ihre Maske zur Seite. »Wo ist Willie?«, fragte sie mich.
    Da fiel es mir wieder ein - Willie, Claires jüngster Sohn, hatte einen Wochenendjob bei der Fährgesellschaft. Wahrscheinlich war Claire deswegen an Bord der Del Norte gewesen.
    »Wir sind getrennt worden«, keuchte Claire. »Ich glaube, er hat den Amokläufer verfolgt.«

5
    Claires Augen rollten nach oben weg; sie konnte mich nicht mehr hören. Die Beine der Trage knickten ein, und ich konnte nur hilflos zusehen, wie die Sanitäter sie in den Rettungswagen schoben.
    Die Türen knallten zu, dann setzte das ohrenbetäubende Geheul der Sirene ein, und der Rettungswagen mit meiner liebsten Freundin auf dem Weg zum San Francisco General verschwand im Verkehrsgewühl.
    Die Zeit arbeitete gegen uns.
    Der Schütze war geflohen, und Willie hatte ihn verfolgt. Tracchio legte mir die Hand auf die Schulter. »Wir haben schon die ersten Beschreibungen des Täters, Boxer …«
    »Ich muss Claires Sohn finden«, sagte ich.
    Ich riss mich von Tracchio los und lief in Richtung Farmer’s Market. Während ich mich durch die zähfließende Menschenmenge schob, suchte ich die Gesichter ab. Es war, als ob man sich einen Weg durch eine Rinderherde bahnte.
    Ich schaute in jeden verdammten Obst- und Gemüsestand, suchte zwischen den Ständen und durchstreifte die Budenstraßen auf der verzweifelten Suche nach Willie - doch es war Willie, der mich fand .
    Er schob sich durch das Gedränge auf mich zu und rief meinen Namen. »Lindsay! Lindsay!«
    Sein T-Shirt war vorn ganz nass von Blut. Er rang nach Luft, und seine Züge waren starr vor Panik.
    » Willie - wo bist du verletzt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Das ist nicht mein Blut. Meine Mom wurde angeschossen !«
    Ich zog ihn an mich, drückte ihn an die Brust und spürte, wie ein Teil meiner schrecklichen Angst von mir abfiel. Wenigstens war Willie unverletzt.

    »Sie ist auf dem Weg ins Krankenhaus«, sagte ich, und ich hätte liebend gerne hinzugefügt: Sie wird wieder gesund. »Du hast den Schützen gesehen? Wie sieht er aus?«
    »Es ist ein dünner weißer Mann«, erklärte Willie, während wir uns durch die Menschenmenge schoben. »Hat’nen Bart und lange braune Haare. Aber er hat die ganze Zeit nach unten geschaut, Lindsay. Ich hab seine Augen gar nicht gesehen. «
    »Wie alt ist er?«
    »Na ja, vielleicht ein paar Jahre jünger als du.«
    »Anfang dreißig?«
    »In etwa. Und er ist größer als ich, vielleicht eins fünfundachtzig. Er trägt eine Cargohose und eine blaue Windjacke. Lindsay, ich hab gehört, wie er zu meiner Mom gesagt hat, sie hätte den Amoklauf verhindern müssen. Das wäre ihr Job gewesen. Was soll das denn heißen?«
    Claire ist die Leiterin der Rechtsmedizin von San Francisco. Sie ist Ärztin, keine Polizistin.
    »Denkst du, dass es eine persönliche Geschichte war? Dass er es speziell auf deine Mom abgesehen hatte? Dass er sie kannte?«
    Willie schüttelte den Kopf. »Ich hab gerade geholfen, das Schiff festzumachen, als ich die Schreie hörte«, erzählte er. »Er hat zuerst auf ein paar andere Leute

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