Die 7 Suenden
seitdem sie vor ein paar Jahren mitten in eine Tatortbegehung geplatzt ist und mir anschließend bei der Aufklärung des Falls behilflich
war, sind wir wie Schwestern - ich die große und sie die kleine.
Für eine Polizistin ist es nicht einfach, mit einer Journalistin befreundet zu sein. Dieses automatisierte und unreflektierte »Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information« sorgt dafür, dass die Bösewichter viel zu viele Dinge erfahren und dass man kaum noch unvoreingenommene Geschworene findet.
Im Grunde genommen kann man keinem Journalisten über den Weg trauen.
Andererseits liebe ich Cindy wie meine eigene Schwester und vertraue ihr in 99 Prozent aller Fälle auch. Sie saß mir in ihrem schneeweißen Pullover gegenüber, ihre blonden Locken hüpften wie Matratzenfedern auf und ab, und die beiden leicht vorstehenden Schneidezähne machten ihr sowieso schon hübsches Gesicht noch eine Spur hübscher. Sie war die personifizierte Unschuld und gab keinen Zentimeter Boden preis.
»Okay«, presste ich zähneknirschend hervor.
»Okay und Entschuldigung?«
»Okay. Entschuldigung.«
»Gut. Ich vergebe dir. Also, kannst du mir jetzt vielleicht verraten, was da eigentlich los ist?«
»Du bist wirklich ein merkwürdiges Geschöpf, Cindy«, sagte ich, lachte und winkte Yuki und Claire zu, die gerade das Café betraten und sich suchend umschauten.
Claire war mittlerweile so schwanger, dass sie überhaupt nicht mehr in die Sitznische passte. Ich stand auf, zog für sie einen Stuhl an das Kopfende des Tisches, und Yuki schlüpfte neben Cindy auf die Bank. Lorraine nahm unsere Bestellungen auf, und kaum war sie weg, sagte Yuki zu Cindy: » Egal , was ich sage, auch wenn wir uns hier in einem öffentlichen Raum befinden, es ist absolut inoffiziell .«
Claire und ich brachen in schallendes Gelächter aus.
»Ich halt’s nicht aus. Wisst ihr, die Leute denken, dass es ein Vorteil ist, dass ich mit euch befreundet bin«, sagte Cindy und seufzte dramatisch.
»Die Anhörung wegen Junie Moons widerrufenem Geständnis? Ist super gelaufen«, erzählte Yuki dann. »Da Junie vorher über ihre Rechte aufgeklärt worden ist, hat der Richter das Geständnis zugelassen.«
»Sehr gut«, sagte ich und schnaufte vernehmlich. »Ein Punkt für die Guten.«
»Willst du sie denn wirklich wegen Mordes unter Anklage stellen, obwohl du nicht einmal eine Leiche hast, Yuki?«, wollte Claire wissen.
»Es ist ein Indizienprozess, aber auch Indizienprozesse lassen sich gewinnen«, erwiderte Yuki. »Natürlich wäre mir wohler, wenn eindeutige Beweise vorlägen oder wenn Ricky Malcolm irgendeine unterstützende Aussage gemacht hätte.
Aber die verantwortlichen Stellen machen Druck. Und au ßerdem können wir gewinnen.«
Yuki unterbrach sich, nahm ein paar tiefe Züge aus ihrem Bierglas und fuhr fort.
»Die Geschworenen werden Junies Geständnis Glauben schenken. Sie werden ihr glauben und sie für Michael Campions Tod verantwortlich machen.«
16
Am nächsten Tag nach dem Mittagessen saß ich an meinem Schreibtisch im Bereitschaftsraum, als Rich hereinkam. Er stank nach Müllkippe.
»Ein harter Vormittag in Jackson?«
»Ja, aber ich glaube, der Sheriff will sich unbedingt seine fünfzehn Minuten Berühmtheit sichern, bevor das FBI die Angelegenheit übernimmt. Er hat alles unter Kontrolle.«
Ich rümpfte die Nase, als Rich sich seinen Stuhl schnappte, seine langen Beine unter seiner Seite des Tisches zusammenfaltete und seine Kaffeekanne aufmachte.
»Die Unterlagen der Telefongesellschaft beweisen, dass Junie tatsächlich an dem Abend, an dem Michael verschwunden ist, bei Malcolm angerufen hat, genau um 23.21 Uhr. Sie hat ihn an jedem Abend ungefähr um diese Zeit angerufen.«
»Das Mädchen hält Kontakt zu seinem Freund.«
»Und Clapper hat angerufen«, erzählte ich meinem Partner. »Die Fingerabdrücke auf dem Messer stammen von Malcolm.«
»Ach ja? Großartig!«
»Aber das Blut ist Rinderblut«, fuhr ich fort.
»Es ist ein Steakmesser. Er hat ein Steak gegessen.«
»Genau. Aber es wird noch schlimmer.«
»Warte kurz.« Rich ließ ein paar Zuckerwürfel in seinen Kaffee plumpsen, rührte um und trank einen Schluck. »Okay. Schieß los.«
»In der Badewanne waren keinerlei Blut- oder Gewebespuren zu entdecken. Die Haare, die wir ins Labor geschickt haben, haben keine Übereinstimmung ergeben. Außerdem gibt
es kein Anzeichen dafür, dass irgendjemand versucht hat, Blutspuren zu beseitigen. Keinerlei
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