Die 7 Suenden
den Abfall herabbrannte. Möwen und Bussarde kreisten über den Mülldünen, die sich vor unseren Augen bis zu den Ausläufern der Sierra Nevada erstreckten.
Sheriff Oren Brown deutete auf einen ungefähr sechzig mal sechzig Meter großen, abgesperrten Bereich. In etwa dort war Ende Januar der Müll abgeladen worden.
»Als der Gouverneur angerufen hat, hab ich sofort meine Jungs darauf angesetzt«, sagte Braun zu uns. »›Setzen Sie alle Hebel in Bewegung‹, genau das hat er gesagt.«
Wir suchten nach acht schwarzen Müllsäcken in einem Meer aus schwarzen Müllsäcken. Hundert Meter weiter oben wühlten sich ein Dutzend Mitarbeiter des Sheriff’s Department sehr sorgfältig durch sieben Meter hohe Müllberge, alles in allem dreitausend Tonnen Abfall, und der Vorarbeiter begleitete den Hundeführer, der hinter seinen beiden Leichenhunden über die Müllhalde stolperte.
Ich versuchte mir meinen Optimismus nicht nehmen zu lassen, was mir aber in dieser makaberen Umgebung nicht leichtfiel. Ich raunte Rich zu: »Von Michaels Leiche sind doch nach drei Monaten sowieso nur noch Sehnen und Knochen übrig.«
Und dann, als hätte ich Ihnen einen telepathischen Befehl erteilt, schlugen die Hunde an.
Vorsichtig staksten Conklin und ich zusammen mit dem Sheriff zu den hysterisch jaulenden Hunden.
»Da ist etwas in diesem Sack«, sagte der Hundeführer.
Die Hunde hatten eine Einkaufstüte aus Plastik entdeckt, wie man sie im Supermarkt bekommt. Ich bückte mich, sah, dass das Plastik zerrissen und der Inhalt der Tasche in Zeitungspapier verpackt war. Ich schob das Papier beiseite. Sah die angefaulten Überreste eines Neugeborenen. Die Haut des Babys hatte sich abgelöst und besaß eine grünliche Farbe, das weiche Gewebe war von Ratten aufgefressen worden, sodass man nicht mehr sagen konnte, ob es sich um einen Jungen oder ein Mädchen gehandelt hatte. Die Zeitung war erst eine Woche alt.
Irgendjemand hatte dieses Kind nicht gewollt. War es erstickt? Eine Fehlgeburt? In diesem Stadium der Verwesung konnte die Gerichtsmedizin das vielleicht gar nicht mehr feststellen.
Rich bekreuzigte sich und sprach ein paar Worte über der Babyleiche, da klingelte mein Handy.
Ich ging ein Stück hügelabwärts und war froh, dass ich den schrecklichen Anblick dieses toten Kindes nicht mehr länger ertragen musste.
»Bitte, Yuki, sag mir was Schönes«, flehte ich sie an. »Bitte!«
»Tut mir leid, Lindsay. Junie Moon hat ihr Geständnis widerrufen.«
»Nein! Komm schon! Michael ist nicht in ihren Armen gestorben?« Mein aufgewühltes Herz sackte mir bis in die Kniekehlen. Junies Geständnis war im Augenblick das Einzige , was wir hatten.
Wie konnte sie das bloß widerrufen?
»Ja, genau. Jetzt behauptet sie, dass sie mit Michael Campions Tod und seinem Verschwinden nicht das Geringste zu tun hat. Sie sagt, sie sei zu ihrem Geständnis gezwungen worden.«
»Gezwungen? Von wem?«, erkundigte ich mich, weil ich es immer noch nicht kapiert hatte.
»Von dir und Conklin. Die bösen, bösen Bullen haben sie genötigt, etwas zu gestehen, was überhaupt nie passiert ist.«
15
Susie’s Café ist eine Art Kreuzung zwischen dem Cheers und einer tropischen Strandbar auf St. Lucia. Das Essen ist scharf gewürzt, die Steel-Drums werden live gespielt, die Margaritas sind Weltklasse, und die Kellnerinnen kennen nicht nur unsere Namen, sondern wissen auch noch genau, wann sie uns in Ruhe lassen müssen … Cindy und ich hatten etwas zu besprechen.
Wir saßen in unserer Nische im Hinterzimmer, und ich starrte Cindy über den Rand meines Bierglases hinweg wütend an.
»Kapierst du das? Wenn ich dir inoffiziell irgendwas erzähle, dann gebe ich damit Informationen preis. Allein die Bemerkung, dass ich im Fall Campion auf eine neue Spur gestoßen bin, könnte mich den Kopf kosten!«
»Ich schwöre dir, Lindsay, dass ich nichts von dem verwendet habe, was du mir erzählt hast. Das war überhaupt nicht notwendig, weil ich die Geschichte nämlich von ganz oben bekommen habe.«
»Wie ist das denn möglich?«
»Die Geschäftsleitung hat eine eigene Quelle angezapft, und ich habe ein Interview geführt, aber ich verrate dir garantiert nicht, mit wem !«, meinte sie und stellte ihren Bierkrug mit lautem Knall auf den Tisch. »Aber das Entscheidende ist, dass du ein absolut reines Gewissen haben kannst, Linds, weil du mir nämlich kein Sterbenswörtchen verraten hast. Okay? Das ist die Wahrheit .«
Ich bin ein paar Jahre älter als Cindy, und
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