Die Abaddon-Mission (German Edition)
glaube ich allerdings auch, Sir«, lächelte der kleine Mann und wandte sich wieder seinem Term i nal zu.
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Mit seinen 98 Jahren ging Lewis B. Hopkin in der Tat ›auf die Hundert zu‹, aber die beiden Angestel l ten irrten sich gleichwohl. Denn der alte Mann hatte das Unternehmen nicht nur finanziert, sondern b e fand sich in eigener Person an Bord der »Eternity«. Allerdings hatte er sich für die Zeitdauer des Flugs in Tiefschlaf versetzen lassen, um der Langeweile der Überfahrt zu entgehen. Beflissen summende Maschinen hatten ihn mit Sauerstoff und Nahrung s konzen t raten versorgt, während winzige käfergleiche Stimulatoren seine Muskeln und Nerven in Spa n nung hie l ten. Jeder Herzschlag des prominenten Passagiers war aufgezeichnet worden, jede Schwa n kung seines Blutdrucks, sogar die Menge der ausg e schiedenen Flüssigkeit. Anlaß zur Sorge hatte alle r dings zu keinem Zeitpunkt bestanden. Nach Auffa s sung der Maschinen war Lewis B. Hopkin kerng e sund.
Im Augenblick war der Bordarzt damit beschä f tigt, seinen Patienten so rücksichtsvoll wie möglich mit der Notwendigkeit eigenen Atmens vertraut zu m a chen. Das Vorhaben gelang, hatte aber zur Folge, daß sich der alte Mann nach einem heftigen Huste n anfall die Beatmungsmaske herunterriß und den Mediziner mit heiserer, aber durchaus verständlicher Stimme anwies, sich davonzuscheren.
»Darüber reden wir noch«, knurrte Lewis gereizt, als der Arzt keine Anstalten machte, seinem Befehl nachzukommen, ließ sich dann aber doch von ihm aufhelfen und in seine Kabine bringen.
Knapp zwei Stunden später erinnerte nichts an seiner Erscheinung mehr an das hilflose Objekt m e dizin i scher Fürsorge, das Lewis B. Hopkin sechs Monate lang gewesen war. Er hatte geduscht und seine ›Un i form‹ angelegt: verwaschene Jeans, ein beigefarbenes Leinenhemd und eine Lederjacke u n bestimmb a ren Alters. Gerüchte, sie sei aus der Haut eines Dinosauriers gefertigt, entbehrten der Grun d lage, aber sie sah auch nicht unbedingt neu aus. Sein schulterla n ges weißes Haar hatte er wie gewohnt straff nach hinten gekämmt und im Nacken zu einem Zopf g e bunden.
Über seine Herkunft war wenig bekannt – ein Umstand, der zu abenteuerlichen Spekulationen A n laß gab. Besonders hartnäckig hielt sich das G e rücht, daß Hopkin nicht sein richtiger Name sei. Böse Zungen behaupteten sogar, der gebürtige En g länder sei se i nerzeit mit gefälschten Papieren in die Vereinigten Staaten gelangt – möglicherweise, um sich der Strafverfolgung durch die britischen Behö r den zu entzi e hen.
Hopkin schwieg zu Vorwürfen dieser Art. Wenn er interviewt wurde, beschränkte er sich auf Andeutu n gen, wie die, daß er seine Jugend in der Nähe von London verbracht habe und schon früh gezwungen gewesen wäre, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Mehr war weder von Hopkin selbst noch aus seinem Umfeld zu erfahren – aus gutem Grund, denn der Schleier des Geheimnisses, der die Person des Firmengründers umgab, und die Verbindung zu der Totenstadt trug nicht wenig zum geschäftlichen E r folg der Legends MC Inc. bei. Der alte Mann war seit sechzig Jahren im Geschäft, und auch die mi ß günstigsten Kritiker mußten zugeben, daß er selten etwas ohne Grund tat ...
Die Crew und die Passagiere der »Eternity« hatten acht lange Monate Zeit gehabt, darüber zu spekuli e ren, was the Rock dazu bewogen hatte, mit etwa 600 Tonnen ›Marschgepäck‹ zum Mars zu fliegen. Zu einem plausiblen Ergebnis war keine der beiden Gruppen gekommen.
Die Instruktionen waren allerdings präzise gew e sen und die Zeitvorgaben realistisch. Es war also anz u nehmen, daß das Projekt Hand und Fuß hatte.
Für die Mannschaft der »Eternity« war die Miss i on bereits mit der Ankunft des Schiffes in Port M a rineris beendet. Nur ein Dutzend Männer – fast au s schließlich Techniker aus Hopkins Firma – hatte den Auftrag, die Fracht auf dem Weg zu ihrem bislang unbekannten Bestimmungsort zu begleiten. Die B e zahlung war großzügig, allerdings an die Verpflic h tung zum Stillschweigen bis zum Abschluß der A r beiten gebunden.
Angesichts dieser Umstände war die Unruhe der Männer nur zu verständlich, die in der Zentrale des Schiffes auf neue Anweisungen warteten. Keiner von ihnen war jemals auf dem Mars gewesen, und so galt ihr Interesse zunächst den Monitoren der A u ßenkameras, die jedoch außer der grauen Betonfl ä che des Landeplatzes und ein paar verschwommenen Lich t
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