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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Gendarmeriestationen hat man erzählt, daß er immer, wenn er auf Inspektion gekommen is und einen Wolfshund gesehn hat, überhaupt keine Inspektion gemacht, sondern nur den ganzen Tag mitm Wachtmeister vor Freude gesoffen hat.« Und während der Schafhirt die Kartoffeln seihte und saure Schafsmilch in eine Schüssel goß, fuhr der Landstreicher in seinen Erinnerungen an die Gerechtsamkeit der Gendarmerie fort: »In Lipnitz war ein Wachtmeister unterm Schloß. Er hat direkt auf der Gendarmeriestation gewohnt, und ich alter, guter Kerl war immer der Meinung, daß die Gendarmeriestation irgendwo auf einem auffallenden Platz sein muß, zum Beispiel am Markt oder so ähnlich und nicht in einem versteckten Gäßchen. Also ich lauf das ganze Städtchen ab und schau nicht auf die Aufschriften. Ich nehm ein Haus nach dem andern, bis ich in so einer Baracke in den ersten Stock komm, die Tür aufmach und mich meld: ›Ich bitt untertänigst, ein armer Wanderbursch.‹ |264| Ja, meine Lieben! Die Füße sind mir starr geworn. Es war die Gendarmeriestation. Flinten an der Wand, ein Kruzifix am Tisch, das Register auf der Almer, unser Kaiser schaut überm Tisch grad auf mich. Und bevor ich was hab stammeln können, is der Wachtmeister schon auf mich zugesprungen und hat mir in der Tür so eine Ohrfeige gegeben, daß ich über die Holzstiegen bis herunter geflogen bin und erst in Kejzlitz stehngeblieben bin. Das is das Recht der Gendarmen.«
    Sie begannen zu essen. Dann schliefen sie, in der warmen Stube auf Bänken liegend, bald ein.
    In der Nacht kleidete sich Schwejk langsam an und ging hinaus. Im Osten stieg der Mond empor, und in seinem aufgehenden Licht schritt Schwejk nach Osten, wobei er sich wiederholte: Das wäre doch gelacht, daß ich nicht nach Budweis kommen sollt!
    Als er aus dem Walde trat, erblickte er zur Rechten eine Stadt; deshalb wandte er sich nach Westen und dann dem Süden zu, wo wiederum eine Stadt sichtbar wurde. Es war Vodňan. Er wich ihr, über die Wiesen schleichend, geschickt aus, und die Morgensonne begrüßte ihn auf den verschneiten Hängen oberhalb Protiwins.
    Immer vorwärts, sagte sich der brave Soldat Schwejk, die Pflicht ruft. Nach dem verfluchten Budweis muß ich kommen.
    Und durch einen unglücklichen Zufall wandten sich Schwejks Schritte von Protiwin statt südlich nach Budweis, nördlich nach Pisek.
    Gegen Mittag erblickte Schwejk ein Dorf vor sich. Von einer kleinen Anhöhe hinabsteigend, dachte er: So gehts nicht mehr weiter, ich wer fragen, wo man nach Budweis geht.
    Und das Dorf betretend, war er ungemein überrascht, als er auf einem Pfeiler beim ersten Häuschen die Bezeichnung las: Gemeinde Putim.
    »Um Christi willen«, seufzte Schwejk, »da bin ich also wieder in Putim, wo ich im Schober geschlafen hab.«
    Dann aber war er nicht im mindesten überrascht, als hinter dem Teich aus einem weiß getünchten Häuschen, auf dem eine |265| Taube hing – wie man in manchen Orten den Adler nannte –, ein Gendarm trat, wie eine Spinne, wenn sie ihr Spinngewebe überwacht.
    Der Gendarm ging geradewegs auf Schwejk zu und sagte nichts weiter als: »Wohin denn?«
    »Nach Budweis zu meinem Regiment.«
    Der Gendarm lachte sarkastisch. »Sie kommen doch von Budweis. Sie ham Ihr Budweis schon hinter sich«, und zog Schwejk in die Gendarmeriestation.
    Der Putimer Gendarmeriewachtmeister war in der ganzen Umgebung für sein überaus taktvolles und dabei scharfsinniges Vorgehen bekannt. Niemals beschimpfte er Angehaltene oder Verhaftete, sondern unterwarf sie einem solchen Kreuzverhör, daß selbst ein Unschuldiger gestanden hätte.
    Die beiden Gendarmen der Station paßten sich ihm an, und das Kreuzverhör fand stets unter dem Gelächter des gesamten Gendarmeriepersonals statt.
    »Die Kriminalistik ist auf Klugheit und Freundlichkeit aufgebaut«, pflegte der Gendarmeriewachtmeister seinen Untergebenen zu sagen, »jemanden anzubrülln, hat keinen Zweck. Delinquenten und verdächtige Menschen muß man fein behandeln, aber dabei drauf achten, daß sie in dem Ansturm von Fragen ertrinken.«
    »Also schön willkommen, Kamerad«, sagte der Gendarmeriewachtmeister, »setzen Sie sich hübsch, Sie sind sowieso unterwegs müde geworden, und erzähln Sie uns, wohin Sie gehn.«
    Schwejk wiederholte, daß er nach Budweis zu seinem Regiment gehe.
    »Dann haben Sie allerdings den Weg verfehlt«, sagte der Wachtmeister spöttisch, »denn Sie kommen von Budweis, wovon ich Sie überzeugen kann. Über Ihnen hängt

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