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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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eine Karte von Böhmen. Also schaun Sie, Soldat. Von uns südlich liegt Protiwin. Von Protiwin südlich liegt Hluboká und südlich davon liegt Budweis. Also sehn Sie, daß Sie nicht nach Budweis gehn, sondern aus Budweis kommen.«
    Der Wachtmeister blickte Schwejk freundlich an, der ruhig und würdig sagte: »Und ich geh doch nach Budweis.« Das war |266| mehr als Galileis: »Und sie bewegt sich doch!« Denn dieser muß dies offenbar sehr zornig gesagt haben.
    »Wissen Sie, Soldat«, sagte der Wachtmeister ebenso freundlich wie zuvor, »ich werde es Ihnen ausreden, und Sie werden zum Schluß selbst zu der Ansicht kommen, daß jedes Leugnen ein Geständnis nur erschwert!«
    »Da ham Sie ganz recht«, sagte Schwejk, »jedes Leugnen erschwert ein Geständnis und umgekehrt.«
    »Also sehn Sie, daß Sie selbst draufkommen werden, Soldat. Antworten Sie mir rückhaltlos, von wo Sie ausgegangen sind, wie Sie eigentlich nach Ihrem Budweis gegangen sind. Ich sag absichtlich, Ihr Budweis, weil es offenbar noch ein andres Budweis geben muß, das irgendwo nördlich von Putim liegt und bisher in keiner Karte eingetragen ist.«
    »Ich bin von Tabor ausgegangen.«
    »Und was haben Sie in Tabor gemacht?«
    »Ich hab auf den Zug nach Budweis gewartet.«
    »Warum sind Sie nicht mit dem Zug nach Budweis gefahren?«
    »Weil ich keine Fahrkarte gehabt hab.«
    »Und warum hat man Ihnen als Soldaten nicht eine Militärkarte umsonst gegeben?«
    »Weil ich keine Dokumente bei mir gehabt hab.«
    »Da ist es«, sagte der Gendarmeriewachtmeister siegesbewußt zu einem von den Gendarmen, »er ist nicht so dumm, wie er sich stellt, er fängt an, sich hübsch zu verwickeln.«
    Der Wachtmeister begann von neuem, als hätte er die letzte Antwort bezüglich der Dokumente überhört: »Sie sind also von Tabor ausgegangen. Wohin sind Sie denn gegangen?
    »Nach Budweis.«
    Der Gesichtsausdruck des Wachtmeisters wurde ein wenig strenger, und seine Blicke fielen auf die Landkarte.
    »Können Sie uns auf der Karte zeigen, wo Sie nach Budweis gegangen sind?«
    »Ich merk mir nicht alle Orte und erinner mich nur dran, daß ich schon einmal in Putim war.«
    Die ganze Mannschaft der Gendarmeriestation blickte einander |267| forschend an, und der Wachtmeister fuhr fort: »In Tabor waren Sie also auf dem Bahnhof. Haben Sie etwas bei sich? Geben Sie es heraus.«
    Als sie Schwejk gründlich durchsucht hatten und nichts fanden außer einer Pfeife und Streichhölzern, fragte der Wachtmeister Schwejk: »Sagen Sie mir, warum haben Sie nichts, aber rein nichts bei sich?«
    »Weil ich nichts brauch.«
    »Ach, mein Gott«, seufzte der Wachtmeister, »ist das eine Tortur mit Ihnen! Sie haben gesagt, daß Sie schon einmal in Putim waren. Was haben Sie hier damals gemacht?«
    »Ich bin über Putim nach Budweis gegangen.«
    »Also sehn Sie, wie Sie sich widersprechen, Sie sagen selbst, daß Sie nach Budweis gegangen sind, und jetzt, wie wir Sie überzeugt haben, sagen Sie, daß Sie von Budweis kommen.«
    »Ich hab halt einen Kreis machen müssen.«
    Der Wachtmeister wechselte abermals mit dem ganzen Personal der Station einen bedeutsamen Blick. »Hübsche Kreise, mir kommt vor, daß Sie sich in der Umgebung herumtreiben. Haben Sie sich lange in Tabor auf dem Bahnhof aufgehalten?«
    »Bis zur Abfahrt des letzten Zuges nach Budweis.«
    »Und was haben Sie dort gemacht?«
    »Mit den Soldaten gesprochen.«
    Ein neuer, überaus bedeutungsvoller Blick des Gendarmeriewachtmeisters auf die Mannschaft.
    »Und wovon haben Sie zum Beispiel gesprochen, und was haben Sie gefragt?«
    »Ich hab sie gefragt, von welchem Regiment sie sind und wohin sie fahren.«
    »Ausgezeichnet. Und haben Sie sie nicht gefragt, wieviel Mann zum Beispiel ein Regiment hat und wie es eingeteilt wird?«
    »Das hab ich nicht gefragt, weil ichs schon längst auswendig weiß.«
    »Sie sind also vollständig über die Zusammensetzung unserer Armee informiert?«
    »Gewiß, Herr Wachmajster.«
    |268| Und der Wachtmeister spielte den letzten Trumpf aus, siegesbewußt auf seine Gendarmen blickend.
    »Können Sie russisch?«
    »Nein.«
    Der Wachtmeister winkte dem Postenführer. Sie traten beide in die anstoßende Kammer, und der Wachtmeister verkündete, sich vor Begeisterung über seinen vollständigen Sieg die Hände reibend: »Haben Sies gehört? Er kann nicht russisch! Der Kerl ist mit allen Salben gerieben! Alles hat er gestanden, nur das Wichtigste hat er nicht gestanden. Morgen liefern wir ihn in Pisek zum Herrn

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