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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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und bei Schtekno begegnete er einem Landstreicher, einem alten Knaben, der ihn wie einen alten Kameraden mit einem Schluck Schnaps begrüßte.
    »Da drin geh ich nicht herum«, belehrte er Schwejk, »diese Soldatenuniform wird sich dir mal verflucht schlecht auszahlen. Jetzt wimmelts überall von Gendarmen, und betteln kannst du drin auch nicht. Uns stelln die Gendarmen nicht mehr nach wie früher, jetzt suchen sie nur euch.
    Nur euch suchen sie«, wiederholte er so überzeugt, daß Schwejk den Entschluß faßte, ihm lieber nichts vom 91. Regiment zu sagen. Mochte er ihn halten, wofür er ihn hielt, wozu dem guten alten Burschen die Illusion stören?
    »Wohin gehst du?« fragte der Landstreicher nach einer Pause, als sich beide die Pfeifen angezündet hatten und langsam ums Dorf herumgingen.
    »Nach Budweis.«
    »Um Christi willen«, erschrak der Landstreicher, »dort packen sie dich in einer Minute zamm, nicht mal warm wirst du dort wern. Einen zerlumpten Zivilrock mußt du haben, mußt hinken und einen Krippl aus dir machen.
    Aber fürcht dich nicht, jetz gehn wir nach Strakonitz, Wolyn, Ticha, und da müßt der Teufel seine Hand im Spiel ham, daß wir nicht eine Zivilkluft aufgabeln möchtn. Dort bei Strakonitz gibts noch so blöde und ehrliche Leute, daß sie noch |260| hie und da über Nacht offenlassen, und bei Tag sperren sie gar nicht ab. Jetzt im Winter gehen sie zum Nachbar plauschen, und gleich hast du eine Zivilkluft. Was brauchst du? Stiefel hast du, also nur was zum Anziehen. Der Militärmantel is alt?«
    »Ja.«
    »Also den laß dir. Drin geht man am Land herum. Du brauchst Hosen und einen Rock. Bis wir die Zivilkluft ham, verkaufen wir Hosen und Rock dem Juden Herrmann in Vodňan. Der kauft alles Ärarische und verkaufts wieder in den Dörfern.
    Heut gehn wir nach Strakonitz«, entwickelte er seinen Plan weiter. »Vier Stunden von hier steht der alte Schwarzenberger Schafstall. Dort hab ich einen bekannten Schafhirten, auch schon ein alter Knabe, dort bleiben wir über Nacht, und früh machen wir uns auf nach Strakonitz, damit wir dort irgendwo in der Umgebung eine Zivilkluft auftreiben.«
    Im Schafstall lernte Schwejk einen freundlichen Greis kennen, der sich noch an die Geschichten erinnerte, die sein Großvater von den Franzosenkriegen erzählt hatte. Er war etwa zwanzig Jahre älter als der Landstreicher und nannte deshalb ihn ebenso wie Schwejk »Junge«.
    »Also seht ihr, Jungens«, setzte er auseinander, als sie um den Herd herumsaßen, auf dem Kartoffeln in der Schale kochten, »damals is mein Großvater auch desertiert wie dieser Soldat hier. Aber sie ham ihn in Vodňan erwischt und ihm so den Popo verdroschen, daß von ihm Fetzen geflogen sind. Und hat er noch von Glück sagen können. Aus Ražitz hinter Protiwin der Sohn vom Jaresch, der Großvater vom alten Jaresch, was dort Teichwächter is, hat, wie er weggelaufen is, Pulver und Blei in Pisek abbekommen. Und bevor man ihn auf den Piseker Schanzen erschossen hat, is er durch ein Spalier Soldaten gelaufen und hat sechshundert Stockhiebe abgekriegt, so daß der Tod für ihn eine Erleichterung und Erlösung war. Und wann bist du denn weggelaufen?« wandte er sich mit verweinten Augen an Schwejk.
    »Nach der Mobilisierung, wie man uns in die Kasernen geführt hat«, entgegnete Schwejk, der begriff, daß die Uniform das Vertrauen des alten Schafhirten nicht erschüttern könne.
    |261| »Bist du über die Mauer geklettert?« fragte der Schafhirt neugierig, offenbar in der Erinnerung an den Großvater, der erzählt hatte, er sei über die Kasernenmauer geklettert.
    »Anderswo herum is es nicht gegangen, Großvater.«
    »Und die Wache war stark und hat geschossen?«
    »Ja, Großvater.«
    »Und wohin willst du jetzt?«
    »Aber ein Rappl hat ihn gepackt«, antwortete für Schwejk der Landstreicher, »er will, kosts was kost, nach Budweis. Das weißt du, ein junger, unverständiger Mensch lauft selbst in sein Verderben. Ich muß ihn bißl in die Schule nehmen. Eine Zivilkluft treiben wir schon auf, und dann geht alles in Ordnung. Bis zum Frühjahr schlagen wir uns halt durch, und dann gehn wir irgendwohin zum Bauer arbeiten. Heuer wirds große Not an Leuten und Hunger geben, und es heißt, daß man heuer alle Landstreicher zur Feldarbeit assentieren wird. So hab ich mir gedenkt, dann lieber freiwillig gehn. Die Feldarbeiter wern alle erschlagen sein.«
    »Du glaubst also, daß heuer noch nicht Schluß sein wird? Hast recht, Junge! Es hat schon lange

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