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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Marktplatz unter den Lauben in trunkenem Zustand abgeohrfeigt. Eigentlich nicht einmal geohrfeigt, sondern ihm nur die Mütze vom Kopf gestoßen. Das hatte sich folgendermaßen zugetragen: Der Artillerieleutnant war in der Nacht unter den Lauben gestanden und hatte offenbar auf eine Prostituierte gewartet. Er stand mit dem Rücken zu dem Einjährigfreiwilligen, und dieser hatte geglaubt, einen bekannten Einjährigfreiwilligen, einen gewissen Materna Franz, vor sich zu haben.
    »Der is grad so ein Knirps«, erzählte er Schwejk, »und so hab ich mich hübsch von hinten herangeschlichen und hab ihm die Mütze hinuntergehaut und gesagt: ›Servus, Franzl!‹ Und der blöde Kerl hat gleich angefangen nach der Patrouille zu pfeifen, und die hat mich abgeführt!
    Kann sein«, gab der Einjährigfreiwillige zu, »daß es bei dieser Balgerei ein paar Ohrfeigen gesetzt hat, aber ich denk, das ändert nichts an der Sache, weil es sich um einen aufgelegten Irrtum handelt. Er gibt selbst zu, daß ich gesagt hab: ›Servus, Franzl!‹, und sein Taufname ist Anton. Das ist ganz klar. Mir kann höchstens schaden, daß ich aus dem Spital weggelaufen bin und wenn die Geschichte mit dem ›Krankenbuch‹ herauskommt.
    |302| Wie ich nämlich eingerückt bin«, fuhr er fort, »hab ich mir vor allem ein Zimmer in der Stadt gemietet und mich bemüht, mir einen Rheumatismus zuzulegen. Dreimal nacheinander hab ich mich besoffen und hab mich dann hinter der Stadt im Regen in den Straßengraben gelegt und die Stiefel ausgezogen. Es hat nichts genützt. Dann hab ich im Winter eine Woche lang in der Maltsch gebadet, hab aber das grade Gegenteil erzielt, Kamerad; ich hab mich so abgehärtet, daß ichs ausgehalten hab, in dem Haus, wo ich gewohnt hab, die ganze Nacht im Hof auf dem Schnee zu liegen, und früh, wenn mich die Hausleute geweckt haben, hab ich die Füße so warm gehabt, wie wenn ich Pantoffel angehabt hätt. Wenn ich wenigstens Angina bekommen hätt, aber es ist mir absolut nichts passiert. Ja nicht mal so einen dummen Tripper hab ich erwischt. Jeden Tag bin ich ins ›Port-Arthur‹ gegangen, einige Kollegen hatten sich schon Hodenentzündungen geholt, man hat ihnen die Eier geschnitten, und ich war und blieb immun. Pech, Kamerad, unchristliches Pech. Bis ich hier in der ›Rose‹ mit einem Invaliden aus Hluboká bekannt geworden bin. Der hat mir gesagt, ich soll einmal Sonntag zu ihm auf Besuch kommen, am nächsten Tage würde ich die Füße wie Kannen haben. Er hat die bewußte Nadel und Spritze gehabt, und ich bin wirklich kaum aus Hluboká nach Haus gekommen. Diese goldne Seele hat mich nicht enttäuscht. So hab ich endlich doch meinen Muskelrheumatismus erwischt.
    Gleich ins Spital, und schon wars gut. Und dann hat mir das Glück zum zweitenmal gelächelt. Nach Budweis wurde mein Bauernschwager Doktor Masak aus Zižkov versetzt, und dem hab ichs zu verdanken, daß ich mich so lang im Spital gehalten hab. Er hätt es mit mir bis zur Superarbitrierungsvisit gebracht, aber ich hab mirs mit dem unglückseligen ›Kranken buch ‹ verdorben! Der Einfall war gut, ausgezeichnet. Ich hab mir ein großes Buch verschafft, hab ein Schild draufgeklebt und draufgeschrieben: ›Krankenbuch des 91. Reg.‹ Rubriken und alles war in Ordnung. Ich hab fingierte Namen hineingeschrieben, Temperaturen, Krankheiten, und jeden Tag nachmittags nach der Visit bin ich frech mit dem Buch unterm Arm |303| in die Stadt gegangen. Im Tor haben Landwehrsoldaten Wache gehalten, so daß ich auch von dieser Seite vollständig sicher war. Ich zeig ihnen das Buch, und sie salutierten mir noch. Dann bin ich zu einem bekannten Beamten vom Steueramt gegangen, hab mich dort umgezogen und bin in Zivil ins Wirtshaus gegangen, wo wir in einer bekannten Gesellschaft allerhand hochverräterische Reden geführt haben. Später war ich schon so frech, daß ich mich nicht mal umgezogen hab und in Uniform in den Wirtshäusern und in der Stadt herumgegangen bin. Erst gegen früh bin ich in mein Bett ins Krankenhaus zurückgekehrt, und wenn die Patrouille mich angehalten hat, hab ich ihr mein Krankenbuch vom 91. Regiment gezeigt, und weiter hat mich niemand was gefragt. Im Tor des Spitals hab ich wieder stumm auf das Buch gezeigt, und auf irgendeine Art bin ich immer ins Bett gekommen. Meine Frechheit hat solche Dimensionen angenommen, daß ich gedacht hab, daß mir niemand etwas anhaben kann, bis es zu der verhängnisvollen Verwechslung auf dem Marktplatz unter den Lauben

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