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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Und seine Reden und Ermahnungen, und wie er dabei um sich herumspuckt, wie ein geiferndes Kamel. Und sein Gequatsch hat kein Ende, und man meint, daß im nächsten Augenblick die ganze Marienkaserne einstürzen muß. Ich kenn ihn gut, weil ich schon mal bei so einem Regimentsrapport war. Ich bin in hohen Stiefeln eingerückt, auf dem Kopf hab ich einen Zylinder gehabt, und weil mir der Schneider die Uniform nicht rechtzeitig geliefert hat, bin ich der Einjährigfreiwilligenschule sogar in hohen Stiefeln und im Zylinder auf den Exerzierplatz nachmarschiert und hab mich in Reih und Glied gestellt und bin mit den übrigen am |306| linken Flügel marschiert. Oberst Schröder ist direkt auf mich zugeritten und hat mich beinahe zu Boden geworfen. ›Don nerwetter ‹, hat er gebrüllt, daß mans bestimmt bis im Böhmerwald gehört hat, ›was machen Sie hier, Sie Zivilist?‹ Ich hab ihm höflich geantwortet, daß ich Einjährigfreiwilliger bin und mich an der Übung beteilige. Und da hätten Sie ihn sehn solln. Er hat eine halbe Stunde geredet, und dann erst hat er bemerkt, daß ich im Zylinder salutier. Da hat er nur noch gerufen, daß ich morgen zum Regimentsrapport kommen soll, und ist vor Wut weiß Gott bis wohin galoppiert wie der wilde Reiter und ist wieder zurückgetrabt, hat wieder von neuem gebrüllt und getobt, hat sich an die Brust geschlagen und hat Befehl gegeben, mich augenblicklich vom Exerzierplatz zu entfernen und auf die Hauptwache zu bringen. Beim Regimentsrapport hat er mir vierzehn Tage Regimentsarrest aufgebrummt, hat mich unmögliche Lumpen aus dem Magazin anziehn lassen und mir mit dem Abtrennen der Einjährigfreiwilligenstreifen gedroht.
    ›Einjährigfreiwillige‹, hat dieser Idiot von einem Oberst getobt, ›sind etwas Erhabenes, sie sind Embryos des Ruhms, militärische Chargen, Helden. Der Einjährigfreiwillige Wohltat, der nach überstandener Prüfung zum Korporal ernannt wurde, hat sich freiwillig an die Front gemeldet und hat fünfzehn Feinde gefangengenommen, und bei der Übergabe ist er von einer Granate zerrissen worden. Fünf Minuten später ist der Befehl eingetroffen, daß der Einjährigfreiwillige Wohltat zum Kadetten ernannt wird. Auch auf Sie würde eine so glänzende Zukunft, Avancement, Auszeichnungen warten. Ihr Name würde in das goldene Buch des Regiments eingetragen werden.‹«
    Der Einjährigfreiwillige spuckte aus: »Sehn Sie, Kamerad, was für Rindviecher unter der Sonne geboren werden. Ich pfeif ihnen auf die Einjährigfreiwilligenstreifen und auf alle Privilegien: ›Einjährigfreiwilliger, Sie sind ein Vieh.‹ Wie hübsch das klingt: ›Sie sind ein Vieh‹ und nicht das ordinäre: ›Du bist ein Vieh.‹ Und nach dem Tod bekommt man das Signum laudis oder die große silberne Medaille: k. k. Leichenlieferanten mit Sternchen und ohne Sternchen. Um wieviel glücklicher ist jeder Ochs. Den erschlägt man auf der Schlachtbank und |307| schleppt ihn nicht vorher auf den Exerzierplatz und zum Scharfschießen.«
    Der dicke Einjährigfreiwillige wälzte sich auf die andere Seite und fuhr fort: »Das steht fest, daß das alles einmal explodieren muß und nicht ewig dauern kann. Versuchen Sie es, in ein Schwein Rum zu pumpen, es wird Ihnen zum Schluß doch explodieren. Wenn ich an die Front fahren würde, möchte ich auf den Viehwagen schreiben:
    Mit Menschengliedern düngen wir den Plan,
    acht Pferde oder achtundvierzig Mann.«
    Die Tür wurde geöffnet, und der Profos trat ein; er brachte eine viertel Portion Kommißbrot für beide und frisches Wasser.
    Ohne sich vom Strohsack zu erheben, sprach der Einjährigfreiwillige den Profosen mit folgenden Worten an: »Wie erhaben und schön ist es, Arrestanten zu besuchen, heilige Agnes des 91. Regiments! Sei gegrüßt, Engel der Wohltätigkeit, dessen Herz voll Teilnahme ist. Du seufzest unter der Last eines Korbes mit Speisen und Getränken, unsere Leiden zu lindern. Niemals werde ich dir die uns erwiesenen Wohltaten vergessen. Du bist eine strahlende Erscheinung in unserm Kerker.«
    »Beim Regimentsrapport werden Ihnen die Witze vergehn«, brummte der Profos.
    »Blas dich nur nicht auf, du Hamster«, entgegnete von der Pritsche her der Einjährigfreiwillige, »sag uns lieber, was du tun würdest, wenn du zehn Einjährigfreiwillige einsperren solltest. Schau mich nicht so dumm an, Beschließer der Marienkaserne. – Du würdest zwanzig einsperren und zehn freilassen. Jesusmaria, wenn ich Kriegsminister wäre, du hättest bei mir

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