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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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nicht! Jeder Putzfleck quatscht lauter überflüssiges Zeug. Sie sind eine Wanze.«
    »Ja, gewiß, und Sie sind ein Gott, Herr Korporal«, entgegnete Schwejk mit dem Gleichmut eines Philosophen, der auf der ganzen Welt den irdischen Frieden verwirklichen will und sich |350| dabei in fürchterliche Polemiken einläßt. »Sie sind eine schmerzensreiche Gottesmutter.«
    »Herrgott«, rief der Einjährigfreiwillige, die Hände ringend, »erfüll unsere Herzen mit Liebe zu allen Chargen, damit wir sie nicht mit Abneigung betrachten. Segne unser Beisammensein in diesem Arrestantenloch auf Rädern.«
    Der Korporal errötete und sprang in die Höh: »Ich verbitte mir alle Bemerkungen, Sie Einjähriger, Sie.«
    »Sie können für nichts«, fuhr der Einjährigfreiwillige in beschwichtigendem Tone fort. »Bei vielen Geschlechtern und Arten hat die Natur den Lebewesen jede Intelligenz versagt. Haben Sie einmal von menschlicher Dummheit erzählen gehört? Wäre es nicht besser, wenn Sie als eine andere Art Säugetier geboren worden wären und nicht den blöden Namen Mensch und Korporal tragen würden? Es ist ein großer Irrtum, wenn Sie von sich denken, daß Sie das vollkommenste und entwickeltste Geschöpf sind. Wenn man Ihnen die Sternchen abtrennt, so sind Sie eine Null, die man ganz interesselos in allen Schützengräben an allen Fronten totschießt. Wenn man Ihnen noch ein Sterndl zugibt und ein Geschöpf aus Ihnen macht, das man Kommißknopf nennt, dann wirds mit Ihnen noch immer nicht ganz richtig sein. Ihr geistiger Horizont wird sich noch mehr verengen, und wenn Sie irgendwo auf dem Schlachtfeld Ihre kulturell verkümmerten Knochen zur Ruhe betten werden, wird niemand in ganz Europa um Sie weinen.«
    »Ich laß Sie einsperrn«, schrie der Korporal verzweifelt.
    Der Einjährigfreiwillige lachte. »Sie möchten mich offenbar deshalb einsperrn lassen, weil ich Sie beschimpft habe. Da müßten Sie lügen, denn Ihr geistiger Besitz vermag überhaupt keine Beleidigungen zu begreifen, und außerdem möchte ich mit Ihnen jede Wette eingehn, daß Sie sich kein Wort von unserer ganzen Unterredung gemerkt haben. Wenn ich Ihnen sage, daß Sie ein Embryo sind, so vergessen Sie das vielleicht nicht, bevor wir auf der nächsten Station eintreffen, sondern schon bevor die nächste Telegrafenstange an uns vorüberfliegt. Sie sind ein abgestorbener Gehirnstrudel. Ich kann mir überhaupt nicht vorstelln, daß Sie alles zusammenhängend wiedergeben |351| könnten, was Sie mich sprechen gehört haben. Außerdem können Sie fragen, wen Sie wollen, ob meine Worte auch nur die geringste Anspielung auf Ihren geistigen Horizont enthalten haben und ob ich Sie mit etwas beleidigt habe.«
    »Gewiß«, bestätigte Schwejk, »niemand hat Ihnen hier ein Wörtchen gesagt, das Sie sich schief auslegen könnten. Es fällt immer schlecht aus, wenn man sich beleidigt fühlt. Einmal bin ich im Nachtcafé ›Tunnel‹ gesessen, und wir ham uns von Orang-Utans unterhalten. Einer von der Marine ist mit uns gesessen und hat erzählt, daß man einen Orang-Utan oft nicht von einem bärtigen Bürger auseinanderkennt, daß so ein Orang-Utan das Kinn mit Haaren bewachsen hat wie … ›wie‹, sagt er, ›sagen wir meinetwegen dort der Herr am Nebentisch.‹ Wir ham uns alle umgedreht, und der Herr mit dem Kinn is zu dem von der Marine gegangen und hat ihm eine Watschen gegeben, und der von der Marine hat ihm den Kopf mit einer Bierflasche zerdroschen, und der Herr mit dem Kinn is umgefalln und bewußtlos liegengeblieben, und von dem von der Marine hamr uns empfohlen, weil er gleich weggegangen is, wie er gesehn hat, daß er ihn so bisserl erschlagen hat. Dann hamr den Herrn zu sich gebracht, und das hamr entschieden nicht machen solln, weil er gleich, wie er zu sich gekommen is, auf uns alle, was wir doch rein nichts damit zu tun gehabt ham, die Patrouille gerufen hat, was uns aufs Kommissariat geführt hat. Dort hat er dasselbe gedroschen, daß wir ihn für einen Orang-Utan gehalten ham, daß wir von nix anderm gesprochen ham wie von ihm. Und fort dasselbe. Wir, daß nicht, daß er kein Orang-Utan is. Und er, daß ja, daß ers gehört hat. Ich hab den Kommissär gebeten, er solls ihm erklären. Er hats ihm ganz gutmütig erklärt, aber nicht mal dann hat er sich sagen lassen und hat dem Herrn Kommissär gesagt, daß ers nicht versteht und daß er mit uns verbandelt is. Der Herr Kommissär hat ihn einsperrn lassen, damit er nüchtern wird, und wir ham wieder ins

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