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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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vor Jahren gedient hab, ich erinner mich ganz genau, war bei uns bei der Kompanie ein Kommißknopf namens Schreiter. Er hat wegen der Suppe gedient, hat als Korporal schon längst nach Haus gehn können, aber er war, was man sagt, aufn Kopf gefalln. Also dieser Mensch is uns Soldaten aufn Kappn gesessen, is an uns geklebt wie Dreck am Hemd; das war ihm nicht recht, das wieder war gegen alle Vorschriften, er hat uns sekkiert, wie er nur gekonnt hat, und hat uns gesagt: ›Ihr seid keine Soldaten, sondern Wächter.‹ Ich hab eines Tages Wut gekriegt und bin zum Kompanierapport gegangen. ›Was willst du?‹ sagt der Hauptmann. ›Melde gehorsamst, Herr Hauptmann, ich hab eine Beschwerde auf unsern Herrn Feldwebel Schreiter: Wir sind doch kaiserliche Soldaten und keine Wächter nicht. Wir dienen Seiner Majestät dem Kaiser, aber wir sind keine Obsthüter.‹
    ›Schau, du Ungeziefer‹, hat der Hauptmann geantwortet, ›daß du mir ausn Augen kommst.‹ Und ich drauf, daß ich gehorsamst bitt, mich zum Bataillonsrapport zu führen.
    Beim Bataillonsrapport, wie ichs dem Oberstlajtnant erklärt hab, daß wir keine Wächter sind, sondern kaiserliche Soldaten, hat er mich auf zwei Tage einsperrn lassn, und ich hab verlangt, daß man mich zum Regimentsrapport führt. Beim Regimentsrapport hat mich der Herr Oberst nach meiner Erklärung angebrüllt, daß ich ein Idiot bin, ich soll mich zu allen Teufeln scheren. Ich wieder zu ihm: ›Melde gehorsamst, Herr Oberst, ich will dem Brigaderapport vorgeführt wern.‹ |357| Davor ist er erschrocken und hat gleich unsern Kommißknopf Schreiter in die Kanzlei rufen lassen, und der hat mich vor allen Offizieren abbitten müssen für das Wort Wächter. Dann hat er mich aufn Hof eingeholt und hat mir mitgeteilt, daß er mich von heut an nicht aufheißen wird, aber daß er mich ins Garnisonsarrest bringen wird. Ich hab von der Zeit sehr gut auf mich Obacht gegeben, aber es hat mir nichts genützt. Ich bin beim Magazin Posten gestanden, und auf der Wand hat jeder Posten immer was aufgeschrieben. Entweder hat man einen weiblichen Geschlechtsteil hingemalt oder irgendeinen Vers hingeschrieben. Mir is nix eingefallen, und so hab ich mich aus Langweil auf die Wand unter die Aufschrift: ›Kom mißknopf Schreiter is ein Lümmel‹ unterschrieben. Und dieser Kerl von einem Kommißknopf hats gleich angezeigt, weil er mir nachspioniert hat wie ein roter Hund. Durch einen unglücklichen Zufall war über dieser Aufschrift eine andere: ›Fällt uns nicht ein, in Krieg zu ziehn, wir scheißen auf ihn.‹ Das war im Jahre 1912, wie wir wegen dem Konsul Prochazka nach Serbien ham ziehn solln. Sie ham mich gleich nach Theresienstadt zum Landesgericht geschickt. Ungefähr fünfzehnmal ham die Herrn vom Kriegsgericht die Wand vom Magazin mit diesen Aufschriften und mit meiner Unterschrift photographiert, zehnmal ham sie mich aufschreiben lassen, damit man meine Handschrift prüft: »Fällt uns nicht ein, in Krieg zu ziehn, wir scheißen auf ihn‹, fünfzehnmal hab ich vor ihnen schreiben müssen: ›Kommißknopf Schreiter is ein Lümmel‹, und zum Schluß is ein Grapholog gekommen und hat mich schreiben lassen: ›Es war am 29. Juni 1897, als Königinhof an der Elbe die Schrecken der wilden und angeschwollenen Elbe kennenlernte.‹ ›Das genügt noch nicht‹, hat der Auditor gesagt, ›uns handelt sichs um das Scheißen. Diktieren Sie ihm was, wo viele »sch« und »n« vorkommen.‹ Also hat er mir diktiert: ›Schneck, Schneid, Schanker, Scharitza, Schweinebande.‹ Nämlich dieser Gerichtsgrapholog war davon schon ganz beteppert und hat fort nach rückwärts geschaut, wo ein Soldat mit einem Bajonett gestanden is, und zum Schluß hat er gesagt, daß das nach Wien muß, ich soll dreimal hintereinander |358| aufschreiben: ›Auch die Sonne fängt schon an zu scheinen, die Hitze is ausgezeichnet.‹ Sie ham das ganze Material nach Wien geschafft, und zum Schluß hat man gesagt, soweit es sich um die Aufschriften handelt, daß es nicht meine Schrift is, daß aber die Unterschrift mein is, zu der ich mich bekannt hab, und daß ich dafür zu sechs Wochen verurteilt bin und herich in der Zeit, was ich mich auf der Mauer unterschrieben hab, nicht wachen gekonnt hab.«
    »Da kann man sehn«, sagte der Korporal mit Befriedigung, »daß es doch nicht ungestraft bleibt, wenn man ein richtiger Galgenvogel is. Wenn ich an Stelle dieses Landgerichtes gewesen wär, so hätt ich Ihnen sechs Jahre aufgepfeffert

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